Kinder und Jugendliche auf verbesserte Chancen

Die Landesregierung setzt in ihrer Politik für Kinder und Jugendliche auf verbesserte Chancen für eine erfolgreiche Gestaltung der Zukunft durch die Förderung von Bildung und Teilhabe. Dass dies mir Erfolg gelingt, wird durch eine Vielzahl von Antworten dieser Großen Anfrage eindrucksvoll belegt.

Darüber hinaus wird auf die Antworten zu den Fragen 264 und 266 verwiesen.

Welche Maßnahmen hat die Landesregierung umgesetzt, um Rechtsextremismus unter Jugendlichen nachhaltig und flächendeckend zu begegnen?

Rechts- und Linksextremismus sind gesellschaftliche und politische Erscheinungsformen, die in der Bildung und Erziehung junger Menschen keinen Platz haben dürfen. Die Bekämpfung extremistischen Verhaltens und Bewusstseins ist daher oberstes Ziel der Landesregierung.

Die mit diesem Ziel geführte Auseinandersetzung mit extremistischen Tendenzen ist ein hervorragendes Beispiel für eine überaus gelingende und bereichernde ressortübergreifende Kooperation. Diese ist getragen von der Überzeugung, dass gerade bei der Extremismusbekämpfung präventive und repressive staatliche Maßnahmen eng verzahnt ineinandergreifen müssen. Die Verfolgung und Erkenntnisgewinnung über Extremismus sind Grundlage der präventiven Arbeit, diese wiederum vermeidet sanktionswürdige Straftaten und unterstützt zum Beispiel mit individualpräventiven Ansätzen auch die Auseinandersetzung mit Tätern und Opfern.

Gerade die in den genannten Bereichen aktiven Ressorts der Landesregierung, das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration, das Ministerium für Schule und Weiterbildung und das Innenministerium als oberste Polizeibehörde und als Verfassungsschutzministerium, haben in den letzten Jahren ihre Maßnahmen eng aufeinander abgestimmt und verantworten eine Vielzahl von Projekten und Initiativen gemeinsam.

Die Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen schreiten konsequent gegen fremdenfeindliche, rassistische und antisemitische Straftaten ein und führen daneben auf der Grundlage spezieller Landes- und Bundeskonzepte eine Vielzahl von Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung entsprechender Straftaten durch. Der Verfassungsschutz unterstützt und begleitet die wichtige Arbeit der staatlichen Institutionen durch die Auswertung seiner Erkenntnisse im Zusammenhang mit extremistischen Gruppierungen und Institutionen sowie durch intensive öffentliche Aufklärungsarbeit.

Wichtiger Schwerpunkt in der Auseinandersetzung mit extremistischen Tendenzen ist auch der Unterricht, insbesondere zur politischen Bildung in allen Schulen und Schulformen Nordrhein-Westfalens.

Aufklärung und Information sind seit vielen Jahren wichtige Bausteine in den Angeboten der Landeszentrale für politische Bildung. Sie bietet Bücher und audiovisuelle Medien an, die sich gegen ein Erstarken extremistischer Organisationen und Ideologien richten. Diese grundlegenden Informationshilfen, die auch entsprechende Handlungsorientierungen beinhalten, regen zu konkretem zivilgesellschaftlichem Handeln gegen Extremismus, Rassismus und Gewalt an.

Angebote der Kinder- und Jugendarbeit und der insbesondere der Jugendsozialarbeit tragen ebenfalls wesentlich zur Bekämpfung extremistischer Tendenzen bei. All dies fördert eine gesellschaftliche Auseinandersetzung sowohl mit rechts- wie linksextremistischen Tendenzen sowie den entsprechend ausgerichteten politischen Systemen.

