Verunreinigtes Trinkwasser durch die Abdichtung von Trinkwasserleitungen mit Epoxidharzen und Bisphenol A

Eine schnelle und billige Variante für das Sanieren von Rohren ist die Verwendung von Epoxidharzen. Das Harz wird an die Innenwände der Rohre gespritzt, wo es aushärtet und die Rohre abdichtet.

Epoxidharze sind ein Endprodukt, das oft aus Bisphenol A (BPA) und Härtern auf Aminbasis besteht. Amine und BPA gelten als krebserregend. BPA ist ein chemischer Stoff mit ähnlicher Wirkung wie das weibliche Hormon Östrogen.

In einer Wohnsiedlung in Köln Weidenpesch kam es nach der Sanierung der Trinkwasserrohe mit dem rötlichen Epoxidharz zu Problemen. Die Mieterinnen und Mietern beklagten sich über rote Teilchen und üblen Geruch im Trinkwasser und in Folge das Auftreten von Durchfall und anderen Infektionen. Eine Wasserprobe ergab, dass das Wasser 2 Mikrogramm an "aromatischen Aminen" enthielt. Wasserproben des "Hygieneinstituts des Ruhrgebiets", die vom Vermieter in Auftrag gegeben wurden, ergaben, dass das Wasser der Trinkwasserordnung entspricht. Jedoch wurde den Bewohnerinnen und Bewohnern nur eine kurze Zusammenfassung der Analyseergebnisse vorgelegt.

In einer anderen Wohnanlage im Kölner Stadtteil Junkersdorf wurde eine Trinkwasserverunreinigung mit 280 Mikrogramm Bisphenol A festgestellt. Eine Zeit lang wurde es Bewohnerinnen und Bewohnern nahe gelegt, kein warmes Wasser zu trinken. Bislang ist das Gefahrenpotenzial nicht abschließend geklärt.

Der Vermieter beruft sich auf die Listung von Epoxidharzen in der Leitlinie des Bundesumweltamts. Die Anwendung von Epoxidharzen ist zwar vom Umweltbundesamt gestattet worden, bei der Leitlinie handelt es sich jedoch nicht um eine Rechtsnorm und ist damit unverbindlich. Um hygienische Sicherheit zu gewährleisten ist außerdem eine bestandene Prüfung der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) notwendig. Dr. Johann Wilhelm Erning von der Bundesanstalt für Materialforschung und ­prüfung, Berlin, Experte im Bereich der Rohrinnensanierung, hob hervor: "Bisher ist kein Verfahren bei der DVGW zugelassen worden. Daraus ergibt sich unmittelbar, dass eine Anwendung derartiger Verfahren ohne die notwendigen Zulassungen nicht empfohlen werden kann".

Auch wenn scheinbar keine lebensbedrohliche Gefahr durch Epoxidharze ausgeht, ist es für Bewohnerinnen und Bewohner nicht hinzunehmen, diese Stoffe im Trinkwasser zu dulden.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Für die Rohrinnensanierung von Trinkwasser-Installationen durch Epoxidharz oder andere Sanierungsverfahren gibt es keine Zulassungs- bzw. Genehmigungspflicht.

Der Beurteilung von Epoxidharzbeschichtungen im Kontakt mit Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasser) im Sinne von § 17 Abs. 1 der Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) dient die „Leitlinie zur hygienischen Beurteilung von Epoxidharzbeschichtungen im Kontakt mit Trinkwasser" des Umweltbundesamtes. Sie stellt jedoch keine Rechtsnorm dar.

Die Verwendung der Leitlinien als Beurteilungsgrundlage für den Einsatz von Epoxidharzen bietet sich aber insbesondere im Hinblick darauf an, dass die Leitlinien den derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik für die Bedingungen darstellt, unter denen Werkstoffe und Materialien aus Epoxidharzen für die Aufbereitung und Verteilung von Wasser für den menschlichen Gebrauch den Anforderungen des § 17 Abs. 1 TrinkwV 2001 entsprechen.

Das im Wohnpark Weidenpesch eingesetzte Epoxidharz (LSE-001 NA), entspricht den Anforderungen dieser Beschichtungsleitlinie des Umweltbundesamtes.

1. Ist der Landesregierung die Problematik in den Wohnanlagen Köln Weidenpesch und Junkersdorf bekannt?

Ja.

2. Wie bewertet die Landesregierung die beiden oben genannten Fälle?

a) Köln-Weidenpesch:

In der Wohnsiedlung in Köln-Weidenpesch sind nach der Rohrinnensanierung in einigen Wohnungen Partikel aufgetreten. Sie stellen aber nach Ansicht des Gesundheitsamtes und des Umweltbundesamtes keine Gesundheitsgefährdung dar.

Die Sanierung der Wohnsiedlung erfolgte in drei Sanierungsabschnitten. Um sicher zu stellen, dass die Epoxidharzbeschichtung keine negativen Veränderungen der Trinkwasserqualität verursacht, wurden mehrere Untersuchungen des Trinkwassers nach der Rohrinnensanierung durchgeführt. Die Anzahl der Proben, der Umfang der Untersuchungen sowie die Probenahmebedingungen wurden zwischen dem Hygiene-Institut des Ruhrgebietes und dem zuständigen Gesundheitsamt der Stadt Köln abgestimmt.

