Haftungssystem des Sparkassenrechts mit Gewährträgerhaftung

Haftung des Trägers für Verbindlichkeiten des öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts. Es dürfe keine Absichtserklärung oder Garantie geben, den Bestand des öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts sicherzustellen. Die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute sollen den gleichen Regeln für den Insolvenzfall wie private Kreditinstitute unterworfen werden, ihre Gläubiger somit in ihrer Position der privater Kreditinstitute gleichgestellt werden. Diese Grundsätze sollen unbeschadet der Möglichkeit des Trägers gelten, wirtschaftliche Unterstützung im Einklang mit den Beihilferegelungen des EG-Vertrages zu gewähren.

Die Verständigung sieht eine Übergangsregelung vor, die bis zum 18. Juli 2005 dauern wird und während derselben das System der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung aufrechterhalten bleiben kann.

Das Haftungssystem des Sparkassenrechts mit Gewährträgerhaftung und Anstaltslast wird durch das vorliegende Änderungsgesetz an die Inhalte dieser Verständigung mit der Europäischen Kommission vom 17. Juli 2001 nach Ablauf der vierjährigen Übergangsfrist angepasst werden. Die gewählten Gesetzesformulierungen entsprechen dem Ergebnis eines Abstimmungsprozesses der Länder mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband und Vertretern der obersten Sparkassenaufsichtsbehörden. Sie basieren weiter auf den Schlussfolgerungen, die Vertreter der Bundesregierung und einzelner Länder sowie der gemeinsam mit der Europäischen Kommission am 28. Februar 2002 über Anstaltslast und Gewährträgerhaftung gezogen haben.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1:

Zu Nummer 1:

Die Anpassung der Inhaltsübersicht ergibt sich aus den nachfolgenden Änderungen.

Zu Nummer 2:

Mit der Abschaffung der Gewährträgerhaftung als Rechtsinstitut wird zugleich der Begriff des Gewährträgers, der das Sparkassengesetz durchzieht, unzutreffend und ist durch einen anderen Begriff zu ersetzen. Hier wird die Formulierung Träger gewählt.

Zu Nummer 3:

Die Anstaltslast als Bestandteil des mit der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts bislang verbundenen Haftungssystems verpflichtet den Anstaltsträger nach derzeitiger Rechtslage, die wirtschaftliche Basis der Anstalt zu sichern und diese für die Dauer ihres Bestehens funktionsfähig zu erhalten. Eine Verpflichtung zur Fortführung der Anstalt ist damit nicht verbunden. Soweit die Anstaltslast nicht gesetzlich definiert ist, beruht sie auf einem ungeschriebenen Rechtsgrundsatz des allgemeinen deutschen Verwaltungsrechts.

Das durch Anstaltslast und Gewährträgerhaftung gekennzeichnete Haftungssystem wird von der Europäischen Kommission als eine mit dem EG-Vertrag nicht vereinbare Beihilfe angesehen, weil die Haftung des Trägers die Kreditwürdigkeit der öffentlich-rechtlichen Institute erhöhe und so ihre Finanzierungsbedingungen verbessere.

Die Bestimmung entspricht den Vorgaben aus der Verständigung vom 17. Juli 2001. Absatz 1 regelt die künftige Haftung für Verbindlichkeiten der Sparkasse. Danach haftet dessen gesamtes Vermögen. Eine weitergehende Haftung des Trägers speziell aus seiner Stellung als Träger der Sparkasse besteht nicht.

Absatz 2 umschreibt die Verbundenheit des Trägers mit der jeweiligen Sparkasse und normiert das Bekenntnis, die Aufgabenerfüllung der Sparkasse zu unterstützen. Auch die Gesellschafter einer privatrechtlichen Unternehmensform müssen ihr Verhalten am Unternehmenszweck, zu dessen Verfolgung die Gesellschaft gegründet worden ist und den der Gesellschafter zu fördern versprochen hat, orientieren. Zugleich wird allerdings klargestellt, dass hieraus kein Anspruch der Sparkasse oder eine Verpflichtung des Trägers folgt, die Sparkasse mit Kapital oder sonstigen Mitteln auszustatten. Dies bleibt vielmehr dem unternehmerischen Ermessen des Trägers überlassen. Möglich bleibt aber beispielsweise die Übernahme der Verpflichtung gegenüber anderen Trägern, sich an einer Kapitalerhöhung zu beteiligen.

