Kinderbetreuung

Was die Frage der Planung angeht, hat mich eine Aussage von Frau Göppert erschrocken: Es gebe neben der Regelung im Gesetz über die Jugendhilfeplanung die Möglichkeit des Schutzes vor üppigen Planungen; ich hoffe, ich habe das richtig verstanden. - Das ist natürlich nicht besonders glücklich. Wenn sich Träger auf Weiterentwicklungen einstellen wollen, dann muss das auch möglich sein. Ich hoffe ­ ich habe es vorhin schon gesagt ­, dass durch die Verfahren, die jetzt auch in Nordrhein-Westfalen noch anhängig sind, das, was im Bundesverfassungsgerichtsurteil deutlich geworden ist, dass nämlich die Nachfrage und nicht die Planung den Bedarf bestimmt, Gültigkeit erhält. Wie das umzusetzen ist, weiß ich nicht. Es heißt lediglich:

Es muss mehr investiert werden.

Johannes Horn (Jugendamt der Stadt Düsseldorf): Wenn Sie fragen, inwieweit Investitionskosten anstehen, muss ich deutlich sagen, dass es auf die jeweiligen Städte ankommt. Bei uns in Düsseldorf etwa gibt es keine sinkende Zahl von Kindern, weswegen zusätzliche Platzkapazitäten in Richtung U3 einen zusätzlichen Ausbau bedeuten. Und zusätzlicher Ausbau bedeutet bei uns, dass wir in unserer Planung 26 neue Kitas in der Neuschaffung oder in der Ersatzbausituation haben.

Das bedeutet auch, dass wir überschauen müssen, ob es Investitionskosten sind oder ob wir gegebenenfalls über Investorenmodelle unterwegs sind, die vielleicht im Zusammenhang mit Wohnungsbau etc. laufen. Deshalb können Sie nicht direkt von einer Einrichtung auf ein Investitionskostenvolumen schließen. Das ist das Problem.

Aus diesem Grunde kann ich Ihnen anzeigen: Für Düsseldorf haben wir 50 Millionen gemeldet. Dies sind aber auch nur Kalkulationsgrößen, weil wir letztendlich nicht wissen, ob wir selber bauen oder aber über Investorenmodelle gehen.

In diesem Zusammenhang steht auch das nächste Thema: Wir müssen in der Jugendhilfeplanung immer auch schauen, welche die richtigen Grundlagen in der Platzfinanzierung sind. Genau das hatte Frau Göppert ja auch angesprochen: Wir schauen uns haargenau an, wo im Augenblick Bedarfe bestehen und wo auch Platzinanspruchnahmen funktionieren. Das ist aber eher eine betriebswirtschaftliche Fragestellung, die dabei im Blickpunkt ist.

Zu der Frage, wie wir die Situation bezüglich zusätzlicher Bedarfe ab zwei Jahren einschätzen: Ja, die Bedarfe sehen wir ebenfalls; letztendlich zeigt auch der Rechtsanspruch diesen Bedarf; und deutlich wird er auch durch das Thema Sprachförderung. Denn wenn man die Eltern auf ganz bestimmte Defizite aufmerksam macht, sind sie dann, da die Bildungsinstitution Schule und die sprachlichen Fähigkeiten sehr stark im Fokus stehen, sogar geneigt, einen Kindergartenplatz in Anspruch zu nehmen, auch wenn sie dies bis dahin nicht getan haben.

Wie Köln gerät Düsseldorf zunehmend in eine Situation, in der wir über Prävention nachdenken. Dies geschieht, indem wir als familien- und kinderfreundliche Stadt auch die Eltern, deren Kinder noch keinen Kindergarten besuchen, aufsuchen und nach Motivationsgründen fragen. Häufig müssen gerade die Eltern in Stadtteilen mit besonderem Handlungsbedarf darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie dieser Platz in der Regel nichts kostet. Dieser Umstand ist oft nicht bekannt. Eine Überle

Generationen, Familie und Integration 23.04. gung, die wir damit verbinden, ist unsere Initiative, insbesondere die Kinder mit Rechtsanspruch ab 1.8. beitragsfrei zu haben.

Im Folgenden würde ich gern auf den Sozialindex für Kitas eingehen. Ja, auch in einer reichen Stadt wie Düsseldorf haben wir an 22 Standorten so etwas wie soziale Brennpunkte, wo wir dann auch ganz bestimmte Handlungsoptionen koordinieren.

Das heißt: Wir haben einerseits die Initiative des Landes aufgegriffen, Familienzentren zu gründen, und leisten es uns andererseits zusätzlich, die Einrichtungen in solchen Brennpunkten als Häuser für Familien und Kinder zu deklarieren und diese kommunal wie Familienzentren zu fördern. Wir wollen dort also personalintensive Maßnahmen ergreifen, denn das Mehr an Geld setzen wir in Personal bzw. in direkte Leistung face-to-face bei den Kindern und Eltern um.

Dieses Thema sehen wir auch im Kontext von Familienbildung und Beratungsstellen: Unsere Familienzentren bieten grundsätzlich eine Beratungsstelle sowie Familienbildung an; ebenso gehören Elternschulen mit allen entsprechenden Präventionsmaßnahmen für uns zum Standard.

Bezüglich der Frage, inwieweit wir uns Ausgleichszahlungen zwischen den Kommunen vorstellen können, muss ich sehr deutlich sagen: Düsseldorf hat von den 18. Plätzen 500 von anderen Kommunen. Jetzt werden sie entgegnen, das sei relativ wenig. In Düsseldorf muss ich aber auch die 450 Plätze abziehen, die von Firmen bezahlt werden, weil sie auf diese Weise für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Plätze schaffen. Die Tendenz in Düsseldorf ist so, dass wir fast 800 Plätze angemeldet haben, an denen sich Firmen gern beteiligen würden.

