Beschädigung durch illegales Graffiti im öffentlichen Raum

Auf Initiative des Landes Baden-Württemberg hat der Bundesrat im November 2001 den Entwurf eines Graffiti-Bekämpfungsgesetzes beschlossen, welches nun in den Bundestag eingebracht wird. Der bisherige Tatbestand der Sachbeschädigung wird im Entwurf auch auf die widerrechtliche und nicht unerhebliche Veränderung des Erscheinungsbildes einer Sache ausgedehnt. Der nunmehr eingebrachte Gesetzesentwurf soll den Nachweis einer Beschädigung vereinfachen.

Deshalb fragen wir den Senat:

1. Welche Maßnahmen werden in Bremen und Bremerhaven ergriffen, um Beschädigungen durch Sprayer im öffentlichen Raum zu verhindern, und welche Maßnahmen ergreift die Polizei in Bremen und Bremerhaven, um Tatverdächtige zu ermitteln? Welche Täterprofile sind hierbei erkennbar oder werden vermutet?

2. Wie viele Tatverdächtige konnten im Jahre 2000 und 2001 im Land Bremen ermittelt werden, und wie viele dieser Tatverdächtigen sind im Strafverfahren verurteilt worden?

3. In welcher Höhe sind in den letzten beiden Jahren die entstandenen Kosten der Entfernung von Graffiti durch die Verursacher beglichen worden?

4. Welche Maßnahmen hält der Senat über die in 1. abgefragten Maßnahmen für erforderlich, um sowohl präventiv als auch repressiv noch effizienter gegen Graffiti vorzugehen?

5. Wo und durch welche Institutionen wird legales Graffiti im Land Bremen gefördert, und wie ist die Resonanz auf dieses Angebot?

Die o. a. Anfrage beantwortet der Senat wie folgt:

Das Strafgesetzbuch behandelt Farbvandalismus als Sachbeschädigung, wenn es zu einer Substanzverletzung gekommen ist. Um die teilweise noch bestehende Rechtsunsicherheit bei der strafrechtlichen Ahndung der als Graffiti bezeichneten Bemalungen, Beschmutzungen und Verunstaltungen von Gegenständen und Bauwerken, die gegen den Willen der Eigentümer angebracht wurden, zu beseitigen, hat der Bundesrat mit Zustimmung Bremens am 30. November 2001 die Einbringung der Vorlage eines Graffitibekämpfungsgesetzes in den Bundestag beschlossen. Mit der Ergänzung der Sachbeschädigungstatbestände soll zukünftig bereits das durch den Eigentümer gewählte äußere Erscheinungsbild seiner Sache strafrechtlich geschützt werden, unabhängig von dem Vorliegen einer Substanzverletzung.

Zu Frage 1.: Welche Maßnahmen werden in Bremen und Bremerhaven ergriffen, um Beschädigungen durch Sprayer im öffentlichen Raum zu verhindern, und welche Maßnahmen ergreift die Polizei in Bremen und Bremerhaven, um Tatverdächtige zu ermitteln? Welche Täterprofile sind hierbei erkennbar oder werden vermutet?

Die Entwicklung des Kriminalitätsphänomens Graffiti hat aufgezeigt, dass es sich beim Farbvandalismus nicht um ein temporäres Problem handelt. Deshalb wurde die von der Polizei Bremen am 1. August 1997 gegründete Ermittlungsgruppe Graffiti in eine feste Organisationseinheit überführt. Seitdem existiert der Abschnitt Farbvandalismus, in dem die Sachbearbeitung der mit dieser Thematik zusammenhängenden Ermittlungsvorgänge zentral für die Stadtgemeinde Bremen vorgenommen wird. Operative und präventive Maßnahmen anderer Polizeidienststellen werden mit den Mitarbeitern des Abschnitts Farbvandalismus abgestimmt. Darüber hinaus dient er als zentrale Auskunftsstelle.

Analog hierzu hat die Ortspolizeibehörde Bremerhaven bereits 1996 die Sondergruppe Graffiti für eine zentrale Bekämpfung dieser Deliktsart gegründet.

Die Polizei Bremen und die Ortspolizeibehörde Bremerhaven zielen mit ihrer Strategie zur Bekämpfung der Sachbeschädigung durch Graffiti darauf ab, das durch die Verunstaltung und Beschädigung von privaten und öffentlichen Gebäuden beeinträchtigte Sicherheitsgefühl der Bremer und Bremerhavener Bürger zu verbessern, eine effektive Strafverfolgung zu betreiben und Farbvandalismus durch Prävention zu verhindern, indem z. B. Kontaktbeamte in den Schulen über Farbvandalismus referieren und diskutieren.

Die Täter sind in den meisten Fällen jugendlich. Für schnell anzubringende Tags (Signum des jeweiligen Sprayers) wählen sie Tatorte überall dort, wo sie sich gerade aufhalten (Nachbarschaft, Schule, Schulweg etc.). Für aufwendige Graffiti werden bessere Tatgelegenheiten insbesondere unter Berücksichtigung der Aspekte Wandflächengröße und Erkennbarkeit von der Straße gewählt.

Es existieren szenespezifische Ehrenregeln. Kein Sprayer darf bei der Polizei über einen anderen Sprayer aussagen und fremde Graffiti/Tags dürfen nicht übersprüht werden. Sprayer streben nach Bekanntheit und Ansehen innerhalb der Szene.

