Dr Lothar Jansen Verein zur Wiedereinführung staatlicher Studienkollegs in NRW Ich bin positiv überrascht dass sich Prof

Wir werden nicht schaffen, sie zu schließen. Die Ressourcenfrage ist in aller Klarheit gestellt und die Antwort darauf gegeben worden.

Dr. Lothar Jansen (Verein zur Wiedereinführung staatlicher Studienkollegs in NRW): Ich bin positiv überrascht, dass sich Prof. Freimuth inzwischen auch für Propädeutika ausspricht, nachdem sich die Uni Köln noch vor zwei Jahren dafür ausgesprochen hat, für die Ausländer das Propädeutikum abzuschaffen.

Ich möchte gerne Folgendes mit allen durchrechnen: Wir haben eben gehört, dass wir über etwa 0,5 % bis 1 % der Studierenden reden und dass wir uns bemühen wollen, diesen Anteil leicht zu steigern. Das heißt, selbst an großen Universitäten wie Köln oder Münster reden wir von 20 bis 40 Studenten. Wenn man diese Zahl den einzelnen Fächern gemäß aufschlüsselt, bleibt nicht mehr viel übrig. Dann geht es in Biologie bei uns in Münster um einen Studenten. Für diesen einen Studierenden wird man kein Propädeutikum einrichten.

Das heißt, wir brauchen genau das Gleiche wieder, was wir bei den Studienkollegs hatten, jetzt jedoch für eine andere Zielgruppe, nämlich zentrale Einrichtungen, die das übernehmen. Die kann man an Schulen oder an Weiterbildungskollegs anbinden. Dafür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Aber sie müssen für eine Vielzahl von Hochschulen arbeiten. Es hat keinen Sinn, das an jeder einzelnen Hochschule zu verorten. Insofern sollten wir zu einem Konsens kommen und diese Einrichtung schaffen. Wenn man sie effektiv gestalten will, kann man eventuell auch andere Gruppen wie etwa die jetzt völlig herausfallenden Ausländer wieder einbeziehen.

Heike Gebhard (SPD): Ich kann daran gleich anknüpfen. Wir haben ein bisschen vermischt, was wir gerne zukünftig hätten und was wir jetzt haben. Ich habe den Eindruck, dass das etwas durcheinandergeht. Mich interessiert, Herr Rathjen, ob Sie uns sagen können, wie denn die gegenwärtig gültigen Regeln in Nordrhein Westfalen tatsächlich angewandt werden.

Beispielsweise haben wir zum einen die Möglichkeit des Zugangs zum Fachhochschulstudium für die beruflich Qualifizierten ­ Stichwort: Meister usw. Dabei ist ein Quorum festgeschrieben, demgemäß 3 % der Studienplätze reserviert werden. Das bedeutet dann analog zu der Rechnung, die Herr Jansen gerade aufgemacht hat, wenn 335 Studentinnen und Studenten in einem Semester aufgenommen werden, bei dieser Quote in der Regel einen einzigen Platz.

Als zweite Möglichkeit kann man das nach der Zugangsprüfungsverordnung machen.

Das ist nicht zu verwechseln mit dem individuellen Zugang, den die Hochschulen für ihre anderen Studenten anbieten, die die direkte Zugangsberechtigung formell eigentlich haben. Dabei können sie aussuchen, ob sie diese Studierenden auch wollen. Das geht nach meiner Ansicht ein bisschen durcheinander.

Vielleicht kann auch Herr Prof. Freimuth etwas zu den folgenden Fragen für die nordrhein-westfälischen Hochschulen sagen: Wie stark machen die Hochschulen von der Möglichkeit dieser Zugangsprüfungsverordnung Gebrauch? Inwieweit wird sie genutzt? Inwieweit wird sie nachgefragt? Gibt es das bezogen auf die einzelnen Fä cher? Kann man etwas dazu sagen, ob das überhaupt passiert ist? Denn das Instrumentarium ist vorhanden. Die Tatsache, dass wir nur von 1 % reden, legt für mich den Verdacht nahe, dass ­ Stichwort: Transparenz ­ überhaupt nicht bekannt genug ist, dass es diese Option gibt, und dass Hochschulen damit auch nicht offensiv umgehen, was sicherlich auf die Probleme zurückzuführen ist, die sie ansonsten zu bewältigen haben. Ich möchte das jetzt nicht bewerten, aber wir müssen schauen, auf welcher Ausgangslage wir aufbauen.

Das wäre ganz wichtig zu wissen. Denn wenn die vorhandenen Instrumente nicht genutzt werden, muss man sich überlegen ­ nach meinem Eindruck wird das von den Gewerkschaften bis hin zu den Arbeitgebern gleich eingeschätzt und die Notwendigkeit offenbar nicht bestritten ­, welche anderen Instrumente man braucht.

Dann haben wir doch offenbar nichttaugliche Instrumente. Dann müssten wir über den nächsten Schritt nachdenken.

Den zweiten Fragenkomplex möchte ich an die Böll-Stiftung richten, weil Sie interessanterweise über unseren Antrag hinausgehen und darauf hingewiesen haben, es gehe nicht nur um berufliche Qualifikation, sondern wir sollten gegebenenfalls auch die Frage der gesellschaftlichen und sozialen Kompetenzen mit in den Blick nehmen.

Ich kenne diese Modelle beispielsweise aus England, die insofern günstiger funktionieren, als sie mit Credit Points arbeiten, sodass man auf additivem Wege hinterher den Bachelor erhalten kann, wenn man verschiedene Module geschafft hat, wobei man die Zugangsberechtigung nicht gleich für das Komplettstudium braucht. Das ist ein Stück weit anders, als wir das gewohnt sind. Gibt es denn international in unseren Nachbarländern in Hochschulen Regelungen dafür, dass man dort bereits mit diesen anderen Qualifikationen auch den Zugang bekommt? Ich habe gehört, dass es so etwas in Straßburg geben soll, diese Information aber nicht erhärten können.

Peter Weckmann (SPD): Ich möchte ein klein wenig daran anschließen. Meine Frage richtet sich auf das Bedauern um die geringe Teilnahme von Nichtabiturienten an der Hochschulbildung. Ich möchte diese Frage an Herrn Oehme richten: Kann das zum Beispiel Resultat einer Art Geheimhaltung sein? Die Frage ist also: Wie bekannt ist die Möglichkeit des Studierens, und wie wird sie beworben? Wird sie ausreichend beworben? Wird sie gezielt genug beworben?

Eine weitere Frage richte ich sowohl an Sie, Herr Oehme, als auch an Herrn Wichmann: Wird Ihres Erachtens eine stärkere Honorierung oder Anrechnung erworbener Kompetenzen zu einer größeren Studierneigung führen? Ich möchte darüber eine Einschätzung von Ihnen haben.

Herrn Wichmann frage ich: Wie weit würden Sie gehen, was nonformal und informell erworbene Kompetenzen angeht? Wo ziehen Sie dabei die Grenze? Würden Sie sagen: Es reichen auch exzellente musische Talente, die nachgewiesen werden können?

Prof. Dr. Beate Rennen-Allhoff (Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen in NRW): Im Beitrag von Herrn Jansen ging es darum, in welcher Weise solche Propädeutika organisiert werden sollten. Er hat sich dafür ausgesprochen, sie zentral zu organisieren. Das halte ich für wenig hilfreich. Ich bin der Meinung, die Hochschule muss sich der Propädeutika annehmen. Sie soll sie natürlich nicht nur für diesen speziellen Personenkreis anbieten, über den wir heute reden, sondern für alle Studierenden. Insofern stimme ich Ihnen darin völlig zu.

Das bietet aber die Chance, das für alle auf freiwilliger Basis anzubieten. Diejenigen, die hinterher eine Prüfung ablegen, können dann in die Hochschule einmünden, wenn sie bis dahin noch keine formale Hochschulzugangsberechtigung haben. Das wäre der Ansatz.

Es geht aber auch darum, dass sie sich wirklich in ein Studium einfädeln. Wenn man sie zentral zusammenfassen würde, was auch aufgrund der Lebenssituation vielfach die Sache noch viel komplizierter machen würde, wären sie eine in sich geschlossene Gruppe, die gerade nicht so leicht den Zugang zu der sonstigen Studierendengruppe findet und die damit von vorneherein benachteiligt wäre. Insofern sollten sich die Hochschulen selbst darum kümmern.

Harald Klingel (Verein zur Wiedereinführung staatlicher Studienkollegs in NRW): Ich möchte auf die Ausführungen zu den Propädeutika und zur Notwendigkeit zurückkommen. Wenn ich diese Stichwörter wie Propädeutika, Feststellungsprüfung oder Eignungsprüfung für den speziellen Studiengang höre, verstehe ich immer weniger, warum man die Studienkollegs geschlossen hat. Man hatte derartige Ressourcen; das Know-how war da. Man hätte ihre Ressourcen auf eine solche Zielgruppe umorientieren können.

Wir haben an der Fachhochschule Köln mit Geld vom DAAD zwei Jahre lang ein Projekt gemacht, in dem wir alle Studienbewerber mit ausländischer Hochschulzugangsberechtigung ­ egal, ob sie über Studienkollegs lief oder ob es sich um eine direkte Hochschulzugangsberechtigung handelte ­ mit Diagnosetests in den studiengangsspezifischen Fächern getestet haben. Dann haben wir einen individuellen Förderungsbedarf ermittelt, der reichen konnte von „Förderung ist überhaupt nicht nötig" bis „ein Semester Mathematik", „zwei Semester Physik", „mehrere Fächer" oder in bestimmten Fällen „das gesamte Studienkolleg". Verbunden war das mit einer festen Studienplatzzusage an der Fachhochschule Köln. Das Projekt war sehr erfolgreich und hat im Übrigen auch gezeigt, dass die Intensität der benötigten Förderung mit der Art des Hochschulzugangs ­ über Studienkollegs oder direkt ­ relativ wenig korrelierte, sondern sozusagen quer dazu lag.

Ich wünsche mir, dass man, bevor das letzte Know-how aus den Studienkollegs in Nordrhein-Westfalen verloren gegangen ist ­ in anderen Bundesländern gibt es sie weiterhin ­, auf diese Ressourcen zurückgreift, wenn man sagt: Wir brauchen Propädeutika und studiengangsspezifische Förderung für Leute, die schon eine Weile aus der Schule heraus sind und denen bestimmtes Basiswissen fehlt. Sonst befürchte ich, wie es an verschiedenen Stellen angeklungen ist, dass das Ganze nicht sehr weit führt. Denn dann wird die Abbrecherquote der Leute, die ohne hinreichende Basiskenntnisse und mit eventuell länger zurückliegender Schulzeit in ein Studium gehen, relativ hoch sein. Damit ist niemandem gedient.