Bildungsveranstaltungen

Deshalb ist allein dieses Gesetz und nicht auch das Weiterbildungsgesetz zu ändern, um den Verpflichtungen aus Art. 49 EG-Vertrag nachzukommen.

Nach geltendem Recht kann Arbeitnehmerweiterbildung allein für anerkannte Bildungsveranstaltungen in Anspruch genommen werden (§ 1 Abs. 1 und § 5 Abs. 5 AWbG). Dies gilt in einem doppelten Sinne: Sowohl die Veranstaltung selbst (§ 1 Abs. 2 bis 4, § 9 Abs. 2 und 3 AWbG) als auch der Veranstalter (§ 9 Abs. 1 AWbG) müssen anerkannt sein.

An diesen Grundsätzen hält der Gesetzentwurf fest. Er regelt aber die Anerkennung in einer Weise, die der Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union und den Einwänden der Kommission gerecht wird.

II. Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben am 12. Dezember 2006 die Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt erlassen (Abl. L 376/36 vom 27.12.2006). Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, der Richtlinie bis spätestens 28. Dezember 2009 nachzukommen.

Einzelbegründungen:

Zu Artikel 1:

Zu § 9 (Anerkannte Bildungsveranstaltungen):

Der gesamte Paragraph wird neu gefasst. Absatz 1 regelt, welche Voraussetzungen Bildungsveranstaltungen erfüllen müssen, um im Rahmen der Arbeitnehmerweiterbildung in Anspruch genommen werden zu können (vgl. § 5 Abs. 5 Satz 1 AWbG). Damit wird nicht jede einzelne Veranstaltung förmlich anerkannt. Absatz 2 bestimmt, welche Veranstaltungen nicht als Bildungsveranstaltungen im Sinne des Gesetzes gelten.

Zu Absatz 1 Satz 1 Nr. 1

Nummer 1 entspricht dem geltenden Recht. § 1 Abs. 2 bis 4 AWbG regelt die Grundsätze der Arbeitnehmerweiterbildung.

Zu Absatz 1 Satz 1 Nr. 2

Nummer 2 führt den bisherigen § 9 Abs. 1 AWbG modifiziert fort und verweist auf den neuen § 10 AWbG. Darin werden die Voraussetzungen bestimmt, unter denen Einrichtungen der Arbeitnehmerweiterbildung anerkannt werden.

Zu Absatz 1 Satz 1 Nr. 3

Die Vorschrift entspricht § 2 Abs. 4 WbG. Es ist ein Merkmal der Arbeitnehmerweiterbildung, dass sie allgemein für Arbeitnehmer zugänglich und nicht einem begrenzten Teilnehmerkreis vorbehalten ist.

Zu Absatz 1 Satz 1 Nr. 4

Die Vorschrift wird neu in das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz aufgenommen. Der Anspruch eines Arbeitnehmers, zur Teilnahme an einer Veranstaltung freigestellt zu werden, erstreckt sich auf den gesamten Arbeitstag. Ein Arbeitgeber kann erwarten, dass diese Zeit weit gehend der Teilnahme an einer Bildungsveranstaltung dient. Der Anspruch auf Freistellung umfasst allein die Zeit des Unterrichts. Zeiten für Anreise und Abreise gehen zu Lasten der Teilnehmer. Sie werden nicht auf die Unterrichtszeit angerechnet.

Bei einer mehrtägigen Bildungsveranstaltung ist die gesetzliche Vorgabe der Zahl der täglichen Unterrichtsstunden auch dann erfüllt, wenn die Mindestzahl an einzelnen Tagen unterschritten, dies aber durch Mehrstunden an anderen Tagen ausgeglichen wird. Damit kann eine Veranstaltung am Anreisetag später als an den übrigen Tagen beginnen und am Abreisetag früher enden.

Die Anerkennung als Bildungsveranstaltung ist - anders als im noch geltenden Recht (§ 9 Abs. 1 AWbG) - nicht mehr dadurch ausgeschlossen, dass sie der Gewinnerzielung dient.

Damit können auch kommerzielle Anbieter Veranstaltungen planen und durchführen.

