Was hat Vorrang: „Rein-Raus-Blumenstrauß" oder Facharbeit?

Die nach ihren Behauptungen neuen und zusätzlich geschaffenen Stellen ordnet die Landesregierung mal der Unterrichtsversorgung, mal dem Vertretungsunterricht, mal der individuellen Förderung, mal Kombinationen dieser Zweckbindungen zu. Fragen, wie viele Stellen denn nun welchem Zweck zuzurechnen sind, will oder kann die Landesregierung nicht beantworten. Das gilt auch für die Frage, in welchem Bereich denn diese Stellen nun konkret eingesetzt sind.

Die Landesregierung kann oder will auch nicht die Frage beantworten, wie viele Stellen über die jeweils ausgeschriebenen Lehrerstellen hinaus im Land unbesetzt sind.

Auch auf die Frage, welchen Erfolg denn der persönliche Appell der Ministerin für Schule und Weiterbildung (MSW) an die teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte hatte, den Beschäftigungsumfang wegen des immens hohen Unterrichtsausfalles zu erhöhen, gibt die Landesregierung keine Antwort. Das gleiche gilt für die Frage, wie viele Stellen denn nun durch diesen Appell der Landesregierung besetzt worden sind. Auch hier will oder kann die Landesregierung nicht antworten.

Verkauft das (MSW) öffentlichkeits- und pressewirksam, dass 250 Landesbeschäftigte als Lehrpersonal in den Schuldienst wechseln werden, um das drängende Problem des Unterrichtsausfalles zu minimieren, zeigt sich erst auf Nachfrage, dass dieses Ziel mit nur 78 übernommenen Beschäftigten überdeutlich verfehlt wird.

Macht das MSW - natürlich wieder begleitet von Presse und Öffentlichkeitsarbeit - darauf aufmerksam, das sog. „Sprintstudium" sei als ein geeignetes Instrument zur Reduzierung des immensen Unterrichtsausfalles initiiert worden, schweigt es in der Folge über das Ergebnis seiner Bemühungen, muss dann aber wieder auf Nachfrage zugeben, nur eine kaum erwähnenswerte Zahl von Interessenten hierfür gewonnen zu haben.

Schreibt das MSW ebenfalls öffentlichkeits- und pressewirksam für alle rund 7000 Schulen einen Wettbewerb „Einfach Schule" zur Verwaltungsvereinfachung und zum Bürokratieabbau aus, wird die Öffentlichkeit ebenfalls nur auf Nachfrage über die verschwindend geringe Beteiligung von 50 Schulen informiert.

Diese Beispiele veranschaulichen den vielfachen „Showcharakter" der MSW-Maßnahmen.

Dazu passt, dass öffentliche Auftritte der Ministerin schon längst mit dem Slogan „ReinRaus-Blumenstrauß" klassifiziert werden.

Jedenfalls zeigen z. B. die Nichtantworten der Landesregierung auf mehrere Kleine Anfragen, dass sich häufig hinter behaupteten Maßnahmen und Aktivitäten des MSW wenig Konkretes verbirgt. Was ihm unangenehm ist, behandelt das MSW dilatorisch.

Das gilt offenbar auch für den Jahresbericht des Landesrechnungshofs (LRH) für 2007.

Der LRH hatte wegen seiner Feststellungen an Gymnasien empfohlen, verbindliche Regelungen zu treffen, ob und inwieweit aus den unterschiedlichsten Gründen nicht erteilte Lehrerpflichtstunden nachzuholen sind und für jede Lehrkraft nachprüfbar festzuhalten, ob das persönliche Pflichtstunden-Soll im Schuljahr erfüllt wurde.

Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen stimmte der Ausschuss für Haushaltskontrolle mit dem LRH überein, dass nicht erteilte, im Rahmen der geltenden Regelungen aber weiter geschuldete Pflichtstunden nachgeholt werden und nicht ersatzlos entfallen sollten.

Daraufhin kündigte das MSW im Januar 2008 (!) die programmtechnische Unterstützung für die Führung eines (Jahres-) Pflichtstundenkontos für Lehrerinnen und Lehrer an. Als frühester möglicher Einführungstermin wurde auf den Beginn des Schuljahres 2008/2009 verwiesen. Darauf warten die Schulen ­ und der LRH ­ allerdings bis heute. Nach dem Ergebnisbericht des LRH 2009 steht auch seit August 2008 eine erbetene ergänzende Stellungnahme des MSW noch aus.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Der unsachliche Titel der Kleinen Anfrage wird zurückgewiesen, ebenso die unzutreffende Behauptung des Fragestellers, die Landesregierung habe mehrere Kleine Anfragen nicht beantwortet. Diese Aussage ist nachweislich falsch. Jede Kleine Anfrage wurde beantwortet.

