Fortbildung

Die Grundzüge des Konzeptes zur Bekämpfung der OK sind in den „Gemeinsamen Richtlinien der Justizminister/-senatoren und der Innenminister/-senatoren der Länder über die Zusammenarbeit bei der Verfolgung der Organisierten Kriminalität" beschrieben. Diese Richtlinien bestimmen u. a. die Bekämpfung der OK als zentrale Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden. Sie sind Grundlage einer engen Kooperation und abgestimmter Verfahrensabläufe zwischen Staatsanwaltschaft, Zoll, Polizei und anderen Stellen. Ziel dieses Bekämpfungsansatzes ist es, „in den Kernbereich der kriminellen Organisation einzudringen und die im Hintergrund agierenden hauptverantwortlichen Straftäter zu erkennen, zu überführen und zur Aburteilung zu bringen".

In Umsetzung dieses Konzeptes in NRW sind die von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder im Programm Innere Sicherheit, Fortschreibung 2008/2009, beschriebenen Grundsätze für eine erfolgreiche Bekämpfung der OK realisiert. Das Programm Innere Sicherheit formuliert hierzu: „Ziel der Strafverfolgungsbehörden bei der Bekämpfung der OK ist es, die Arbeitsweisen, Strukturen und Verflechtungen krimineller Organisationen aufzudecken, Drahtzieher, Hinterleute und Nutznießer beweiskräftig zu überführen, auf illegale Gewinne zuzugreifen und so den Organisationen die Basis für Legalisierung und Konsolidierung von Vermögen, Einfluss und Macht zu entziehen.

Die OK kann nur dann erfolgreich bekämpft werden, wenn es den Strafverfolgungsbehörden gelingt, neben der Aufklärung der einzelnen Straftaten die Organisationsstrukturen aufzuhellen und zu zerschlagen, die Schlüsselpersonen innerhalb eines kriminellen Geflechts zu überführen und die Erträge der Straftaten zu beschlagnahmen.

Hierfür kommt es insbesondere auf folgende Grundsätze an:

- Entwicklung vorbeugender Strategien sowie systematische und tiefgehende strategische und verfahrensbegleitende Analysen

- Einrichtung gemeinsamer Finanzermittlungsgruppen zwischen Polizei- und Finanzbehörden

- Konsequente Anwendung der Vermögensabschöpfung in jedem OK-Verfahren

- Weiterer Ausbau der internationalen Zusammenarbeit, insbesondere innerhalb der Europäischen Union

- Wirksamer Zeugen- und Opferschutz."

In NRW wurden die organisatorischen und institutionellen Voraussetzungen für eine effektive Bekämpfung der OK seit langem kontinuierlich ausgebaut.

- Die Zentralisierung der Bekämpfung der OK auf leistungsstarke Polizeibehörden (LKA, 16 Kriminalhauptstellen und das Polizeipräsidium Oberhausen) erlaubt die Bildung spezialisierter Fachdienststellen, ermöglicht eine hohe Qualifikation der Bediensteten durch spezifische, aufeinander aufbauende Fortbildungsmaßnahmen und schafft die organisatorischen und personellen Voraussetzungen für die Bearbeitung umfangreicher, lang dauernder Ermittlungsverfahren.

- Die Zahl der Dienststellen für die Bekämpfung der OK einschließlich ihrer Personalstärke wurde wiederholt deutlich angehoben, auch die Stärke der Dienststellen des LKA NRW. So wurden den Kriminalhauptstellen 489 Stellen zur Bekämpfung der OK zur Verfügung gestellt. Dieses Stellenpotential wird ergänzt durch die im LKA für die Bekämpfung von OK, Wirtschaftskriminalität, Korruption und Finanzermittlungen zuständigen Dienststellen in Stärke von aktuell 122 Stellen. Hinzu kommen in den Kriminalhauptstellen 189 Stellen für speziell fortgebildete Finanzermittler.

- Zusätzlich haben alle KPB sog. OK-Verbindungsbeamte bestimmt, die im Rahmen der Zuständigkeit ihrer KPB in engem Austausch mit den für die Bekämpfung der OK zuständigen Behörden nach § 2 der Verordnung über die Bestimmung von KPB zu Kriminalhauptstellen (KHStVO) stehen, um relevante Informationen umsetzen zu können.

- Die Arbeit der Spezialeinheiten wurde zielgerichtet auf die Unterstützung der Fachdienststellen zur Bekämpfung der Schwerstkriminalität ausgerichtet.

- Führung und Einsatz von Verdeckten Ermittlern, die Koordinierung des Einsatzes von Vertrauenspersonen und Scheinkäufern sowie der logistischen Unterstützung erfolgen seit vielen Jahren durch eine Fachdienststelle des LKA NRW. Sechs Kriminalhauptstellen sowie das LKA nehmen Aufgaben des Zeugenschutzes wahr.