In einer Probe wurden primäre aromatische Amine in einer Konzentration von 2 µg/l nachgewiesen. Damit wird der in der Beschichtungsleitlinie des Umweltbundesamtes festgelegte DWPLL-Wert von 2 µg/l erreicht. Der DWPLL-Wert (Drinking Water Positiv List Limit) ist als der aus toxikologischer Sicht noch tolerierbare Konzentrationswert an der Entnahmestelle des Verbrauchers für das Trinkwasser zu verstehen.

Die Nachuntersuchung auf primäre aromatische Amine ergab keine nachweisbaren Konzentrationen dieser Substanzen. Der Nachweis von primären aromatischen Aminen im Trinkwasser wird überwiegend durch Elastomerwerkstoffe, wie z. B. Gummi verursacht. Hierzu zählen z. B. Dichtungen und Anschlussschläuche von Armaturen. Es ist davon auszugehen, dass die unterschiedlichen Ergebnisse der Beprobung auf den Austausch einer Armatur zwischen den Beprobungen (möglicherweise Dichtungen oder Anschlussschläuche) zurück zu führen sind.

Die Untersuchungen zeigten, dass die Grenzwerte und Anforderungen der Trinkwasserverordnung sowie der Beschichtungsleitlinie des Umweltbundesamtes eingehalten werden.

Nach zusammenfassender Bewertung aller erreichbaren und geschilderten Erkenntnisse gehen vom Trinkwasser im Wohnpark Weidenpesch keine gesundheitlichen Gefährdungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher aus.

b) Wohnanlage Köln-Junkersdorf:

In der Wohnanlage in Köln-Junkersdorf entspricht das Warmwasser nicht den Anforderungen der Trinkwasserverordnung.

Durch die vom zuständigen Gesundheitsamt der Stadt Köln angeordnete Nutzungseinschränkung wurde eine Gefährdung der Verbraucherinnen und Verbraucher abgewendet.

Das Objekt befindet sich weiterhin in der Überwachung des Gesundheitsamtes. Das Gesundheitsamt der Stadt Köln hat die notwendigen rechtlichen Schritte eingeleitet.

3. Gibt es weitere Fälle in Nordrhein-Westfalen, in denen es zu Problemen mit Epoxidharzen in Trinkwasserleitungen gekommen ist?

Der Landesregierung ist eine weitere Wasserversorgungsanlage im Kreis Recklinghausen bekannt, in der Epoxidharzbeschichtungen in Teilen eines Mehrfamilienhauses eingesetzt wurden. Die stichprobenartigen Überprüfungen der Trinkwasserqualität ergaben keine Beanstandungen im Zusammenhang mit der Aufbringung von Epoxidharzen.

4. Welche Handlungsoptionen hat die Landesregierung beziehungsweise welche Maßnahmen gedenkt sie zu ergreifen, um ähnlich gelagerte Fälle zu verhindern?

Maßnahmen, wie beispielsweise die Einbringung von Epoxidharz in Hausinstallationen, sind gem. § 13 Abs. 1 der TrinkwV 2001 dem für den Vollzug der TrinkwV 2001 zuständigen Gesundheitsamt anzuzeigen; einer Genehmigung bedürfen sie nicht. Die Anzeige dient dazu, das Gesundheitsamt von der geplanten Maßnahme in Kenntnis zu setzen. Mit der Anzeige wird lediglich die Mitteilung an die Behörde vorgenommen, auf sie erfolgt grundsätzlich kein gestattender Bescheid für ein geplantes Vorhaben. Das Gesundheitsamt kann die Durchfüh3 rung einer solchen Maßnahme auf Grundlage der TrinkwV 2001 grundsätzlich auch nicht verbieten, es sei denn, es wäre im Vorfeld nachweislich eine Gefahr für die menschliche Gesundheit zu befürchten.

Das Gesundheitsamt prüft und entscheidet pflichtgemäß - u. a. auf Grundlage der o. g. Leitlinie des Umweltbundesamtes - ob nach der Durchführung der Maßnahme zusätzliche Untersuchungen des Trinkwassers gem. § 20 TrinkwV 2001 zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zur Sicherstellung einer einwandfreien Beschaffenheit des Wassers für den menschlichen Gebrauch erforderlich sind.

Lediglich in besonderen Fällen kann das zuständige Gesundheitsamt die Eigenüberwachung anordnen bzw. kann es die Hausinstallation nach § 18 Abs. 1 Satz 2 TrinkwV 2001 in die behördliche Überwachung einbeziehen, sofern dies unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zur Sicherstellung einer einwandfreien Beschaffenheit des Wassers für den menschlichen Gebrauch erforderlich ist.

Die Verantwortung bei der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen trägt das durchführende Unternehmen.

5. Können Wasserversorger von Firmen, die Rohrsanierungen mit Epoxidharzen vornehmen, einen entsprechenden Qualifikationsnachweis einfordern und wenn ja wie und auf welcher Grundlage?

Wasserversorger können keinen Qualifikationsnachweis einfordern, da es hierfür keine Rechtsgrundlage gibt. Nach § 12 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) dürfen wesentliche Veränderungen an einer Trinkwasser-Installation jedoch nur durch das Wasserversorgungsunternehmen selber oder ein in ein Installateurverzeichnis eines Wasserversorgungsunternehmens eingetragenes Installationsunternehmen erfolgen.