Etwas Wasser muss ich in den Wein gießen das erlauben Sie mir

69. Sitzung (öffentlich) O. Rö

Insofern stehen wir als Wirtschaft hier bereit, den Räten und Kommissionen unterstützend unter die Arme zu greifen. Hiermit artikuliere ich keine Hybris, das ist einfach die Realität, weil unter unseren Mitgliedsunternehmen eben auch die Unternehmen sind, die diese neuen Technologien entwickeln, implementieren, anpassen und nutzen. Wir können das sehr gut behaupten. Wir wissen allerdings auch, welche Verantwortung das bedeutet. Das hat unser Verband dahin gehend genutzt, dass wir bald den Deutschen Internet Rat gründen werden, um mehr Verantwortung zu übernehmen, die wir benötigen, um der Komplexität der heutigen technologischen Entwicklung gerecht zu werden.

Etwas Wasser muss ich in den Wein gießen; das erlauben Sie mir. Ich habe einfach eine Bitte. Sie haben zwei Verbände aus den Bereichen Wirtschaft und Technik genannt. Der eine hat seinen Sitz in Berlin, das ist der BITKOM, der andere ist der eco, der in Köln sitzt. Beide sind sehr stark techniklastig. Ich bitte, das nicht als Kritik zu verstehen, aber der BVDW ist der Repräsentant der Unternehmen, die den gesamten Kontentbereich und dessen Umsetzung abdecken. Wir würden es daher sehr begrüßen, wenn neben den beiden anderen Verbänden auch der BVDW in die entsprechenden Arbeitsgremien einberufen würde.

Zum Schluss noch eine Bemerkung: Die Stellungnahme erhalten Sie Anfang der kommenden Woche. Aus Urlaubsgründen konnte sie nicht rechtzeitig hier sein. Ich bitte um Nachsicht.

Michael Wille (Brainpool TV GmbH, Köln): Ich bin heute vor allen Dingen als Beobachter hier und möchte daher heute auf eine Stellungnahme verzichten.

Dr. Anja Zimmer (Deutscher Journalistenverband [DJV] NRW, Düsseldorf): Wir haben bereits sehr ausführlich Stellung genommen. Deshalb wollen wir versuchen, uns hier kurz zu fassen.

Aus Sicht des DJV sind vor allem drei Punkte kritisch:

Bei dem Ersten geht es um § 33 und die Konzentration. Wir teilen die hier geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken ausdrücklich, möchten das jetzt in der Kürze der Zeit aber auch nicht wiederholen.

Problematisch sehen wir zweitens auch, dass das Zwei-Säulen-Modell in der digitalen Welt und bei einer Umstellung insbesondere des Hörfunks auf eine digitale Verbreitung auch von dieser Seite angegriffen wird, weil es durch die neuen Verbreitungsregeln letztlich quasi aufgehoben wird.

Drittens sehen wir die Ausweitung des Teilnehmerkreises im Medienrat auf Player, deren wirtschaftliche Interessen sehr eng mit denen des zu überwachenden Gremiums übereinstimmen, extrem kritisch.

Um das Ganze auch noch einmal unter einem journalistischen Gesichtspunkt zu werten, möchte ich das Wort gerne an Ulrike Kaiser geben, die dazu jetzt noch etwas Ausführlicheres sagen möchte.

69. Sitzung (öffentlich) O. Rö Ulrike Kaiser (Deutscher Journalistenverband [DJV] NRW, Düsseldorf): Ich möchte ganz gerne zunächst einmal einen etwas abstrakten Bewertungsmaßstab für uns darstellen.

Für den Deutschen Journalistenverband sind neben der Medienfreiheit die Medienvielfalt und ein breites Informations- und Meinungsspektrum oberste Gebote der Medienpolitik, und sie sind im Übrigen Verfassungsgebote. Für den DJV ist es von daher prinzipiell sehr schwer vorstellbar, dass publizistisch relevante Informationen in einer Region nur noch aus einer Hand - sprich: aus einem Unternehmen - kommen und dann über alle denkbaren Verteilwege verbreitet werden: über die Zeitung, über das Anzeigenblatt, über das Radio, über das Fernsehen, über das Internet und über andere mobile digitale Dienste. Das werten wir als eine prinzipielle Gefährdung dieser Vielfalt. Dieser Gefährdung ist mit den im Landesmediengesetz getroffenen Regelungen, zum Beispiel denen für das regionale Fernsehen, nicht ausreichend zu begegnen.

Programmbeiräte im privaten Fernsehen können sehr sinnvoll sein; sie sind nach bisherigen Erfahrungen eher zahnlose Tiger.

Die Drittsendezeit ist für uns aufgrund ihres äußerst geringen Umfangs keine ausreichende Lösung, und eine durchaus denkbare Kombination beider Vorkehrungen ist ebenso wenig vorgesehen wie zum Beispiel Redaktionsstatuten oder das im Hörfunk sehr erfolgreich funktionierende Zwei-Säulen-Modell. Gerade das würde aufgrund der organisatorischen Trennung von Kapital und Publizistik aber ebenfalls generell der Pluralität dienen.

Hinzu kommt, dass keinerlei Vielfaltsregelung greift, wenn vor Ort ein weiterer Anbieter vorhanden ist. Das geht nach unserer Einschätzung an der publizistischen Realität vorbei. Realität ist nämlich, dass sich vermutlich keine zwei TV-Anbieter in einer Region wirtschaftlich tragen werden, und man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, wer sich dann am Markt durchsetzen wird. Ein kleiner alternativer Betrieb wird das nicht sein, sondern das wird der finanzstarke und publizistisch erfahrene Konzern sein.

Was dann ist, ist etwas schwierig zu beurteilen; denn dann steht im Prinzip die Lizenz des 100-%-Anbieters infrage, und wir alle wissen, wie schwer es ist, nachträglich einem auf dem Markt eingeführten Sender noch einmal Vielfaltsregelungen oder Ähnliches aufzuzwingen. Das ist ein im Gesetzentwurf relativ ungeregeltes Problem.

Es gibt mehrere Kritikpunkte, die wir in unserer umfangreichen Stellungnahme dargestellt haben. Beim Lokalfunk sind es zum Beispiel die Schwächung des ZweiSäulen-Modells bei künftigem digitalen Hörfunk, die nicht festgelegte Verantwortung der Veranstaltergemeinschaft auch für den Internetauftritt, die Besetzung der programmverantwortlichen Veranstaltergemeinschaft mit Parlamentariern und die Alleinzuständigkeit des Ministerpräsidenten statt der Zuständigkeit der Regierung bzw. des Kabinetts.

Ich will das hier nicht mehr ausführen; Sie können das nachlesen. Ich bitte Sie nur noch einmal: Setzen Sie sich für die publizistische Vielfalt ein, geben Sie nicht alles in eine Hand, und bauen Sie die Vielfaltsregelung in § 33 aus.

Frank Boehnke (Verband Lokaler Rundfunk in NRW e. V. [VLR], Gelsenkirchen): Ich werde mich auf drei Punkte konzentrieren.

Erstens. Die Bedeutung des Lokalfunks für die lokalen Kommunikationsmärkte hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Dieser Trend wird sich aus unserer Sicht fortsetzen und wahrscheinlich auch noch verstärken. Hintergrund sind die Ihnen bekannten Entwicklungen im Bereich der Lokal- und Regionalzeitungen in NRW. Durch die Neuregelungen in § 33 werden die bereits bestehenden monopolartigen Strukturen in einigen Regionen aus unserer Sicht nicht aufgebrochen, sondern eher noch verstärkt.

Der Erhalt eines flächendeckenden und kleinteiligen - das ist in meinem Skript unterstrichen - Lokalfunks im Zwei-Säulen-Modell ist deshalb auch für die Zukunft ein unverzichtbarer Beitrag zur kommunalen Willensbildung und Öffentlichkeit - sowohl bei analoger als auch irgendwann einmal bei digitaler Verbreitung. Wir begrüßen deshalb die hierzu vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungen.

Zweitens. Die innere Organisation der Veranstaltergemeinschaft hat sich in den vergangenen Jahren bewährt. Durch die in diesem Zusammenhang vorgelegten Änderungen im Gesetzentwurf wird aus unserer Sicht nicht zu einer Verbesserung beigetragen, sondern sie sind in mehreren Punkten eher kontraproduktiv. Für die Details verweisen wir auf unsere Stellungnahme. Wir schlagen deshalb vor, es bei den geltenden Regelungen weitgehend zu belassen.

Drittens. Dieser Punkt ist für uns besonders wichtig - Frau Kaiser hat ihn eben schon angesprochen -: Hinsichtlich des Internetauftritts sprechen wir uns deutlich für eine Erweiterung der bestehenden Regelungen zum Verhältnis der Veranstaltergemeinschaft zur Betriebsgesellschaft aus.

Im Arbeitsentwurf, den die Staatskanzlei ins Internet gestellt hatte, war in § 52 Abs. 3 eine Regelung vorgesehen, mit der man der Bedeutung des Internetauftritts für die Lokalradios gerecht wurde und die auch die notwendige Flexibilität besaß, um auf zukünftige Entwicklungen vor Ort angemessen reagieren zu können. Konkret ging es um den Abschluss einer Vereinbarung zwischen Veranstaltergemeinschaft und Betriebsgesellschaft über den jeweiligen Internetauftritt ihres Senders.

Diese Bestimmungen sind im Gesetzentwurf nicht mehr enthalten. Diese Entscheidung ist für uns nicht nachvollziehbar. Das Internet, von dem beim Sendestart des Lokalfunks im Jahre 1990 noch niemand auch nur eine blasse Ahnung hatte, hat sich in den vergangenen Jahren zu einem unverzichtbaren Bestandteil des medialen Angebots der Lokalradios entwickelt. Im Internetauftritt treffen redaktionelle Angebote, interaktive Angebote der Hörerkommunikation und werbliche Angebote, um nur drei Elemente zu nennen, zusammen. Die Organisation dieses Zusammentreffens und die Festlegung der jeweiligen Verantwortlichkeiten sind bei der Bedeutung des Internetauftritts jetzt und in Zukunft unabdingbar.

Wir appellieren an den Gesetzgeber deshalb ausdrücklich, die im Arbeitsentwurf enthaltenen Bestimmungen in § 52 Abs. 3 gesetzliche Wirklichkeit werden zu lassen und somit im Medienmarkt, der immer stärker auch durch Internetauftritte geprägt wird, einen Beitrag zur Zukunftssicherung des Lokalfunks zu leisten.