- Seit 1992 werden Verdachtsanzeigen von Banken und Geldinstituten zentral beim LKA NRW bearbeitet. Seit 1998 arbeiten Polizei und Zoll in Gemeinsamen Finanzermittlungsgruppen effektiv zusammen. Damit werden wirksame Finanzermittlungen gewährleistet.

- Grundlage von Auswertung und Analyse im Bereich der Bekämpfung der OK ist ein landesweites Auswerte- und Analysekonzept („Intelligence"). Kern dieses Konzepts ist die systematisierte Auswertung und Analyse aller relevanten Informationen, um die Strukturen krimineller Organisationen in ihren personellen und funktionalen Bezügen erkennbar zu machen. Zu diesem Zweck unterhalten alle Kriminalhauptstellen Auswerte- und Analysestellen OK. Das LKA nimmt auf Landesebene eine zentrale Bündelungsaufgabe wahr. Innerhalb dieses Verbundes findet permanent und anlassbezogen ein strukturierter Informationsaustausch statt. Dieses Konzept für den Informationsaustausch zwischen den Dienststellen OK wurde 2007 vom BKA übernommen. Seitdem dient es ebenfalls als Forum für den Austausch zwischen den Ländern.

- Dieser auf die schnelle Verfügbarkeit von Informationen ausgerichtete Austausch wird in NRW durch eine Datenbankanwendung ergänzt, mit der relevante Informationen systematisiert erfasst und den OK bekämpfenden Dienststellen zur Verfügung gestellt werden.

- Konzepte des Landes NRW waren für die Polizeien von Bund und Ländern wiederholt richtungsweisend. NRW war Vorreiter für die Daten- und Berichtsstruktur der Lagebilder OK von Bund und Ländern. NRW hat als erstes Land ein Konzept für eine systematisierte Auswertung und Analyse der OK erstellt und durch Einrichtung von Auswerte- und Analysestellen OK (AStOK) in den Kriminalhauptstellen, beim Polizeipräsidium Oberhausen und beim LKA umgesetzt.

- Auf der Grundlage der Auswertungs- und Analyseergebnisse stimmt das LKA mit den Auswerte- und Analysestellen OK der Kriminalhauptstellen und des Polizeipräsidiums Oberhausen strategische Auswerte- und Analyseschwerpunkte ab, und zwar sowohl im Hinblick auf bestimmte Deliktsfelder als auch in Bezug auf bestimmte ethnische Gruppierungen. In diesem Rahmen waren auch die italienische OK und die Ndrangheta Auswerte- und Analysethema.

- Im Jahr 2009 hat die Polizei des Landes NRW zusätzlich die ermittlungsunterstützende Software „CASE NRW" landesweit eingeführt, um die Bearbeitung komplexer und umfangreicher Ermittlungsverfahren zu unterstützen. Diese Software ist bereits zur Unterstützung der Ermittlungen aus Anlass des sechsfachen Tötungsdelikts am 15.08.2007 in Duisburg mit Erfolg eingesetzt worden.

- Im Rahmen der Bekämpfung der OK schöpfen die Dienststellen des Landes ihre Befugnisse konsequent und verhältnismäßig aus, auch durch verdeckte Ermittlungen. Dazu zählen insbesondere die Überwachung der Telekommunikation, die längerfristige Observation, der Einsatz von Vertrauenspersonen und Verdeckten Ermittlern sowie Maßnahmen des Opfer- und Zeugenschutzes.

- Darüber hinaus stehen gesondert fortgebildete Beamte für die Datensicherung und Telekommunikationsüberwachung sowie betriebswirtschaftliche Fachkräfte zur Unterstützung der Ermittlungen zur Verfügung.

- Haushaltsmittel für die notwendige technische oder sonstige Ausstattung wurden und werden in beträchtlicher Höhe bereit gestellt.

Das zunehmend vernetzte sowie ressort- und behördenübergreifende Vorgehen wird zu Frage III. 7 erläutert.

4. Wie haben sich Dauer, Schwierigkeit und Komplexität der Ermittlungen im Bereich der Mafia-Kriminalität entwickelt?

Die Dauer der Ermittlungsverfahren der italienischen OK liegt im Zeitraum von 2004 bis 2008 bei durchschnittlich 19,84 Monaten und damit geringfügig über dem Durchschnittswert aller Verfahren der OK (19,52).

In den Verfahren aus dem Bereich der italienischen OK sind durchschnittlich 10,02 Ermittlungsbeamte der Polizei eingesetzt worden. Diese Zahl liegt deutlich über dem Durchschnitt der sonstigen Verfahren der OK (6,44).

Während die Dauer der Ermittlungsverfahren der italienischen OK im Fünf-Jahres-Vergleich einer deutlichen Schwankung unterliegt, ist die Anzahl der eingesetzten Ermittlungsbeamten der Polizei auf einem zuletzt leicht ansteigenden hohen Niveau geblieben (Abbildung).