Welche militärischen Altlasten schlummern in der Senne?

Der Truppenübungsplatz Senne ist seit 1892 in Betrieb. Hier werden seitdem umfangreiche Schießübungen durchgeführt. Auf den Schießplätzen werden überwiegend Infanteriemunition sowie Granatwerfer und panzerbrechende Munition (3 cm) eingesetzt. Es gibt Hinweise, dass auch 3 cm-Munition mit angereichertem Uran verschossen wurde. Jedenfalls haben die in Paderborn stationierten leichten Panzer diese Munition im Irak benutzt. In der Regel werden mit Buntmetallen ummantelte Bleigeschosse verwendet, die in Dünen und Erdwälle eindringen. Bisher ist über Entfernung und Entsorgung der Munitionsreste sowie Sanierung der Einschlagzonen nichts bekannt.

Dementsprechend sind diese Altlasten weiter im Boden. Die Gifte und Schwermetalle sind eine Gefahr für Boden, Luft und Wasser und damit auch für Mensch und Tier. Die Senne ist ein wichtiges Trinkwasserreservoir für Ostwestfalen, insbesondere für den Raum Bielefeld.

Das Problem des Eintrags von Blei und Buntmetall in Wällen und Dünen ist grundsätzlich auf allen Schießbahnen gegeben. Als besonders signifikant benennen wir den Schießplatz am Bölke-Stausee (Dünen) und den Panzerabwehrschießplatz an der Mühle (Wall), Gemeindegrenze Bad Lippspringe - Schlangen.

In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage "Bau von zusätzlichen Kampfdörfern und Panzerstraßen auf dem Truppenübungsplatz Senne in Nordrhein-Westfalen" (Drs. 16/10801) wird angeführt, dass die britischen Streitkräfte regelmäßig Übungsrückstände beseitigen. Dies gilt aber nur für nicht explodierte Granaten.

1. Welche Altlasten (Gifte, Schwermetalle, Blei) sind bekannt und bzw. zu vermuten?

2. Wann, in welcher Form und mit welchem Ergebnis hat es Untersuchungen der zuständigen Behörden auf Altlasten in diesem Gebiet gegeben?

Für den Bereich des Truppenübungsplatzes Senne sind mir derzeit keine festgestellten Altlasten bekannt.

Im Verdachtsflächen-Kartenwerk der Bezirksregierung Detmold sind unter der Kategorie „altlastverdächtige Flächen" zwei Einträge registriert. Es handelt sich um ein ehemaliges Klärschlammpolder zur Versickerung von Abwasser und eine Ablagerung von Boden und Bauschutt in einer ehem. Sandgrube. Die durchgeführten orientierenden Untersuchungen ergaben, dass unter Berücksichtigung der untersuchten Parameter und der Nutzungssituation kein aktueller Sanierungsbedarf besteht.

Zusätzlich sind im Verdachtsflächen-Kartenwerk drei militärische Standorte nachrichtlich vermerkt (ehem. Munitionsanstalt, Betriebsstofflager, Munitionsdepot). Über die Art der Beseitigung von verwendeter Munition bzw. Munitionsresten auf dem Truppenübungsplatz Senne liegen mir keine Informationen vor. Ich verweise diesbezüglich auf die von der Bundesregierung beantworteten Kleinen Anfrage -Drucksache 16/10801- vom 05.11.2008, Antwort zu Frage Nr. 28, dort heißt es: "Übungsrückstände im Gelände werden von den Britischen Streitkräften regelmäßig beseitigt."

Weiterhin wurden mir vom Kreis Gütersloh im Jahr 2009 der Standort einer Schießanlage und vom Bundesvermögensamt im Jahr 2001 die Standorte zweier Wurfplätze für Blend- und Handgranaten mitgeteilt. Bodenuntersuchungen haben ergeben, dass keine Gefahr bei der aktuellen Nutzung besteht.

Darüber hinaus ist auf dem Übungsgelände eine schädliche Bodenveränderung bekannt (Umfüllstation zur Betankung von Panzerfahrzeugen). Die Sanierung der festgestellten Boden- und Grundwasserbelastung durch Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) und aromatische Kohlenwasserstoffe (BTEX) erfolgte in Abstimmung mit dem Kreis Paderborn.

3. Was will die Landesregierung gegen die Altlasten und die davon ausgehenden Gefahren unternehmen?

Festgestellte Altlasten, von denen Gefahren bei derzeitiger Nutzung für Schutzgüter ausgehen könnten, sind auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Senne nicht bekannt. Es ergibt sich daher über die zu Fragen 1 und 2 dargestellten Maßnahmen gegenwärtig kein weiterer Handlungsbedarf.

