Grundschule

Meine nächste Frage bezieht sich auf die Klassengrößen. In den vergangenen Jahren hat man viel über dieses Thema diskutiert. Nach PISA hieß es immer: Die Klassengröße ist es nicht; es ist die Art und Weise des Unterrichts; der Unterricht muss besser werden. ­ An dieser Stelle lautet meine Frage an alle Experten und Expertinnen: Inwieweit ist aus Ihrer Sicht der Erfolg des Unterrichts von der Klassengröße abhängig? Denn das beleuchtet auch die Frage der objektiven Empfindsamkeit der Lehrer und Lehrerinnen, die mir nämlich sagen, dass der Unterrichtserfolg in der Tat etwas mit der Klassengröße zu tun hat.

Frau Borns, mich würde die Einschätzung der GEW, für die Sie ja auch sprechen, in Bezug auf folgende Frage interessieren: In den Grundschulen gibt es den Sozialindex. Ich weiß, dass in einigen Schulämtern der Sozialindex mit in die Gesamtversorgung eingerechnet wird. Damit kommt das Ganze nicht gezielt in den Schulen an, in denen es eigentlich landen soll. Vielleicht können Sie das einmal aus Ihrer Sicht darstellen. Schließlich ist es etwas problematisch, wenn man einen Sozialindex für Schulen in speziellen Gebieten ausweist, die entsprechenden Stellen den Schulen aber nicht zur Verfügung stellt.

Meine letzte Frage ­ sie richtet sich an alle Experten und Expertinnen ­ lautet: Wie sieht die Bewerberlage aus, die Sie bei den von den Schulen selbst zu besetzenden Stellen tatsächlich verzeichnen? Aus meiner eigenen Vergangenheit weiß ich sehr wohl, dass die Bewerberlage in einigen Fächern deutlich besser ist. Mittlerweile haben wir es aber auch mit einer Bewerberlage zu tun, die dadurch zustande kommt, dass Fachlehrer sich insbesondere von der Hauptschule oder der Realschule ans Gymnasium versetzen lassen. Damit wird die Lücke, die dann bei den Gymnasien geschlossen wird, an einer anderen Stelle wieder aufgerissen. Von daher interessiert mich, wie Sie zurzeit Ihre Stellen besetzen können.

Sigrid Beer (GRÜNE): Lassen Sie mich in dieser Runde noch einige Fragen anschließen. ­ Frau Borns, Sie haben von einem steigenden Krankenstand gesprochen. In welchem Ausmaß ist das aus Ihrer Sicht der Fall? Und trifft das nach Beobachtung der GEW auch in Bezug auf die Schulstufen über die Grundschule hinaus zu?

Herr Schwung, Sie haben darauf hingewiesen, dass die Stellen für Fachleiter und Fachleiterinnen im Haushalt nicht explizit ausgewiesen sind. Welche Kapazitäten buttern die Schulen eigentlich dort hinein? Im Übrigen haben die Fachverbände der Lehrerbildung in Nordrhein-Westfalen ja gerade erst fusioniert; die Startveranstaltung der neuen großen Landesgruppe hat am 15. Mai 2009 in Dortmund stattgefunden.

Wenn wir uns die Zahl der Fachleiter und Fachleiterinnen in Nordrhein-Westfalen anschauen, erkennen wir, dass dort erhebliche Stundendeputate zusammenkommen.

Ich würde das gerne noch einmal aus Ihrer Sicht hören.

Meines Erachtens brauchen wir hier nicht die Spielchen zu spielen, die wir sonst im Parlament immer spielen. Der Beitrag von Frau Pieper-von Heiden veranlasst mich aber dazu, jetzt die Frage zu stellen, ob Sie als Experten und Expertinnen die Auswirkungen der Rücknahme des Mangelfacherlasses gespürt haben und ob deshalb auch eine Abwanderung von Lehrkräften in andere Bundesländer erfolgt ist. Nach unserem Empfinden und laut den Rückmeldungen hat uns diese Entscheidung in Nordrhein-Westfalen nämlich noch einmal deutlich zur Ader gelassen, was die Lehrerversorgung angeht.

Herr Kerski, Sie haben auf die Berechnung der Zahlen für die Gesamtschulen abgehoben. Wie sieht es denn mit den Quoten der S-I- und S-II-Lehrer aus? Insbesondere in der Sekundarstufe II verzeichnen wir ja eine enorme Nachfrage. Sind die Gesamtschulen dort eigentlich hinreichend ausgestattet?

Herr Großmann und Herr Kerski, vielleicht können Sie uns einige Erläuterungen zur Arbeitsgruppe Leitungszeit geben. Diese Arbeitsgruppe ist ja angekündigt worden und soll arbeiten. Wann bekommen wir denn einmal Ergebnisse?

Dr. Gerd Hachen (CDU): Auch ich möchte mich bei allen Sachverständigen sehr herzlich für ihre Stellungnahmen bedanken. Nach meinem Eindruck haben sie zumindest zu Beginn der Statements quer durch die Bank die Bemühungen der Landesregierung anerkannt und von einer Verbesserung der Situation gesprochen. Am deutlichsten wurde das bei dem Statement von Herrn Großmann, der ausgeführt hat, sämtliche Schulleiterinnen und Schulleiter sagten ihm, dass die Situation sich kontinuierlich verbessert.