Der Bekanntheitsgrad und die Anerkennung muss quasi ersprüht werden, wobei das unerlaubte Besprayen von Gebäuden, Schulen, Stromkästen, Eisenbahnen von den Aktivisten als Kick beschrieben wird, der bei einem erlaubten Sprayen von dafür freigegebenen Wänden nicht erzielt wird. In den meisten Fällen wird von den Sprayern der Nervenkitzel angestrebt, der durch die Graffitiaktion an einem verbotenen Ort, verbunden mit der Gefahr der Entdekkung durch die Polizei, entsteht.

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist das legale Besprayen von angebotenen Flächen für die Szenemitglieder weitestgehend uninteressant und zeigt deshalb als Präventionsmaßnahme nur eingeschränkt Wirkung.

Zu Frage 2.: Wie viele Tatverdächtige konnten im Jahre 2000 und 2001 im Land Bremen ermittelt werden, und wie viele dieser Tatverdächtigen sind im Strafverfahren verurteilt worden?

Für das Land Bremen weist das Informationssystem Anzeigen der Polizei (ISA) 97 ermittelte Tatverdächtige für das Jahr 2000 und 124 ermittelte Tatverdächtige für das Jahr 2001 im Zusammenhang mit Sachbeschädigung durch Graffiti aus.

Die Zahl der rechtskräftigen Verurteilungen von Tatverdächtigen wegen Farbvandalismus wird nicht erhoben, weil die nach bundeseinheitlichen Kriterien geführte Strafverfolgungsstatistik das Merkmal Graffiti bzw. Farbvandalismus nicht kennt.

Zu Frage 3.: In welcher Höhe sind in den letzten beiden Jahren die entstandenen Kosten der Entfernung von Graffiti durch die Verursacher beglichen worden?

Durch den Täter-Opfer-Ausgleich wurden im Jahr 2000 15 Fälle und im Jahr 2001

elf Fälle der Sachbeschädigung durch Graffiti behandelt. Über die Gesamtsumme der Schadensersatzleistungen durch die Verursacher liegen keine Daten vor.

Zu Frage 4.: Welche Maßnahmen hält der Senat über die in 1. abgefragten Maßnahmen für erforderlich, um sowohl präventiv als auch repressiv noch effizienter gegen Graffiti vorzugehen?

Das Beschmieren oder Bemalen von Wänden ohne die Einwilligung des Eigentümers ist Farbvandalismus. Die Eigentümer sind hier vor den oft erheblichen Schäden zu schützen. Eine Diskussion über Sinn oder Unsinn von Graffiti darf nicht zur Tolerierung oder Bagatellisierung von Sachbeschädigungen durch Farbvandalismus führen.

Eine weitere Notwendigkeit besteht darin, den in der Regel jugendlichen Tätern das Unrechtsbewusstsein zu vermitteln und sie damit vor Strafe, aber auch vor hohen finanziellen Schadensersatzforderungen zu bewahren.

Bei jugendlichen Straftätern ist der individualpräventive Erziehungsgedanke des Jugendstrafrechtes leitendes Prinzip, das als vorrangige Reaktion entsprechende Erziehungsmaßregeln vorsieht. Dies setzt eine schnelle und konsequente justitielle Reaktion, insbesondere durch Anwendung des vereinfachten Jugendverfahrens sowie mit Auflagen in Form des Täter-Opfer-Ausgleichs voraus.

Eine kurzfristige Beseitigung der Graffiti ist erforderlich, um Anreize für weitere Taten sowie das auf einer langfristigen Erkennbarkeit beruhende Erfolgserlebnis für den Sprayer zu minimieren. Diese Beseitigung an insbesondere öffentlichen Gebäuden wird u. a. im Rahmen der Aktion Saubere Stadt durchgeführt.

Zu Frage 5.: Wo und durch welche Institutionen wird legales Graffiti im Land Bremen gefördert, und wie ist die Resonanz auf dieses Angebot?

Folgende Institutionen fördern mit verschiedenen Ansätzen legales Graffiti:

- Bürgerhäuser,

- Schlachthof e. V.,

- Lagerhaus e. V.,

- Freie Kunstschule in Zusammenarbeit mit privaten Firmen und Hauseigentümern.

Eine legale Herstellung von Graffiti wird in Projekten und Veranstaltungen auf der lokalen Ebene der Kultur- und Veranstaltungsszene angeboten. Die Veranstaltungen werden von den lokalen Einrichtungen selbständig geplant und finanziert.

Auf diesen Veranstaltungen wird den jungen Menschen in der Möglichkeit des Besprühens einer freien Fläche ein Podium zur Eigendarstellung gegeben. Dieses Angebot beinhaltet auch die Intention, den Sprayern eine Alternative zu der illegalen Graffitiherstellung anzubieten. So führt z. B. der Kulturbahnhof Vegesack regelmäßig das Jugendprojekt Respect zusammen mit jungen Graffiti-Sprayern durch. Dieses Projekt wird u. a. auch über finanziert. In Schwachhausen wurden mit Hilfe öffentlicher Stellen im Rahmen einer Aktion 17 Garagentore von Sprayern legal besprüht.