4. Welche Gefahr geht unmittelbar für das Grund- und damit auch für das Trinkwasser in der Region aus?

Die Qualität des geförderten Trinkwassers wird regelmäßig gemäß Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) kontrolliert. Darüber hinaus führen die Stadtwerke Bielefeld zahlreiche weite3 re Untersuchungen im Rahmen der Eigenüberwachung durch. Zum Untersuchungsumfang aller Wasserwerke gehören u. a. die Schwermetalle Antimon, Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Quecksilber und Zink. Weiterhin ist Cyanid im Untersuchungsumfang enthalten. Im Ergebnis zeigen alle Untersuchungen keine Auffälligkeiten bzw. sind ohne Befund.

Der angesprochene Schießplatz am Bölke-Stausee (Dünen) und der Panzerabwehrschießplatz an der Mühle (Wall) liegen außerhalb der Wassereinzugsgebiete der Wassergewinnungsanlagen der Stadtwerke Bielefeld und haben daher keinen Einfluss auf die Wasserqualität dieser Werke.

Im Jahr 2008 haben die Stadtwerke Bielefeld das Mischwasser aller Wasserwerke auf dem Truppenübungsplatz sowie das Wasser des Wasserwerks 05 Nordfassung auf Uran untersuchen lassen. Im Ergebnis lagen die Werte unter der Bestimmungsgrenze von 0,02 µg/l bzw. bei 0,7 µg/l. Der zur Orientierung heranzuziehende Leitwert für Uran liegt nach der Empfehlung des Umweltbundesamtes bei 10 µg/l.

An zwei Vorfeldmessstellen des Wasserwerks 06 Furlbach werden zusätzlich seit 10 Jahren halbjährig Untersuchungen auf für Rüstungsaltlasten typische Parameter durchgeführt. Hierzu zählen zusätzlich zu den o. g. Schwermetallen Stoffe wie Arsen, Chrom VI, Cobalt, Zinn und Halogenkohlenwasserstoffe. Auch hier zeigen die Untersuchungen keine Befunde bzw. Auffälligkeiten.

In der Grundwasser-Datenbank des Landes sind für das Wasserwerk Doerenkamp Untersuchungen auf adsorbierbare Halogenkohlenwasserstoffe (AOX), Blei, Cadmium, Quecksilber, Chrom, Nickel, Cyanid, Arsen und Uran verzeichnet. Hiernach liegen keine Überschreitungen nach TrinkwV 2001 vor. Eine einmalige Untersuchung auf Uran im August 2008 ergab für das Wasserwerk Doerenkamp eine Urankonzentration von 0,05 µg/l und für die GrimkeQuelle 0,08 µg/l.

Im Tiefbrunnen des Wasserwerks Osterholz sind in der Datenbank Untersuchungen auf Blei, Arsen, Chrom, Kupfer, Zink, Cadmium, Quecksilber, Nickel und Cyanid verzeichnet. Überschreitungen der Richtwerte nach TrinkwV 2001 wurden nicht festgestellt. Eine Untersuchung auf Uran ist nicht erfolgt.

5. Ab wann gibt es welche Nachweise über die verwendete Munition und deren Beseitigung auf dem Übungsplatzgelände?

Der Kampfmittelbeseitigungsdienst (KBD) hat zur Feststellung der Freiheit von Kampfmitteln des 2. und 1. Weltkriegs seit 1959 anlassbezogene Maßnahmen im Bereich des Truppenübungsplatzes sowie der angrenzenden militärisch genutzten Bereiche durchgeführt. Es handelt sich um die Auswertung von Luftbildern und um Flächendetektionen. Räummaßnahmen des KBD fanden nur außerhalb des Truppenübungsplatzes statt. In den Bereichen des Übungsplatzes und der Schießgebiete wird diese Aufgabe von der britischen Armee bzw. der Bundeswehr wahrgenommen.

Zu der auf dem Truppenübungsplatz verwendeten Munition wird von den Britischen Streitkräften gegenüber der Bezirksregierung Detmold nicht regelmäßig berichtet.

In einem Protokollauszug des „Deutsch-Britischen Arbeitskreises Truppenübungsplatz Senne" über die Sitzung vom 28.11.2001 - die Bezirksregierung Detmold war in diesem Arbeitskreis vertreten - heißt es zur speziellen Frage der Verwendung uranhaltiger Munition: „Das Bundesvermögensamt hat die Frage an die Britischen Streitkräfte und an die Bundeswehr zur Untersuchung und Stellungnahme weitergeleitet und der offizielle Standpunkt des Bundesvermögensamtes diesbezüglich ist, dass die Britischen Streitkräfte zu keinem Zeitpunkt uranhaltige Munition auf dem Truppenübungsplatz in Sennelager verwendet haben. Dieser Tatbestand wurde von der Bundeswehr ebenfalls bestätigt."