Letztendlich bleiben im Detail aber immer Probleme übrig. Es macht Sinn, sich darüber zu unterhalten. Ein wesentliches Element, das auch von verschiedenen Experten angesprochen worden ist, ist das Problem des Fachlehrermangels. Deswegen möchte ich gerne noch einmal konkret darauf eingehen.

Herr Dr. Maerz, wenn man Probleme hat, Bewerber zu finden, wird es nicht ausreichen, sich nur über Steuerungselemente zu unterhalten. Es ist natürlich die Frage, inwieweit Steuerungselemente in einer solchen Situation überhaupt substanziell zu einer Verbesserung beitragen können. Es wäre schön, wenn Sie aus Ihrer Sicht noch etwas dazu sagen würden.

Herr Großmann, Sie haben als Maßnahme zum Abbau des Fachlehrermangels vorgeschlagen, die Verbeamtungsgrenze anzuheben. Ich frage Sie kurz und prägnant:

In welcher Höhe wäre das denn sinnvoll und notwendig, um hier zu besseren Ergebnissen zu kommen? Vielleicht kann man daraus ja konkret lernen.

Frau Clermont, zu Beginn Ihrer Ausführungen haben Sie argumentiert, die Landesregierung stelle mit der Bedarfsdeckungsquote die Lehrerausstattung völlig losgelöst von dem eigentlichen Bedarf an den Schulen dar. Nun ist die Bedarfsdeckungsquote ja keine neue Erscheinung; wir haben sie schon etwas länger. In diesem Zusammenhang lautet meine konkrete Frage an Sie: Was ist denn aus Ihrer Sicht der passgenaue Bedarf einer Schule? Können Sie das einmal ein bisschen genauer darstellen, damit wir verstehen, warum Sie hier einen fundamentalen Gegensatz aufbauen?

Dr. Uwe Maerz (Landeselternschaft der Gymnasien in Nordrhein-Westfalen):

Die erste Frage von Frau Beer bezog sich auf die unausgewogene Versorgung. Wir sehen es in der Tat so, dass es dort erhebliche Disparitäten gibt. Wie hier schon deutlich wurde, ist es in Kommunen, die interessant sind oder eine Universität in der Nähe haben, tatsächlich leichter, Stellen zu besetzen, als auf dem platten Land. Interessant ist, dass es offensichtlich auch innerhalb der Städte große Unterschiede gibt; denn manche Schulen haben gar keine Probleme, ihre Stellen zu besetzen, während andere sich sehr schwer tun. An dieser Stelle sind in der Tat Steuerungsinstrumente und Beratung gefragt. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die Schulaufsicht hier tätig wird. Dabei sollte man auch einmal auf die Qualität der einzelnen Schulen achten.

Wir halten es sehr wohl für sinnvoll, in diesem Zusammenhang etwas an der Eingangsbesoldung zu tun. Die gleichmäßige Eingangsbesoldung sollte ein Stück weit flexibler gehandhabt werden. Warum sollten Bewerber, die für ein Mangelfach infrage kommen, nicht ein Stück weit besser besoldet werden oder günstigere Arbeitsbedingungen bekommen als manch anderer?

Wir haben schon häufiger darauf hingewiesen, dass innerhalb des Systems die oberen Schulaufsichtsbehörden dafür verantwortlich sind, die Verteilung halbwegs gleich zu gestalten. Wenn eine Schule deutlich besser versorgt ist als eine andere oder nicht einen so eklatanten Fachlehrermangel hat, muss natürlich das Dienstrecht greifen, und es müssen auch Abordnungen für einen bestimmten Zeitraum durchgesetzt werden können. Da sind wir völlig leidenschaftslos.

Das Gleiche gilt innerhalb des Systems. So sollten beispielsweise Zertifikatskurse in einem größeren Maße als derzeit angerechnet werden können, um Lehrerinnen und Lehrer gegebenenfalls anders zu qualifizieren.

Ebenso können wir uns vorstellen, dass die Laufbahnen deutlich weiter geöffnet werden als im Augenblick. Es leuchtet nämlich nicht immer ein, dass allein die klassisch ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer qualifiziert sein sollen, vor einer Klasse zu bestehen. Vielmehr bestehen sehr wohl Möglichkeiten, in einem begrenzten Maß Leute mit entsprechender pädagogischer Zusatzqualifikation von außen zu rekrutieren, um die Defizite insbesondere in bestimmten Fächern abzubauen.

Mir persönlich ist kein Fall bekannt, in dem eine Stelle aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht besetzt werden konnte. Wenn ein Bewerber da war, musste nach meiner Kenntnis niemals eine Stelle ­ aus wie auch immer gearteten Gründen ­ von der Bezirksregierung zurückgestellt werden. Jedenfalls haben wir keine entsprechenden Klagen gehört.

Dennoch ist es natürlich ein Unterschied ­ darauf will ich deutlich hinweisen ­, ob nur eine Stelle zur Verfügung steht oder ob auch das entsprechende geeignete Personal vorhanden ist. Daran müssen wir arbeiten; das ist ganz klar. Diese Landesregierung ist mit ihren unterstellten Behörden meines Erachtens allerdings auf dem richtigen Weg, an dieses Problem heranzugehen und dafür zu sorgen, dass es mittelfristig deutlich besser wird ­ wobei ich die Einschätzung meiner Vorredner teile, dass wir noch in deutlich mehr Fächern Schwierigkeiten bekommen werden, als es im Augenblick der Fall ist.