Diese Aufgabe können staatliche Einrichtungen aber nicht allein leisten: Staat und Zivilgesellschaft sind Partner. Die Förderung bürgerschaftlichen Engagements und die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Stellen ist für die Landesregierung ein Grundpfeiler in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus und anderen demokratiefeindlichen Strömungen. Wie Staat und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, lässt sich beispielhaft an der Unterstützung und Kooperation im Rahmen von Fanprojekten ablesen, die fremdenfeindlichen Haltungen unter Fußballfans entgegenwirken.

Auf Grundlage dieser funktionierenden Kooperation konnten in den letzten Jahren eine Vielzahl von Projekten durchgeführt werden, die immer auf aktuelle Ereignisse reagieren oder diese begleiten. Die Maßnahmen können aufgrund ihrer Vielzahl nur beispielhaft dargestellt werden:

Die Landesregierung handelte dabei gemeinsam mit den Jugendverbänden (z. B. in der Kampagne "schlauer statt rechts") und den lokalen Netzwerken der Kommunen.

Beispielhaft hierfür ist auch das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit (IDA NRW), das jährlich mit Mitteln aus dem Kinder- und Jugendförderplan gefördert wird. IDA NRW berät und informiert die Jugendverbände in Nordrhein-Westfalen, die sich mit Rechtsextremismus und Rassismus auseinandersetzen bzw. in der Antidiskriminierungsarbeit betätigen. IDA NRW führt zudem eigene Projekte zur interkulturellen und antirassistischen Arbeit durch und veröffentlicht Publikationen und Arbeitshilfen für Multiplikatoren der Jugend- und Bildungsarbeit.

Da es sich gezeigt hat, dass Familien oft die einzigen Ansprechpartner für Jugendliche sind, die bereits in die rechtsextremistische Szene gelangt sind, fördert IDA NRW die Vernetzung und Beratungsstrukturen in der Jugendhilfe sowie in Schulen und Betrieben für betroffene Familien. Die aus dem Kinder- und Jugendförderplan geförderte Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendschutz NRW (AJS NRW) ist beteiligt an der Bereitstellung von Kontakten für Ausstiegswillige aus der rechten Szene. Sie qualifiziert in diesem Kontext kommunale Ansprechpartner und kooperiert bei konkreten Anfragen mit diesen im Rahmen der Bekämpfung des Rechtsextremismus. Wege aufzuzeigen, Ausstiegswillige zu unterstützen ist auch Ziel der vom Innenministerium gemeinsam mit der Ruhr-Universität und der Arbeitsstelle Rechtextremismus und Gewalt veröffentlichten Handreichung „Ein- und Ausstiegsprozesse von Rechtsextremisten". In ihr werden Biografien rechtsextremistischer Aktivisten analysiert und Anstöße für die pädagogische Praxis gegeben.

Im Internet führt Jugendschutz.net umfassende Recherche- und Informationsaktivitäten durch. Sie trägt auch dafür Sorge, dass entsprechende Medieninhalte indiziert bzw. strafrechtlich verfolgt werden.

Zugänge zu Jugendlichen erfordern entsprechend konzipierte Medien. Beispielhaft hierfür sind die Comics „Andi" des Innenministeriums. Ende 2009 stellt das IM die dritte Ausgabe des Bildungscomics „Andi" vor. Nachdem die ersten beiden Ausgaben ­ „Tage wie dieser..." (2005), „Andis Freund Murat hat Stress (2007) ­ die rechtsextremistische und die islamistische Szene in den Blick genommen haben, klärt die dritte Folge „Voll die Randale" über linksextremistische Gruppierungen, ihre Ideologie und Strategien auf.

Die Landeszentrale für politische Bildung unterstützt im Bereich der Bekämpfung des Rechtsextremismus über verschiedene Veranstaltungsformate das ehrenamtliche bürgerschaftliche Engagement, um der Beeinträchtigung zivilgesellschaftlicher Strukturen durch Extremisten insgesamt gegenzusteuern. Konzeption und Durchführung der Veranstaltungen erfolgen vielfach in Kooperation mit dem Innenministerium, dem Schulministerium und jugendschutz.net. Die folgenden Gemeinschaftsprojekte sind beispielhaft für die zielgerichtete Akkumulation von Fachwissen und Zugängen zu Zielgruppen.