Mittelzuführungen müssen im Einklang mit dem Europäischen Beihilferecht stehen. Danach haben sich Kapitalzuführungen des Trägers am Prinzip eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers zu orientieren. Das ist dann der Fall, wenn eine angemessene Eigenkapitalrendite oder Wertzuwachs normalerweise erwartet werden kann. Der Vergleichsmaßstab eines privaten Unternehmers bedeutet allerdings keine Orientierung an kurzfristigen Gewinnen, sondern umfasst nach der Rechtsprechung der europäischen Gerichte auch eine Ausrichtung im Sinne einer strukturellen Anlagepolitik und längerfristigen Gewinnerwartung oder einem Wertzuwachs des Beteiligungsunternehmens. Nur wenn eine Mittelzuführung Beihilfeelemente enthält, wird eine Notifizierung bei der Europäischen Kommission notwendig. Bei normalen Kapitalerhöhungen oder Einlagen im laufenden Geschäft wird dies regelmäßig zu verneinen sein. Letztlich ergeben sich die Kriterien für die Einordnung einer Maßnahme als Beihilfe und die Möglichkeiten und Grenzen für Beihilfen unmittelbar aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht und sind einer nationalen Regelung nicht zugänglich.

Unberührt bleibt die Möglichkeit, sich durch vertraglich übernommene zusätzliche Kapitalanlagen, etwa stille Beteiligungen, ergänzend mit Haftkapital an der Sparkasse zu beteiligen.

Zu Nummer 4:

Die vom DSGV ergänzend vorgeschlagenen Orientierungen zur künftigen Formulierung der Aufgabenstellung der Sparkassen sind bereits im Wesentlichen durch § 3 abgedeckt. Die gleichwohl vorgesehenen Änderungen, nämlich die Substitution von dem öffentlichen Auftrag durch der Aufgabe in Abs. 1, die Ergänzung um Wettbewerbserfordernisse in Abs. 2 Satz 2 sowie die Streichung des Satzes 3 in Abs. 2, Die Sparkassen fördern den Sparsinn und die Vermögensbildung breiter Bevölkerungsschichten, tragen den Orientierungen zusätzlich Rechnung und dienen gleichzeitig einer modernen Aufgabenformulierung.

Zu Nummer 5:

Es gilt das in der Begründung zu Nr. 2 Gesagte.

Zu Nummer 6:

Die Ermächtigung des Senators für Finanzen zum Erlass einer Rechtsverordnung wird angepasst an den Wegfall der Gewährträgerhaftung. Zur Sicherstellung der Aufgabenerfüllung gemäß § 3 können Regelungen zur Beschränkung des Geschäftsrisikos im Verordnungswege erlassen werden.

Zu Nummer 7:

Es gilt das in der Begründung zu Nr. 2 Gesagte.

Zu Nummer 8:

Die Bestimmung regelt das so genannte Grandfathering, durch das für bestimmte Verbindlichkeiten der Sparkassen - trotz des Wegfalls der Gewährträgerhaftung und der Ersetzung der Anstaltslast ab dem 19. Juli 2005 - eine fortgeltende Haftung der Gewährträger angeordnet wird.

Absatz 1 Satz 1 sieht die grundsätzliche Weiterhaftung der Träger für den Fall vor, dass die jeweilige Sparkasse ihre Gläubiger nicht befriedigt.

Absatz 1 Satz 2 regelt Haftungsausnahmen, die an die Laufzeit bestimmter vertraglicher (vereinbarter) Verbindlichkeiten anknüpfen. Für die bis zum 18. Juli 2001 vereinbarten Verbindlichkeiten gilt ein unbegrenzter Schutz. Für die in der Übergangszeit zwischen dem 19. Juli 2001 und dem 18. Juli 2005 vereinbarten Verbindlichkeiten wird auf deren Laufzeit bis längstens zum 31. Dezember 2015 abgestellt. Anleihen, deren ursprüngliche Laufzeit über das Jahr 2015 hinaus reicht, sind danach nicht in die Haftung einbezogen. Es reicht aus, dass die Verbindlichkeit zum jeweiligen Stichtag vereinbart ist. Hierfür genügt bei einem mehraktigen Entstehungstatbestand, wenn ein hinreichend konkreter und verpflichtender Begründungsakt erfolgt ist, ohne dass der Entstehungstatbestand der Forderung bereits vollständig abgeschlossen sein muss. Dies kann angenommen werden, wenn etwa bis zum 18. Juli 2001 das Geschäft nachweislich und verbindlich handelsmäßig kontrahiert wurde. Ein weiteres Beispiel sind zum Stichtag zugesagte Versorgungsanwartschaften.

