Die Masten der Freileitungsnetze im Münsterland stammen aus verschiedensten Baujahren

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Frage 4: Ist das Netz im Münsterland das älteste Netz?

Die Masten der Freileitungsnetze im Münsterland stammen aus verschiedensten Baujahren. So sind bei der Versorgungsstörung unter anderem auch neuere Masten aus dem Jahre 1991 umgebrochen. Die Netze im Münsterland haben eine durchaus typische Altersstruktur, die in ganz Europa ein Großteil der Elektrifizierungsinvestitionen in den Nachkriegsjahren und noch einmal verstärkt in den 60er- und 70er-Jahren erfolgt ist. Darüber hinaus ist bei gut gewarteten Stahlbauwerken mit regelmäßigem Korrosionsschutz das Alter nicht ausschlaggebend für den Zustand.

Die Wirtschaftsministerkonferenz ist in der kommenden Woche. Ich werde die Punkte, die ich in der Nachbereitung für erforderlich halte, als Entschließungsantrag in diese Wirtschaftsministerkonferenz einbringen. Mir scheint das Verfahren, das nach 2003 abgelaufen ist, unzulänglich.

Vorsitzender Hans-Joachim Reck: Vielen Dank, Frau Ministerin, für die ausführliche Beantwortung der Fragestellungen, aber auch für die Darlegungen aus Sicht der Landesregierung. Ich habe zu Beginn der Sitzung gesagt, dass wir heute ein Wortprotokoll machen.

Die Fragen im Einzelnen werden dem Protokoll beigefügt ­ siehe Anlage 1 ­, auch Ihre Antworten. Ich wäre im Übrigen sehr dankbar, wenn der Ausschuss zeitgleich den Text der Entschließung, die Sie angekündigt haben, bekommen würde. Das würde sicherlich auf allgemeines Interesse stoßen.

Ich darf nun Herrn Berthold Bonekamp, dem Vorstandsvorsitzenden der RWE Energy AG, das Wort erteilen.

Vorstandsvorsitzender Berthold Bonekamp (RWE Energy AG): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Herzlichen Dank für die Einladung zu dieser Sondersitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Mittelstand und Energie.

Wir begrüßen die Gelegenheit, vor diesem Gremium zu den Stromausfällen im Münsterland und zu den damit verbundenen Fragen Stellung nehmen und auf diesem Weg zur Aufklärung beitragen zu können.

Gestatten Sie mir vorab, meine Kollegen vorzustellen. Herr Roos ist als Vorstand von RWE Energy für das Netz zuständig. Er kann die technischen Fragen beantworten. Herr Zschiedrich ist Vorstandsvorsitzender unserer Regionalgesellschaft RWE WestfalenWeser-Ems. Er hat den Krisenstab nach den Stromausfällen geleitet, ist mit der Situation und den Abläufen vor Ort vertraut. Er kann Ihnen detaillierte Fragen beantworten.

Ich selbst heiße Berthold Bonekamp und spreche zu Ihnen heute als Vorstandsvorsitzender der RWE Energy und als Mitglied des Vorstandes der RWE AG.

Meine Damen und Herren, die Ereignisse im Münsterland haben eine Reihe kritischer Fragen aufgeworfen. Wir stellen uns dieser Diskussion, indem wir das Gespräch nicht nur mit den Repräsentanten vor Ort, den Behörden, sondern auch den Medien, den Verbänden und den Verbraucherschützern suchen. Bei aller Sorge und Kritik, die geäu

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ßert worden ist, möchte ich feststellen, dass gerade Abgeordnete des Landtags und Vertreter der Landesregierung fair und sachlich in der Diskussion vorgegangen sind.

Dafür sind wir sehr dankbar.

Gestatten Sie mir einige grundsätzliche Bemerkungen zur Einordnung des Themas. Ich möchte dabei chronologisch vorgehen.

Nachdem sich das ganze Ausmaß der Unwetterkatastrophe abzeichnete, stand der Vorwurf im Raum, RWE ziehe sich kalt auf Rechtspositionen zurück und lasse die Menschen im Münsterland mit ihren Problemen allein. Ich bedauere, wenn dieser Eindruck entstanden sein sollte. Was ist wirklich passiert?

Erstens. Wir haben uns nicht auf Rechtspositionen zurückgezogen, sondern gehandelt, um möglichst schnell wieder alle Menschen im Münsterland mit Strom zu versorgen. Bis zu 500 eigene und 250 fremde Mitarbeiter waren vor Ort Tag und Nacht mit der Soforthilfe beschäftigt. Jeder, der diesen Einsatz vor Ort gesehen hat, wird Ihnen bestätigen: RWE hat weder an Personal noch an Zeit gespart.

Zweitens haben wir einen Fonds für Soforthilfe in Notfällen aufgelegt. Das haben wir unabhängig von jedweder rechtlichen Verpflichtung als unseren Beitrag verstanden, besonders hart betroffenen Menschen schnell und unbürokratisch Hilfe zu leisten. Zudem - das war auch eine Frage, die an uns gestellt wurde ­ werden wir uns bei den Aufwendungen der Gemeinden für Ersatzstromversorgung kulant zeigen.

Drittens haben wir von Anfang an angekündigt, einen unabhängigen Gutachter mit der gesamten Überprüfung der Geschehnisse zu beauftragen. Dieser Gutachter wird als neutraler und unabhängiger Experte genau untersuchen, wie es zu dieser Zerstörung kam. Er wird uns auch bei den Überlegungen helfen, was man unter Umständen hätte besser machen können. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden wir selbstverständlich mit den zuständigen Behörden diskutieren und wir werden sie veröffentlichen.