Dazu gehört das Veranstaltungsformat „Für Demokratie - gegen Rechtsextremismus. Präventionstage". Es geht darum, durch die "Präventionstage" Jugendliche und Multiplikatoren gegen den Versuch von Rechtsextremisten, junge Menschen für sich einzunehmen, zu sensibilisieren.

Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Seminarreihe "Argumente gegen Stammtischparolen". Sie richtet sich sowohl an Jugendliche aus der Jugendverbands- und Sportvereinsarbeit, wie beispielsweise Übungsleiterinnen und Übungsleiter, als auch an Studierende.

Das Seminar „Presse und Rechtsextremismus" folgte dem Ziel, Volontäre und Schülerzeitungsredakteure noch stärker für Demokratie und gegen Rechtsextremismus zu sensibilisieren.

Die Veranstaltungsreihe „Courage zeigen! Gegen Gewalt, Rassismus und Antisemitismus" ermutigt junge Menschen zu demokratischem Engagement und zu Zivilcourage. Sie vermittelt Wissen über Rechtsextremismus, fördert Empathie für kulturelle Vielfalt und Demokratie und setzt sich mit Fremdenfeindlichkeit und Rassismus auseinander.

Weil ein Teil der Jugendlichen kaum Erfahrung gesammelt hat, sich erfolgreich in gesellschaftliche Prozesse einzubringen, bietet der Jugendwettbewerb „Courage zeigen für Demokratie", seit 2005 die Möglichkeit, mit jungen Menschen hierüber zu diskutieren.

Auch Fortbildungsveranstaltungen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren bieten wichtige Ansätze zur Bekämpfung des Rechtsextremismus. Beispielhaft hierfür ist die, gemeinsam von Innen- und Schulministerium sowie jugendschutz.net konzipierte und durchgeführte Reihe „Erlebniswelt Rechtsextremismus". Die Reihe richtet sich an Fachleiterinnen und Fachleiter an Studienseminaren für das Lehramt. In drei jeweils dreitägigen Blöcken stärkt sie insbesondere die kritische Auseinandersetzung mit einem modernisierten und tendenziell professionalisierten Rechtsextremismus, wie er heute auf den Plan tritt.

Ein breites Repertoire an audiovisuellen Medien wie DVDs und Netzangeboten, die sich u.a. mit den Fragen "Wie sieht die rechte Szene heute aus?", "Woran erkennt man Rechtsextremisten, was sind ihre Symbole, ihr Dresscode?", "Welche Rolle spielen Frauen in der Szene?", "Bleiben Nazis immer Nazis - oder entwickeln sie sich weiter?", "Wer macht rechte Musik - und wozu wird sie genutzt?", "Wie kann man sich gegen rechte Parolen zur Wehr setzen?" und "Auf welche Theorien baut das Gedankengebäude der Rechten auf? beschäftigen, sind weitere wichtige Produkte. Hierzu liegt mittlerweile ein breites Repertoire vor, welches ständig erweitert wird und sich insbesondere an Jugendliche und Multiplikatoren richtet.

Das Angebot wird ergänzt durch Video-Podcasts zum Thema "Rechtsextremismus" aus der Reihe "Moritz und die digitale Welt": Fünf Folgen des Medienkompetenz-Video-Podcasts "Moritz und die digitale Welt" widmen sich den Aktivitäten und Absichten von Rechtsextremisten im Internet - und möglicher Gegenwehr. In den Podcasts nehmen diese Expertinnen und Experten Stellung: Thomas Pfeiffer, Verfassungsschützer, Till Kreutzer, Rechtsanwalt, und Rabea Hassemer, Jugendschützerin.

Die projektorientierte Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus ist ein weiterer Schwerpunkt der Landesregierung.