Zuständigkeit der Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten

Gleichstellungsbeauftragte sind verfassungsrechtlich legitimierte Instanzen zur Herstellung der Gleichberechtigung von Mann und Frau. In der Konkretisierung dieses Verfassungsgebots auf Landesebene gibt die Landesgemeindeordnung Nordrhein-Westfalens hier lediglich Rahmenbedingungen vor und legt in § 5 fest, dass die Gleichstellungsbeauftragte in Angelegenheiten, die ihren Aufgabenbereich berühren, den Beschlussvorlagen des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin widersprechen kann. In diesem Fall hat der Bürgermeister/die Bürgermeisterin den Rat zu Beginn der Beratung auf den Widerspruch und seine wesentlichen Gründe hinzuweisen.

Weiterhin wird festgelegt, dass Gleichstellungsbeauftragte in Gemeinden und kreisangehörigen Städten mit über 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern hauptamtlich tätig sind.

In der Hauptsatzung der Gemeinde Wachtberg aus dem Jahr 2000 wird festgelegt, dass die Gleichstellungsbeauftragte vom Rat bestellt wird. Nach der Neukonstituierung des Rats nach der letzten Kommunalwahl im vergangenen Jahr hat der örtliche Bürgermeister mit dem Hinweis auf die hauptamtliche Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten jedoch beanstandet, er habe die Personalhoheit über diese.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Der Anfrage liegt nach Angaben der Gemeinde Wachtberg folgender Sachverhalt zugrunde: § 4 Absatz 1 der Hauptsatzung der Gemeinde Wachtberg in der Fassung vom 29.03. enthielt folgende Regelung: „Der Gemeinderat bestellt eine hauptamtlich tätige Gleichstellungsbeauftragte."

Im Rahmen einer beabsichtigten Novellierung von § 4 der Hauptsatzung hat dem Rat anlässlich seiner Sitzung am 17.12.2009 folgende Neufassung des Absatzes 1 Satz 1 zur Beschlussfassung vorgelegen: „Der Bürgermeister bestellt eine hauptamtlich tätige Gleichstellungsbeauftragte."

Diese Satzungsformulierung basiert auf der vom Städte- und Gemeindebund vorgeschlagenen Mustersatzung. Diesen Satzungsentwurf hat der Rat durch Beschluss mehrheitlich zurückgewiesen.

Der Bürgermeister hat den Beschluss gemäß § 54 Absatz 2 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) förmlich beanstandet. Die Beanstandung ist dem Rat zum Haupt- und Finanzausschuss am 17.12.2009 mit der Begründung vorgelegt worden, die Bestellung einer hauptamtlich tätigen Gleichstellungsbeauftragten habe durch den Bürgermeister zu erfolgen. § 4 Absatz 1 der Hauptsatzung in der Fassung vom 29.03.2000 sei nicht rechtmäßig.

Der Rat der Gemeinde Wachtberg hat nach Vorberatung im Haupt- und Finanzausschuss am 17.12.2009 in seiner Sitzung am 07.01.2010 die Beanstandung des Bürgermeisters zurückgewiesen. Der Bürgermeister hat daher gemäß § 54 Absatz 2 Satz 4 GO die Entscheidung der Aufsichtsbehörde eingeholt. Die Kommunalaufsicht des Rhein-Sieg-Kreises hat mit Verfügung vom 27.01.2010 den Beschluss des Rates aufgehoben, da § 4 Absatz 1 der Hauptsatzung der Gemeinde Wachtberg nicht dem geltenden Recht entspreche.

Die Kommunalaufsicht des Rhein-Sieg-Kreises hat dies wie folgt begründet (Begründung in Auszügen): „In Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern sind hauptamtlich tätige Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. Weder das Landesgleichstellungsgesetz noch die Gemeindeordnung NRW enthalten spezielle Regelungen über die Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten bzw. über deren Abberufung...... In Ermangelung konkreter Regelungen für die Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten gelten daher die allgemeinen Grundsätze der Gemeindeordnung in Personalangelegenheiten.

Dem Bürgermeister unterfällt danach gemäß § 62 Absatz 1 GO NRW die Zuständigkeit für die Geschäftsverteilung in der Gemeindeverwaltung (gegebenenfalls unter Mitwirkung des Verwaltungsvorstands gemäß § 70 Absatz 2 GO NRW). Der Hauptverwaltungsbeamte ist Dienstvorgesetzter der Bediensteten der Gemeinde und damit auch der Gleichstellungsbeauftragten (§ 73 Nr. 2 GO NRW). Ihm obliegt danach im Hinblick auf seine organisatorischen Befugnisse nach § 62 Absatz 1 und § 73 Absatz 2 GO NRW auch die Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten..... Ergänzt wird diese Regelung durch die Bestimmungen des § 73 Absatz 3 GO NRW.

