Mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger durch "hoheitliche Reiter auf privaten Pferden"?

Innenminister Wolf hat im Innenausschuss im Rahmen der Vorstellung der politischen Schwerpunkte zur Innenpolitik in der 14. Wahlperiode erklärt, die Landesregierung werde wieder zwei landesweite Polizeireiterstaffeln mit jeweils 25 Reitern und Pferden einführen.

Ziel sei es, Polizeireiter zur Fußballweltmeisterschaft 2006 einsetzen zu können, möglichst in kompletter Stärke, und zwar "hoheitliche Reiter auf privaten Pferden". Die erforderlichen Dienstleistungen von der Pferdepflege bis hin zur Unterbringung der Reiterstaffeln sollten möglichst umfänglich von Privatpersonen oder Organisationen übernommen werden.

Demgegenüber hatte schon 1995 die Unternehmensberatung Kienbaum in der vom Finanzministerium beauftragten „Aufgabenkritischen Untersuchung polizeilicher Tätigkeiten im Lande Nordrhein-Westfalen" zu den Reiterstaffeln festgestellt: "Die Polizei NRW hat sich bislang damit begnügt, von den Reiterstaffeln maximal 50 Prozent deren Arbeitszeit effektiv für die Polizeiarbeit zu nutzen.... Daher sollten alle Reiterstaffeln aufgelöst werden, ... ...Da die Polizei in der Lage ist, die Einsatzlagen auch ohne Polizeireiter zu meistern, verändert sich an der Effektivität ohne Reiterstaffeln nichts.......Polizeireiterstunden sind deutlich teurer als die Stunden eines "normalen" Beamten. Ins Gewicht fallen dabei nicht unbedingt die Sachkosten, die bei einem Polizeireiter deutlich höher sind als bei einem Beamten des Wachdienstes.

Entscheidender und effizienzmindernder Nachteil des Pferdes ist die Tatsache, dass der Polizeireiter aufgrund der hohen Rüstzeiten (Tierpflege, Transport, Ausbildung) weniger als die Hälfte seiner Arbeitszeit tatsächlich im Einsatz für die Sicherheit ist." - Zitat Ende Aufgrund des Kienbaum-Gutachtens hatte die Fraktion der CDU 1997 in einem Antrag (Drucksache 12/1690) folgendes gefordert: „Landesregierung muss unverzüglich handeln; höchste Zeit für die Umsetzung der aufgabenkritischen Untersuchung polizeilicher Tätigkeiten im Lande Nordrhein-Westfalen - notwendige Grundlagen schaffen für einen effizienten und effektiven Sach- und Personaleinsatz im Polizeidienst".

Die CDU hatte die Landesregierung aufgefordert, „alsbald die erforderlichen ggf. gesetzgeberischen Schritte einzuleiten, um einen effizienten und effektiven Sach- und Personalein satz im Polizeidienst zu ermöglichen". In der Begründung wurde unter anderem darauf abgestellt, dass „die Notwendigkeit einer effizienten Aufgabenorganisation und Korrektur vorhandener Defizite im Polizeidienst hinsichtlich des Sachmittel- und Personaleinsatzes unumstritten ist."

In der Folgezeit haben zunächst die Kreispolizeibehörden Duisburg und Gelsenkirchen ihre Reiterstaffeln aufgelöst. Mit Stand 01. Oktober 2002 waren noch 136,43 Planstellen für Beamtinnen/Beamte in Reiterstaffeln und 25,5 Stellen für Arbeiter (Pferdepfleger) ausgewiesen und besetzt. Ende 2002 wurden dann die Reiterstaffeln in Aachen, Bochum, Bonn, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln, Mönchengladbach, Recklinghausen und Wuppertal aufgelöst.

Die Auflösung der Reiterstaffeln 2003 war ein Gebot des landesweit zu gewährleistenden sachgerechten Personal- und Sachmitteleinsatzes der Polizei. Sie führte zu deutlichen Effizienzsteigerungen, da die tatsächlich zur Verfügung stehende Einsatzzeit der ehemaligen Polizeireiterinnen und -reiter erhöht wurde. Das gewonnene Optimierungspotenzial steht den Kreispolizeibehörden uneingeschränkt weiter zur Verfügung. Zudem erweitern sich die Einsatzmöglichkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dies kommt in hohem Maße unmittelbar dem Wach- und Ermittlungsdienst der Polizeibehörden und damit dem Dienst am Bürger zugute.

Auf Nachfragen im Innenausschuss am 22. September 2005 zur Effizienzsteigerung und zu den personellen wie sachlichen Auswirkungen der beabsichtigten Wiedereinführung der Reiterstaffeln konnte Innenminister Wolf keine konkreten Angaben machen.

Vor diesem Hintergrund, vor allem aber angesichts der jetzt bekannt gewordenen Haushaltsrestriktionen für den Haushalt 2006 mit erheblichen Einsparungen in allen Politikfeldern fragen wir die Landesregierung:

1. Welche neuen Erkenntnisse liegen der Landesregierung vor, die abweichend von den Feststellungen des Kienbaum-Gutachtens die Wiedereinführung der Polizeireiterstaffeln heute rechtfertigen?

2. Was genau sieht die Vertragsgestaltung mit Privatpersonen oder Organisationen zur Erbringung der erforderlichen Dienstleistungen von der Pferdepflege bis hin zur Unterbringung der Reiterstaffeln vor (ggfl. Vorlage der Verträge)?

3. Werden die Polizeireiter dem Wach- und Ermittlungsdienst entzogen und welche Kreispolizeibehörden sind betroffen?

4. Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die personelle und sachliche Ausstattung der Polizeireiterstaffeln insgesamt bzw. an welchen Stellen des Haushalts erfolgt die so genannte Gegenfinanzierung (bitte getrennt aufführen Personalkosten und Kosten der Anschaffung der Pferde sowie Unterbringung, Pflegeleistungen, Kosten für Transport etc. und deren Gegenfinanzierung)?

5. Wann und wie werden die Polizeireiter in die bereits laufenden Sicherheitsübungen zur Fußballweltmeisterschaft 2006 eingebunden?