Deshalb halten wir relativ wenig davon, rechts und links zu schauen und dadurch zum Aufbau von Verwaltungsbürokratien beizutragen. Eine von uns durchgeführte Befragung der rund um Düsseldorf liegenden und direkt an Düsseldorf angrenzenden Kommunen ­ darunter solche wie Duisburg, die genauso groß sind wie wir ­ hat ergeben, dass die Situation in den Grenzenbereichen paritätisch ist. Das wird sich ändern, wenn Düsseldorf Kinder mit Rechtsanspruch beitragsfrei stellt. Ich gehe davon aus, dass in diesem Fall sehr wohl einige nach Düsseldorf zurückkommen werden.

Aber auch darauf wollen wir uns einstellen.

Zur Beantwortung der Frage, ob wir alte Einrichtungen erhalten können oder nicht, muss man sich damit auseinandersetzen, ob diese Einrichtungen jeweils zukunftsperspektivisch noch mit in die Jugendhilfeplanung einzuplanen sind. In diesem Fall muss man betriebswirtschaftlich denken und gegebenenfalls solche Überlegungen wie die von Herrn Stranz damit beantworten, dass wir uns eher damit zu beschäftigen haben, wie lange wir die einzelnen Einrichtungen brauchen oder wie sie zu sanieren sind, damit sie in den nächsten 20 bis 30 Jahren auch die Anforderungen erfüllen, um zu unserem Standardrepertoire für ein Angebot in einer Stadt zu gehören.

Georg W. Geist (Städtisches Jugendamt Bergisch Gladbach): Bei dem Thema Einschulungsalter ging es mir nicht darum, zu bewerten, ob die Vorverlegung des Einschulungsalters sinnvoll ist oder nicht ­ sie ist im Schulgesetz verankert. Es ging

Generationen, Familie und Integration 23.04. lediglich um das kleine Detail, die Umstellung auf ein früheres Einschulungsalter nicht 2014, sondern 2013 abzuschließen.

Zum Thema Betriebe, das zuletzt von Herrn Horn kurz angesprochen worden ist: Ich halte es für sinnvoll, dort, wo jede Kraft, jede Initiative und jedes Geld benötigt wird, um den Rechtsanspruch für die Kinder unter drei Jahren umzusetzen, die Betriebe mehr als bisher in das Geschäft mit einzubinden und die betrieblichen Einrichtungen auch in die Betriebskostenförderung einzubeziehen.

Derzeit passiert das mit viel Verwaltungsaufwand durch eine Umwegfinanzierung, indem Anträge der Jugendhilfe zwischengeschaltet werden. Das können wir auch einfacher haben und können sicherlich das Ziel auch mit quantitativ größeren Schritten erreichen, wenn Betriebe direkt als Träger auftreten dürfen. Es gibt übrigens auch eine Ungleichbehandlung: Wenn der Betrieb gleichzeitig Jugendhilfeträger ist wie Kommunen oder konfessionell betriebene Krankenhäuser, kann er sich die Betriebseinrichtungen nach leisten. Ist der Betrieb dagegen nicht gleichzeitig Jugendhilfeträger, so ist er benachteiligt. Ich werbe kräftig dafür, das bei der im Kontext Rechtsanspruch für Zweijährige mit zu bedenken.

Unter dem Stichwort Betriebe ist der Punkt auswärtige Kinder noch ein wichtiger:

Wir haben bereits zahlreiche Verwerfungen, die sich mehren werden, wenn einzelne Kommunen komplett oder auch nur bestimmte Jahrgänge beitragsfrei stellen. Mein Vorschlag lautet, Ausgleichszahlungen nicht generell zu erzwingen, aber im Rahmen einer Gesetzesergänzung eine Option vorzusehen, nach der Jugendämter Ausgleichszahlungen zwar nicht verlangen müssen, aber verlangen können, wenn sie der Auffassung sind, dass dadurch die nötigen Steuerungen geschaffen und Ungleichgewichte vermieden werden.

Frau Kastner hatte sich nach dem Grund für die unterschiedlichen Zahlen betreffend den Bedarf erkundigt: Hatte man einstmals mit bundesweit 35 % kalkuliert, liegt die Zahl jetzt höher.

Zur Erinnerung: Die Datenlage, auf der die Bundesregierung und auch der Bundesrat gehandelt haben, basiert auf Erhebungen aus dem Jahre 2004/2005. In der Zwischenzeit hat die öffentliche Diskussion die Wertschätzung gegenüber öffentlicher Kinderbetreuung radikal verändert: Das Rabenmütter-Syndrom ist weg, keine Mutter muss sich heute noch rechtfertigen, wenn sie ihr zwei- oder einjähriges Kleinkind in eine Kita schickt. Das war bis vor drei, vier Jahren noch völlig anders.

Aber seitdem hat es Umbrüche in unvorstellbarem Maße gegeben, was sich auf das Nachfrageverhalten auswirkt. Beispielsweise gab es zum damaligen Zeitpunkt noch nicht das auf die ersten zwölf bis 14 Monate des Kindes konzentrierte Elterngeld.

Wäre das damals existent gewesen, hätten sich Eltern auch bei den Erhebungen des Deutschen Jugendinstitutes anders geäußert. Und der hier schon erwähnte Rechtsanspruch, der kommen soll, wird das Nachfrageverhalten ebenfalls verändern. Wenn wir also statt von 35 % von 40 % oder 45 % ausgehen, dann ist dieser Sprung eigentlich noch relativ moderat, wenn man dabei die inzwischen erfolgten Veränderungen in diesem Feld bedenkt.