Hiernach trifft der Bürgermeister die dienstrechtlichen und arbeitsrechtlichen Entscheidungen soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Allerdings konnte der Rat bis zum Inkrafttreten des GO-Reformgesetzes auf der Grundlage einer Geschäftsordnungsregel dem Bürgermeister in weitem Umfang Personalentscheidungen entziehen. § 74 Absatz 1 Satz 3 GO NRW a.F. lautete: „Die Hauptsatzung kann eine andere Regelung treffen." Insoweit fußt die in § 4 Absatz 1 der Hauptsatzung der Gemeinde Wachtberg enthaltene Regelung auf § 74 Absatz 1 Satz 3 GO NRW a.F. Mit dem GO-Reformgesetz ist jedoch eine deutliche Abgrenzung der Kompetenzen von Rat und Bürgermeister erfolgt. Der Rat kann personalrechtlich nur noch entscheiden, wenn das Gesetz ihm ausdrücklich eine Befugnis einräumt, wie z. B. hinsichtlich der Geschäftskreise der Beigeordneten nach § 73 Absatz 1 GO NRW.

Nach Subsumtion der in den §§ 62 und 73 GO NRW enthaltenen Regelungen und deren Ausgestaltung bleibt dem Rat das Recht der Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten damit verwehrt."

Die Rechtsauffassung des Bürgermeisters und der unteren Kommunalaufsicht wird geteilt.

Weder das Landesgleichstellungsgesetz noch die Gemeindeordnung enthalten spezielle Regelungen über die Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten. Allerdings bestimmt das LGG NRW in § 16 Abs. 1, dass die Gleichstellungsbeauftragte ihre Aufgaben als Angehörige der Verwaltung der Dienststelle wahrnimmt. Daher gelten die allgemeinen Grundsätze der Gemeindeordnung in Personalangelegenheiten. Danach obliegt dem Bürgermeister gem. § 62 Abs. 1 GO NRW die Geschäftsverteilung in der Gemeindeverwaltung. Ferner trifft er gemäß § 73 Abs. 3 GO NRW i.d.F. des Gesetzes vom 09.10.2007 (GO-Reformgesetz) die dienstrechtlichen und arbeitsrechtlichen Entscheidungen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Hauptsatzung kann lediglich für Bedienstete in Führungspositionen und nur für das beamtenrechtliche oder arbeitsrechtliche Grundverhältnis betreffende Entscheidungen die Zuständigkeit dem Rat oder dem Hauptausschuss übertragen. Da die Bestellung weder das dienstrechtliche Grundverhältnis berührt, noch es sich bei der Gleichstellungsbeauftragten um eine Führungsposition handelt, kann die Bestellung nicht durch Hauptsatzungsregelung dem Mitwirkungsvorbehalt der Kommunalvertretung unterworfen werden. Vor Inkrafttreten des GO-Reformgesetzes am 17.10.2007 konnte die Hauptsatzung allerdings ohne diese Einschränkung abweichende Regelungen von der Zuständigkeit des Bürgermeisters enthalten (§ 74 Abs. 1 Sätze 2 und 3 GO NRW i.d.F. des Gesetzes vom 20.03.1996).

Der Gleichstellungsbeauftragten kommt aber insoweit eine Sonderstellung in der Gemeindeverwaltung zu, als sie gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 LGG NRW von fachlichen Weisungen frei ist. Sie unterliegt insoweit nur der allgemeinen Dienst- und Rechtsaufsicht. § 16 Abs. 3 LGG enthält ein Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot für die Gleichstellungsbeauftragte.

Dieses bezieht sich auf Maßnahmen, die in ursächlichem Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Gleichstellungsaufgabe stehen. Die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte darf sich auch weder positiv noch negativ auf ihre berufliche Entwicklung auswirken.

Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Fragen wie folgt:

1. Inwiefern ist aus der Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten durch den Gemeinderat eine Bindung dieser an Weisungen des Rates zu schließen?

Die aufgrund der alten Hauptsatzungsregelung erfolgte Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten durch den Rat hat nicht zur Folge, dass die Gleichstellungsbeauftragte an Weisungen des Rates gebunden ist.

2. Inwiefern ist aus der hauptamtlichen Tätigkeit der Gleichstellungsbeauftragten eine Bindung unter die Personalhoheit des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin zu schließen?

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 LGG nimmt die Gleichstellungsbeauftragte ihre Aufgabe als Angehörige der Verwaltung der Dienststelle wahr. Sie unterliegt daher der Rechtsaufsicht sowie der organisatorischen Dienstaufsicht des Bürgermeisters. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Gleichstellungsbeauftragte „hauptamtlich" im Sinne des § 5 Absatz 2 GO NRW arbeitet.

3. Inwiefern wäre die Widerspruchsmöglichkeit der Gleichstellungsbeauftragten bei Vorlagen des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin mit einer Unterstellung an dessen Personalhoheit zu vereinbaren?

Gem. § 5 Absatz 5 GO NRW kann die Gleichstellungsbeauftragte in Angelegenheiten, die ihren Aufgabenbereich berühren, den Beschlussvorlagen des Bürgermeisters widersprechen. Diese Regelung konkretisiert die Widerspruchsmöglichkeit der Gleichstellungsbeauftragten gem. § 19 Absatz 1 LGG.

Dieses Widerspruchsrecht und die fachliche Weisungsfreiheit ändern nichts daran, dass die Gleichstellungsbeauftragte in dienstrechtlicher Hinsicht dem Bürgermeister als Dienstvorgesetztem untersteht.