Absatz 2 regelt das Verfahren bei Eintritt des Haftungsfalles für die bis zum 18. Juli 2005 vereinbarten Verbindlichkeiten. Danach stellt der Träger, wenn die Sparkasse bei Fälligkeit der Verbindlichkeit nicht leistet, ordnungsgemäß und schriftlich fest, dass die Gläubiger keine Befriedigung aus dem Vermögen der Sparkasse werden erhalten können. Die Regelung kodifiziert damit ein Prinzip, das auch bisher in einem konkreten Haftungsfall zur Anwendung gelangt wäre. Vernünftigerweise wird nämlich jeder Träger vor jeglicher Zahlung - sei es aus Anstaltslast oder Gewährträgerhaftung - prüfen und feststellen, ob eine Zahlungspflicht tatsächlich besteht. Die Feststellung gewährleistet in diesem Sinne, dass keine materiell unberechtigten Forderungen erfüllt werden und die Gewährträgerhaftung, ihrem Zweck entsprechend, dann zur Anwendung kommt, wenn die Sparkasse in eine entsprechende wirtschaftliche Situation gerät.

Die Feststellung erfolgt in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Nichterfüllung der Verbindlichkeit bei deren Fälligkeit. Die vorgesehene Feststellung kann deshalb umgehend erfolgen, weil der Träger der Sparkasse dank seiner Stellung und Vertretung in den Aufsichtsgremien wie auch durch regelmäßige Berichte über die wirtschaftliche Lage der Bank informiert ist und deren Vermögensstatus daher jederzeit gut beurteilen kann. Ausdrücklich keine Voraussetzung der Zahlung aus der Gewährträgerhaftung ist demgegenüber die vorherige Durchführung eines Insolvenz- oder sonstigen Vollstreckungsverfahrens oder eine Notifizierung bei der EU-Kommission.

Der Träger muss seiner Gewährträgerhaftung in unmittelbarem Anschluss an die Feststellung nachkommen (... umgehend nachkommen, sobald sie... festgestellt haben). Damit ist ein direkter zeitlicher Zusammenhang zwischen der Fälligkeit der Forderung und der Wahrnehmung der Gewährträgerhaftung im Sinne einer umgehenden Erfüllung hergestellt und somit Klarheit entsprechend den Erwartungen der Gläubiger und Kapitalmärkte geschaffen.

Absatz 3 Satz 1 erfasst die besondere Situation gestufter Haftungsverhältnisse.

Die durch die Vorschrift angestellte Gesamtbetrachtung dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, indem sie entsprechend den Erwartungen der Märkte eine Differenzierung zwischen direkten und abgeleiteten Haftungsverhältnissen vermeidet. Bei mehreren Trägern ist, entsprechend den bislang üblichen Regelungen, in Absatz 3 Satz 2 eine Haftung als Gesamtschuldner im Außenverhältnis und eine anteilige Haftung im Innenverhältnis vorgesehen.

Im Land Bremen besteht zurzeit kein Anwendungsfall für Absatz 3. Die Regelungen sind lediglich vorsorglich aufgenommen.

Zu Nummer 9:

Die erforderlichen Anpassungen der Sparkassensatzungen sind zum Tag des Inkrafttretens der gesetzlichen Vorschriften vorzunehmen.

Zu Artikel 2:

Die Insolvenzunfähigkeit von öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen und öffentlich-rechtlichen Bank- und Kreditinstitute einschließlich der Sparkassen, für die eine unbeschränkte Haftung einer Gebietskörperschaft als Gewährträger besteht, wird aufgehoben. Die EU hat die Insolvenzfähigkeit ausdrücklich gefordert. Mit Wegfall der Gewährträgerhaftung für öffentlich rechtliche Bankund Kreditinstitute wird die Insolvenzunfähigkeit für diese Institute obsolet. Öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen, für die die unbeschränkte Haftung einer Gebietskörperschaft als Gewährträger besteht, bestehen im Land Bremen seit 1984 nicht mehr.