Können Kommunen in Zeiten einer vorläufigen Haushaltsführung oder Haushaltssicherung Sportvereinen mit vereinseigenen Anlagen Zuschüsse aus der Sportpauschale zur Verfügung stellen?

Der Sport ist für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Hagen ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens. Hagen ist seit Jahrzehnten die Heimat erfolgreicher Sportvereine sowie Spitzensportler und hochklassiger Mannschaften, aber auch eine Stadt des Breitensports. Rund ein Viertel der Hagener Bevölkerung ist Mitglied in einem Sportverein ­ von Kindesbeinen an bis ins hohe Alter.

Dieses breite Sportangebot für die Hagenerinnen und Hagener erfordert ein Höchstmaß an ehrenamtlichem Engagement, aber auch ein ausreichendes Angebot an optimalen Sportstätten. Mehr als 20% aller Hagener Sportstätten werden als vereinseigene Anlagen geführt und von den Vereinen betrieben, wodurch enorme Kosten für Investition und Unterhaltung entstehen, wofür kaum noch Zuschüsse der öffentlichen Hand gewährt werden. Dies hat zur Folge, dass erhebliche Eigenmittel, die besser für die Ausübung des Sports Verwendung finden sollten, in die Anlagen gesteckt werden müssen, wodurch die Chancengleichheit zu anderen Vereinen verloren geht. Viele Vereine gehen dabei teilweise bis an die Grenzen der Belastbarkeit.

Früher wurden die Vereine bei investiven Maßnahmen durch Zuschüsse des Landes Nordrhein-Westfalen bzw. der Bezirksregierung unterstützt. Seit 2004 findet dafür die Sportpauschale Anwendung. Die Finanzverwaltung der Stadt Hagen steht allerdings auf dem Standpunkt, dass die Sportpauschale aufgrund eines Erlasses aus dem Jahre 2004 im Fall einer vorläufigen Haushaltsführung bzw. Haushaltssicherung nicht zur Auszahlung an Dritte sprich: Vereine mit vereinseigenen Anlagen - kommen darf. Sie stützt diese Auffassung außerdem auf eine Anfang dieses Jahres eingeholte Aussage des Innenministeriums.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Mit dem Haushaltsjahr 2004 wurde die bis dahin projektgebundene Einzelförderung (investiver) kommunaler Aufwendungen im Sportbereich durch die Einführung pauschaler Zuweisungen an die Gemeinden auf der Grundlage des jährlichen Gemeindefinanzierungsgesetzes abgelöst.

Durch diese Änderung wurden Haushaltssicherungsgemeinden und Gemeinden in der vorläufigen Haushaltsführung nach § 82 GO NRW keineswegs grundsätzlich daran gehindert, Mittel aus der Pauschale an Sportvereine mit vereinseigenen Anlagen weiterzuleiten. Zu Einzelfragen der Möglichkeiten und Grenzen einer Weiterleitung hat das Innenministerium für diesen Kreis von Gemeinden klarstellende Hinweise zu den Anforderungen gegeben, die sich aus dem Gemeindehaushaltsrecht ergeben.

Im Runderlass vom 5. Juli 2004 (Az.: 33-47.02.03-2280/04 (9)) wurde hierzu unter anderem ausgeführt: „... Zunächst ist festzuhalten, dass die Weiterleitung von Mitteln der Sportpauschale an Vereine grundsätzlich zulässig und an keine weitere Voraussetzung als die Einhaltung der Verwendungszwecke gebunden ist. Insbesondere besteht auch kein Vorrang kommunaler Maßnahmen gegenüber zweckgerechten Maßnahmen der Vereine. Die jeweilige Gemeinde entscheidet selbst im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung über die Verwendung der Mittel der Sportpauschale für eigene Maßnahmen oder über deren vollständige oder teilweise Weitergabe an Vereine.

Ich teile Ihre Auffassung, dass in Kommunen mit genehmigtem HSK oder in der vorläufigen Haushaltswirtschaft die Weiterleitung der Mittel an Vereine nur dann in Betracht kommt, wenn die tatsächlichen Aufwendungen der Gemeinde für diesen Zweck geringer sind als die Mittel der Sportpauschale und wenn in künftigen Jahren keine größeren Maßnahmen im Sinne der Zweckbindung zu finanzieren sind, für die Mittel der Sportpauschale zweckgebunden in der allgemeinen Rücklage angespart werden sollen. Eine Gemeinde könnte in dieser Situation Mittel der Sportpauschale allerdings dann an Sportvereine weiterreichen, wenn sie auf eigene Maßnahmen in dem entsprechenden Umfang verzichtet.