Zu Absatz 1 Satz 2 Die Vorschrift entspricht dem bisherigen § 9 Abs. 1 AWbG. Wie bisher bleiben die Weiterbildung innerhalb eines einzelnen Betriebs oder einer einzelnen Dienststelle vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen.

Zu Absatz 1 Satz 3 Um die Nachhaltigkeit der Arbeitnehmerweiterbildung zu fördern, können Einrichtungen die Teilnahme an einer Veranstaltung von fachlichen Vorkenntnissen abhängig machen, zum Beispiel von bestimmten sprachlichen Kenntnissen und Fähigkeiten für die Teilnahme an einem Sprachkurs.

Zu Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 4

Die Nummern 1 bis 4 übernehmen das geltende Recht (§ 9 Abs. 2 sowie Abs. 3 Nr. 1

AWbG). Die bisherigen Vorschriften werden aus Gründen der Gesetzessystematik und Normenklarheit in einem Absatz zusammengefasst. Daher kann der bisherige § 9 Abs. 3 AWbG gestrichen werden.

Zu Absatz 2 Satz 1 Nr. 5

Die Neufassung ersetzt die bisherige Vorschrift über Veranstaltungen im Ausland (§ 9 Abs. 3 Nr. 2 AWbG). Die EU-Kommission hat bemängelt, abgesehen von den Niederlanden oder Belgien seien andere Regionen in der Europäischen Union ausgeschlossen. Dies sei nicht mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar. Der möglichst große Nutzen der Arbeitnehmerweiterbildung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sei auch erreichbar, wenn die Ortsgebundenheit einer Veranstaltung auf andere Weise geregelt werde.

Der Gesetzentwurf bestimmt als neues Kriterium eine Entfernung von höchstens 500 Kilometern Luftlinie vom Veranstaltungsort zur Landesgrenze von Nordrhein-Westfalen. Innerhalb dieser Entfernung liegen das gesamte Bundesgebiet sowie Belgien, Niederlande, Luxemburg und Teile Frankreichs, Polens, Tschechiens und Dänemarks. Da auch die Sitze des Europäischen Parlaments (Brüssel und Straßburg) innerhalb von 500 Kilometern ab der Landesgrenze von Nordrhein-Westfalen erreichbar sind, bedarf es nicht mehr der Privilegierung im heutigen § 9 Abs. 3 Nr. 2 AWbG.

Die Vorschrift stellt nicht auf den Sitz der Einrichtung der Arbeitnehmerweiterbildung ab, sondern auf den Ort der Veranstaltung, so dass alle Einrichtungen unabhängig von ihrem Sitz gleich behandelt werden.

Zu Absatz 2 Satz 2 Unverändert bleibt, dass es bei Veranstaltungen an Orten von Gedenkstätten oder an Gedächtnisorten, die der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus dienen, nicht auf die Entfernung ankommt.

Zu § 10 (Anerkannte Einrichtungen der Arbeitnehmerweiterbildung, Gütesiegel)

Wie schon nach dem geltenden Recht hängt nach dem Entwurf der Anspruch auf Freistellung von der Arbeit davon ab, dass der Veranstalter vom Land Nordhein-Westfalen anerkannt ist. Die EU-Kommission hat kritisiert, dieses Erfordernis lasse sich aus ihrer Sicht nicht rechtfertigen. Mit dem Gemeinschaftsrecht sei aber die Anerkennung von Zertifizierungen anderer Mitgliedstaaten oder die Anerkennung von Bildungseinrichtungen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union vereinbar. Durchaus denkbar wäre, eine Liste der automatisch anzuerkennenden Bildungseinrichtungen oder der Zertifizierungs- und Qualitätsregelungen zu erstellen und diese den betroffenen Unternehmen zur Verfügung zu stellen (begründete Stellungnahme vom 17. Oktober 2008, Seite 5 f.). Landtag und Landesregierung in Nordrhein-Westfalen teilen weiterhin die Überzeugung, dass sich alle Einrichtungen der Arbeitnehmerweiterbildung einer Prüfung ihrer Qualität unterziehen müssen. Dies geschieht künftig durch das gesetzlich vorgeschriebene anerkannte Gütesiegel. Hierbei kommen auch andere als nordrhein-westfälische Anbieter zum Zuge, wenn sie gleichwertige Gütesiegel nachweisen.