Die vom Fragesteller in der Vorbemerkung erwähnten Projekte der Landesregierung stellen eine Auswahl aus einer Vielfalt von Aktivitäten der Landesregierung zur Verbesserung der Situation an den Schulen in Nordrhein-Westfalen dar. Viele dieser Aktivitäten waren und sind darauf gerichtet, zusätzliche qualifizierte Lehrkräfte zu gewinnen. Dies war und ist notwendig, da einerseits von der jetzigen Landesregierung 8.124 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen wurden und andererseits in der Zeit der Vorgängerregierung zu wenig für die Ausbildung von zukünftigen Lehrkräften getan wurde. Die vom Fragesteller nun negativ bewertete Pressebegleitung dieser Projekte diente der Bekanntmachung dieser Projekte und damit der Werbung von qualifizierten Lehrkräften. Dass vor dem Hintergrund der Versäumnisse der Vorgängerregierung auf diesem Gebiet und des enormen Einstellungsbedarfs durch neue Lehrerstellen nicht alle diese Projekte die gleiche quantitative Bedeutung erlangt haben, mag der Fragesteller bedauern. Aus Sicht der Landesregierung dient jede von den Eigenverantwortlichen Schulen zusätzlich eingestellte Lehrerin und jeder zusätzlich eingestellte Lehrer der Bildung und Erziehung unserer Kinder.

Zu den einzelnen vom Fragesteller in der Vorbemerkung vorgetragenen Behauptungen hat die Landesregierung schon häufiger Stellung bezogen.

So wurde die genaue Verwendung der von der Landesregierung zusätzlichen geschaffenen 8.124 Lehrerstellen dem Landtag und auch dem Fragesteller mehrfach zur Verfügung gestellt und erläutert (u.a. Erläuterungsband zum Haushaltsentwurf 2010 als Vorl. 14/2806, S. 24, Ausschussprotokoll 14/944 mit Vortragsfolien, Vorl. 14/2830).

Über die Zahl der unbesetzten Lehrerstellen hat die Landesregierung ebenfalls umfassend informiert. So waren im November 2009 landesweit lediglich 350 Lehrerstellen frei und besetzbar (vgl. Ausschussprotokoll 14/986 vom 11.11.2009).

Der Erfolg des Appells an die teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte, ihren Beschäftigungsumfang zu erhöhen, lässt sich naturgemäß nicht beziffern. Diese Art von Motivation der Beschäftigten wird bei Anträgen auf eine Beschäftigungsausweitung nicht erhoben.

Die Landesregierung hat ankündigt, dass bis zu 250 Landesbedienstete aus anderen Verwaltungsbereichen als Lehrerinnen und Lehrer in den Schuldienst wechseln können und für dieses Vorhaben geworben. Erfreulich ist, dass nunmehr 83 Lehrkräfte im Schuldienst unterrichten, die ohne dieses Programm nicht für den Unterricht zur Verfügung stünden.

Die Einrichtung des Sprintstudiums ist ein Erfolg. Bislang haben 73 Sprintstudentinnen und Sprintstudenten ihre zusätzliche Ausbildung erfolgreich beendet und unterrichten nun in den Fächern Mathematik, Informatik, Physik, Kunst oder Latein.

Zu den Ergebnissen des Wettbewerbs „Einfach Schule", insbesondere zur zeitnahen Information der Öffentlichkeit über die Preisverleihung ist erstmals am 27. November 2009, also einen Tag nach der Preisverleihung, im Bildungsportal berichtet worden. Zudem sind die von der Jury ausgezeichneten Vorschläge als Beispiele guter Praxis ebenfalls dort (www.schulministerium.nrw.de, Rubrik: Lehrerinnen und Lehrer / Wettbewerbe und Aktionen) dokumentiert. Ferner ist in der Januar-Ausgabe von Schule NRW ein Beitrag des Vorsitzenden der Jury erschienen. Die Landesregierung hat demnach umfassend und unverzüglich über das Wettbewerbsergebnis unterrichtet.

Im Zusammenhang mit der Prüfung des Landesrechnungshofs (LRH) der Lehrerressourcen an Gymnasien wird im Rahmen der konkret gestellten Fragen auch auf die in der Vorbemerkung zu diesem Thema enthaltenen Behauptungen eingegangen.

1. Wie beurteilt das MSW sein Verhalten gegenüber dem LRH, angekündigte Maßnahmen nicht zu realisieren und den LRH eineinhalb Jahre auf eine Stellungnahme warten zu lassen?

2. Wie rechtfertigt das MSW sein Verhalten?