Für die Weiterleitung der Mittel an Vereine gilt ebenso wie für die eigenen Maßnahmen, dass die entsprechenden Maßnahmen Bestandteil des Haushaltssicherungskonzeptes sein müssen bzw. den Vorgaben zu § 81 GO (Anmerkung: heute § 82 GO NRW) genügen müssen, d.h. insbesondere, dass sie in der Investitionsliste dargestellt sein müssen."

Weiterhin hat das Innenministerium in diesem Erlass klargestellt: „Wenn eine Gemeinde die Mittel der Sportpauschale ganz oder teilweise weder für eigene Maßnahmen im laufenden Haushaltsjahr noch für konkrete eigene Maßnahmen in künftigen Jahren benötigt, können die Mittel an Vereine weitergegeben werden. Einen Vorrang für das Ansparen nicht benötigter Mittel in der Rücklage halte ich nicht für begründet. Es ist Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung zu entscheiden, ob diese Mittel angespart oder an Vereine weitergeben werden sollen."

Ergänzend hat das Innenministerium in dem Erlass vom 6. August 2004 (Az.: 33-47.02.03 2280 (16)) ausgeführt: „Klarstellend weise ich darauf hin, dass auch für freiwillige Investitions- und Investitionsfördermaßnahmen in Kommunen mit vorläufiger Haushaltsführung meine „Hinweise für die kommunalaufsichtliche Behandlung von Kommunen ohne genehmigtes Haushaltssicherungskonzept" vom 04.06.2003 (Anmerkung: ersetzt durch Runderlass „Maßnahmen und Verfahren zur Haushaltsicherung" vom 6. März 2009) gelten.

Investitionsmaßnahmen von Sportvereinen können danach - bei entsprechender zustimmungsfähiger Einpassung in die kommunale Investitions-Prioritätenliste und im Rahmen genehmigter Kreditrahmen - auch in Gemeinden die dem Nothaushaltsrecht des § 81 GO NRW (heute: § 82 GO NRW) unterliegen, aus Mitteln der Sportpauschale bezuschusst werden.

Eine ggf. vorzunehmende Aufteilung der Mittel der Sportpauschale auf gemeindliche und vereinseigene Maßnahmen bedarf dabei immer der konkreten Bewertung der jeweiligen Einzelmaßnahme und ihrer Einpassung in das Gesamtkonzept der gemeindlichen Sportförderung. Bei der Abwägung sind die Grundsätze der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit unter Berücksichtigung der individuellen Finanzsituation auch im Hinblick auf mögliche Folgekosten angemessen zu würdigen.

So widerspricht bspw. eine vollständige Weitergabe der gesamten investiven Sportpauschale an Dritte bei gleichzeitiger Vernachlässigung von gesetzlichen Pflichtaufgaben, etwa durch unterlassene Verkehrssicherungsmaßnahmen an gemeindeeigenen Sportstätten der in den o. g. Hinweisen aus § 81 GO NRW (heute: § 82 GO NRW) abgeleiteten Rangfolge von Investitionsausgaben. Gesetzliche Verpflichtungen, aus denen sich der Zwang zum Handeln ergibt, sind in als vorrangig anzusehen.

In der Vorrangbildung orientiert an der Unabweisbarkeit kommt auch das Wirtschaftlichkeitsprinzip zum Tragen, da die Wirkungen für künftige Haushaltswirtschaft (Folgekosten) mit berücksichtigt werden.

Eine vollständige Weiterleitung der investiven Mittel der Sportpauschale an Dritte dürfte deshalb ausnahmsweise und nur unter den im Erlass dargelegten engen Voraussetzungen in Betracht kommen."

Eine pauschalierende Aussage des von den Fragestellern der Finanzverwaltung der Stadt Hagen zugeschriebenen Inhalts, „dass die Sportpauschale aufgrund eines Erlasses aus dem Jahr 2004 im Fall einer vorläufigen Haushaltsführung bzw. Haushaltssicherung nicht zur Auszahlung an Dritte - sprich Vereine mit vereinseigenen Anlagen - kommen" dürfe, lässt sich den zitierten Erlassregelungen nicht entnehmen.

Der Erlass des Innenministeriums vom 7. Januar 2009 an die Stadt Hagen nimmt lediglich auf den zitierten Runderlass vom 5. Juli 2004 Bezug, ohne selbst eine inhaltliche Regelung zu treffen.

Auf der Grundlage dieser Vorbemerkung beantworte ich die gestellten Fragen wie folgt: