Stellenreserven oder intelligente Vertretungssysteme an den Schulen von NRW zur Vermeidung von Unterrichtsausfall

Bis vor kurzem hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung auf seinem Bildungsportal Eltern, Lehrer/innen und Schüler dazu aufgerufen, Vorschläge für die Vermeidung von Unterrichtsausfall einzubringen. Mehrere hundert Vorschläge sollen gemacht worden sein, die nunmehr vom Ministerium mit einem erheblichen Arbeitsaufwand ausgewertet werden. Dabei sind erfolgreiche Modelle schon lange bekannt und werden unter anderen auch von der OECD publiziert.

Derweil bereitet derzeit die Landesregierung die angekündigte Wiedereinführung der Stellenreserve vor. Obwohl hinlänglich bekannt ist, dass Stellenreserven, die dem System dauerhaft zur Verfügung gestellt werden, anderweitig vom System absorbiert werden. Erfolgreiche Länder setzen deshalb auf andere Modelle.

In einer Pressemeldung vom Oktober 2005 gibt das Land Hessen bekannt, dass nach etlichen anderen Ansätzen zur Vermeidung von Unterrichtsausfall nunmehr den Schulen ein Vertretungsbudget zur Verfügung gestellt wird.

In Hessen erhalten die Schulen für jede unterrichtswirksame Vollzeit-Stelle einer Schule jeweils 1.000 zur Verfügung. Eine Schule mittlerer Größe erhält damit ein Vertretungsbudget von ca. 50.000. Die Zuweisung eines eigenständig zu bewirtschaftenden Vertretungsbudgets ist aus der Sicht der hessischen Landesregierung ein wichtiger und notwendiger Schritt, um die Schulen auf dem Weg zu mehr Eigenverantwortlichkeit gut auszustatten. „Die Schulen können über die Vergabe der Vertretungsmittel völlig selbständig entscheiden, Gestaltungsspielräume nutzen und flexibel auf die Bedürfnisse vor Ort reagieren". Langfristige Ver tretungen bei Ausfällen von über fünf Wochen werden weiterhin von den Staatlichen Schulämtern sichergestellt, die dazu entsprechende Mittel erhalten.

Damit geht Hessen einen neuen Weg, den andere erfolgreiche Länder dieser Welt schon länger beschritten haben. So gibt es in Finnland praktisch keinen Unterrichtsausfall, weil die Schulen über ein Vertretungsbudget verfügen, mit dem sie unmittelbar und eigenverantwortlich Vertretungslehrer/innen einstellen können. Jede Schule kann morgens entscheiden, ob und wie viele Personen angerufen werden, die bei Bedarf bereit sind, stunden- oder tageweise als Vertretungslehrer zur Verfügung zu stehen. Ihre Bezahlung regelt die Schule aus dem ihr zur Verfügung stehenden Budget.

Hessen hat in der vergangenen Legislaturperiode Erfahrungen mit unterschiedlichen Vertretungsmodellen erprobt. In Hessen sind zusätzliche Referendare eingestellt worden, die Mittel für Vertretungsunterricht erhöht worden und zusätzliche Stellen geschaffen worden. Trotzdem ist es nicht gelungen, den krankheitsbedingten Unterrichtsausfall zu verhindern. Nun geht Hessen einen neuen Weg. Die Schaffung einer Vertretungsreserve, so wie die Landesregierung sie für NRW angekündigt hat, gehört nicht zu den internationalen und nationalen Erfolgsmodellen bei der Strategie zur Vermeidung von Unterrichtsausfall.

Daher frage ich die Landesregierung:

1. Ist der Landesregierung das Modell „Vertretungsbudget für die Schulen in Hessen" bekannt und wie bewertet sie dieses Modell?

2. Ist für NRW beabsichtigt, wieder eine Stellenreserve einzuführen, wenn ja, für welche Schulformen und in welcher Höhe?

3. Sollen die Mittel für „Geld statt Stellen" in NRW zugunsten einer Stellenreserve gekürzt werden, wenn ja, in welchem Umfang?

4. Welche Möglichkeiten will die Landesregierung den selbstverantwortlichen oder eigenverantwortlichen Schulen zukünftig einräumen, ihren Unterrichtsausfall unmittelbar, flexibel und verantwortlich zu verhindern?

5. Wie will die Landesregierung dem krankheitsbedingten Unterrichtsausfall ab dem ersten Tag begegnen?

Antwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung vom 9. Januar 2006 namens der Landesregierung:

Zur Frage 1:

Das Modell "Vertretungsbudget für die Schulen in Hessen" ist der Landesregierung bekannt.

Eine hinreichende Bewertung ist zurzeit noch nicht möglich, weil entsprechende Auswertungen noch nicht vorliegen. Die Ministerien sind aber im Gespräch.

Zu den Fragen 2 bis 4:

Im Ministerium wird derzeit daran gearbeitet, den Schulen eine effektive Vertretungsreserve zur Verfügung zu stellen, damit möglichst unmittelbar, flexibel und verantwortlich Unterrichtsausfall verhindert werden kann.

Für die Grundschulen wird ab dem 01. August 2006 mit 900 Stellen eine solche Vertretungsreserve eingerichtet. Sie finanziert sich aus einem Teil der bisher nur für befristete Beschäftigungsverhältnisse eingebrachten Mittel. Darüber hinaus sind seitens der Schulen Vertretungskonzepte zu erstellen. Die im Bereich der Grund- und Hauptschulen u. a. auch zur Förderung von Basiskompetenzen zur Verfügung gestellten Stellen sind im Rahmen eines solchen schulischen Vertretungskonzeptes zu berücksichtigen.

Zur Frage 5:

Krankheitsbedingtem Unterrichtsausfall ab dem ersten Tag kann durch schulinterne Maßnahmen in Verbindung mit einer eingerichteten Vertretungsreserve begegnet werden.