Natürlich haben sich unsere Juristen auch mit der Frage der Haftung beschäftigen müssen. Zu einer solchen Überprüfung ist jeder Manager gegenüber seinem Unternehmen, aber auch gegenüber seinen Eigentümern verpflichtet. Wie Sie wissen, haben wir viele kommunale Eigentümer.

Das Ergebnis aus unserer Sicht war und ist, dass es sich bei diesem Wintereinbruch um eine Naturkatastrophe und nach unserer Sicht um höhere Gewalt gehandelt hat. Die Belastungen an den Leitungen durch die Kombination von Nassschnee, Eis und Wind hätten nach unserer Berechnung keine der in Mitteleuropa verwendeten Masten aushalten können. Wir haben uns aber, wie Sie dem vorher Gesagten entnehmen können, nicht auf diese Feststellung zurückgezogen, sondern haben gehandelt. Wir treten dabei nicht als letzte Instanz auf, sondern lassen, wie ich vorhin sagte, unsere Position neutral und offen überprüfen.

Lassen Sie mich bitte hinzufügen: Wir sehen uns dabei nicht auf der Anklagebank. Ich meine, es ist ein Gebot der Fairness, die Ergebnisse dieser Prüfung abzuwarten, ehe man abschließend urteilt; erst recht, ehe man verurteilt.

Vielleicht noch eine kurze Bemerkung zum Thema Fairness: Ich habe mir in den vergangenen Wochen persönlich einen Eindruck von der Situation im Münsterland ver

6. Sitzung (öffentlich) sd-be schafft. Was meinen Sie, wie sich ein RWE-Mitarbeiter fühlt, wenn er auf der Heimfahrt nach der langen Schicht und Arbeit vor Ort in der Kälte schon im Autoradio hört: RWE würde die Menschen vor Ort im Stich lassen? Ein solcher Vorwurf ­ das ist mir vielfach vor Ort versichert worden ­ wird vor Ort nicht gemacht. Unsere Mitarbeiter haben immer wieder stolz darauf hingewiesen, wie viel Verständnis bei den Menschen vor Ort vorhanden war und wie gut sie mit den vielen Einsatzkräften von kommunalen Dienststellen, Behörden, aber auch Hilfsdiensten wie Feuerwehren und anderen zusammengearbeitet haben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum nächsten Themenkomplex kommen.

Von verschiedener Seite wurde auch der Vorwurf erhoben, RWE habe nicht genug Geld in den Unterhalt, die Pflege und Erneuerung der Netzinfrastruktur gesteckt. Auch dieses kann ich so nicht gelten lassen. Dazu einige Zahlen: In die deutschen Stromnetze von RWE fließen jedes Jahr etwa 2 Milliarden. Ein Großteil dieser Summe wird, nebenbei bemerkt, in Nordrhein-Westfalen eingesetzt und schafft damit in diesem Bundesland Zusatznutzen für Produktivität und Arbeit.

Alleine die jetzt von den Unwetterschäden betroffene Regionalgesellschaft WWE wendet für ihre Netze pro Jahr mehr als 300 Millionen auf. Ich denke, diese Zahlen führen die Kritik ad absurdum. Außerdem hält sich hartnäckig das Gerücht, RWE habe die Netzaufwendungen in den letzten Jahren deutlich zurückgefahren. Auch dieses stimmt einfach nicht. Vielmehr bewegen sich die Aufwendungen für diese Zwecke unabhängig von Differenzen in Einzeljahren etwa auf dem gleichen Niveau in den letzten Jahren.

Deshalb gibt es bei sachlicher Betrachtung des Problems keinen Anhaltspunkt für die Unterstellung, RWE spare an den Netzen.

Uns selbst ist daran gelegen, durch transparente Kontrollmechanismen für das Netz Vertrauen bei unseren Kunden und in der Öffentlichkeit zu schaffen. Dabei denken wir daran, ein unabhängiges Gutachterbüro mit Überwachungsaufgaben für unsere Netze zu betrauen ­ einen sogenannten Netzaudit vorzunehmen. In vorlaufenden Gesprächen möchten wir das Vorgehen aber mit der zuständigen Behörde der Bundesnetzagentur abstimmen. Es geht uns darum, Glaubwürdigkeit zu sichern.

Das gilt auch ­ damit komme ich zu einem besonders heftig diskutierten Aspekt ­ für unser Programm zum Ersatz und zur Sanierung möglicherweise versprödeter Masten.

Wir haben es hier ­ das möchte ich deutlich sagen ­ mit einem Werkstoffproblem zu tun. Beim Wiederaufbau der Bundesrepublik nach dem Kriege wurde bis in die 60erJahre hinein in der Bautechnik überwiegend der sogenannte Thomasstahl verbraucht.

Es ist bekannt, dass dieser Werkstoff bei Alterung verspröden kann, aber nicht muss.

Weil in unseren Netzen zahlreiche Masten mit diesem Werkstoff gebaut sind, haben wir mit dem Ziel, mögliche Gefahren auszuschließen, schon vor Jahren ein entsprechendes Sanierungsprogramm aufgelegt.

Um es klar zu sagen: Meines Wissens gibt es kein Unternehmen, das so frühzeitig, so systematisch und so aufwendig dieses Problem angeht wie RWE. Mein Kollege Roos wird Ihnen dazu gleich die Details vorstellen.

Von mir dazu nur so viel: Als Mitglied des Vorstandes der RWE AG und als Vorstandsvorsitzender der RWE Energy AG möchte ich an dieser Stelle klarstellen: RWE spart nicht an der Sicherheit.