Sozialhilfe

Da die Hauptherkunftsgebiete der Spätaussiedler Russland und Kasachstan sind und Deutschstämmige in den Herkunftsgebieten zwischenzeitlich überwiegend in gemischt nationalen Familien leben, hat sich die Statusstruktur dahin gehend entwickelt, dass drei Viertel der Zugänge russischer oder kasachischer Prägung sind. Der überwiegende Teil der Ehegatten, Abkömmlinge und sonstigen Familienangehörigen verfügt über mangelnde oder keine Deutschkenntnisse. Dies erschwert die Eingliederungsbemühungen. Die berufliche Integration wird immer schwieriger und die Leistungen an diesen Personenkreis nach dem Bundessozialhilfegesetz weiten sich nach Angaben der Träger der Sozialhilfeleistungen stetig aus. Erschwerend kommt hinzu, dass die Akzeptanz in der einheimischen Bevölkerung durch eine negative Medienberichterstattung über Gewalt, Kriminalität und Drogenmissbrauch erheblich schwindet und historisches Hintergrundwissen über das schwere Schicksal der Deutschen in den Ländern Osteuropas, insbesondere der früheren Sowjetunion, in der angestammten Bevölkerung kaum mehr vorhanden ist. Oktober 2002 · Ausgegeben am 31. Oktober 2002 ger. Deutscher Volkszugehöriger im Sinne des BVFG ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.

Bei Personen nach § 7.2 BVFG handelt es sich um Ehegatten und Abkömmlinge des Spätaussiedlers, die die Voraussetzungen des § 4 BVFG nicht erfüllen, aber die Aussiedlungsgebiete im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen haben.

Bei Personen nach § 8.2 BVFG handelt es sich um Familienangehörige des Spätaussiedlers, die gemeinsam mit dem Spätaussiedler eintreffen und in das Verteilungsverfahren einbezogen werden können.

Die Statistik weist aus, dass der Anteil deutschstämmig geprägter Personen nach § 4 BVFG von 74,08 v.H. im Jahre 1993 auf nur noch 24,36 v.H. im Jahr 2001 gefallen ist. Bei den Personen nach den §§ 7 und 8 BVFG handelt es sich überwiegend um russisch oder kasachisch geprägte Familienmitglieder, die in der Regel über mangelnde oder keine Deutschkenntnisse verfügen.

Diese reisen als Familienangehörige ein, obwohl ein Teil von ihnen auch die Einreise als Spätaussiedler nach § 4 hätte beantragen können.

Infolge der höheren Aufnahme von Spätaussiedlern in Mittel- und Nordhessen kam es in den vergangenen Jahren zu einem überproportionalen Zuzug von Verwandten und Bekannten, während sich in Südhessen die Aufnahme und Wohnsitznahme verhältnismäßig geringer entwickelte. Diese Entwicklung hat die Landesregierung zum Anlass genommen, Spätaussiedler und deren Familienangehörige ab 1. Januar 2002 auf der Grundlage einer Hessischen Verteilungsverordnung mit an den Bevölkerungszahlen orientierten Quoten den Gebietskörperschaften zuzuweisen und die Städte, Landkreise und Gemeinden zu verpflichten, diesen Personenkreis aufzunehmen und unterzubringen. Dadurch sollen die Entstehung sozialer Brennpunkte verhindert und die Belastungen der Sozialhilfeträger im Hinblick auf die Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz gleichmäßig verteilt werden. Außerdem soll den Gebietskörperschaften durch die Verteilung nach Quoten die Möglichkeit eingeräumt werden, Spätaussiedler und ihre Familienangehörigen dezentral in Gemeinden unterzubringen, um bessere Eingliederungsvoraussetzungen zu schaffen. Eine weitere Aufrechterhaltung des Wohnheimbetriebes an den Standorten der Landeswohnheime (z.B. Langen, Hochheim, Hofgeismar usw.) wäre problematisch (der Bevölkerungsanteil der Spätaussiedler beträgt mancherorts bis zu 20 v.H.), weil die Entstehung sozialer Brennpunkte mit erheblichem Konfliktpotenzial sehr wahrscheinlich wäre.

Mit der "Verordnung über die Aufnahme und Unterbringung von Spätaussiedlern" vom 11. Dezember 2001 (GVBl. I vom 18. Dezember 2001) gingen die Aufnahme- und Unterbringungsverpflichtungen vollständig vom Land auf die Gebietskörperschaften über. Damit besteht die nicht unbegründete Hoffnung, dass infolge der Verteilungsverordnung landesweit eine gewisse Entspannung eintritt, eine bessere Konfliktbewältigung herbeigeführt werden kann und die Eingliederungsvoraussetzungen für diesen Personenkreis verbessert werden.

Diese Vorbemerkung vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Wie viele Spätaussiedler sind in den vergangenen drei Jahren in Hessen aufgenommen worden?

Die Aufnahme von nach Hessen verteilten Spätaussiedlern in den vergangenen drei Jahren gestaltet sich wie folgt: Jahr Anzahl der Personen 1999 7.

2000 6.

2001 7.

Summe 21.

Frage 2. Wie hoch ist der Anteil derjenigen, die im Rahmen des Familiennachzugs aufgenommen wurden?

Die hessischen Ausländerbehörden führen keine Statistik über die zum Zwecke des Familiennachzugs erteilten Aufenthaltsgenehmigungen. Deshalb liegen Zahlen hierüber bei den Ausländerbehörden nicht vor.

Frage 3. Nach welchen Kriterien wurden die Spätaussiedler auf die hessischen Kommunen verteilt?

Im Jahr 1988 und in den Folgejahren stiegen die Zugangszahlen von Aussiedlern infolge der Liberalisierungsentwicklung in den Staaten des Ostblocks unerwartet an. Seinerzeit wollten die Gebietskörperschaften nicht in die Aufnahme- und Unterbringungsverpflichtungen einbezogen werden. Eine von der damaligen Regierung vorgeschlagene Verteilungsverordnung wurde seitens der kommunalen Spitzenverbände nicht gewünscht. Die Gebietskörperschaften unterstützten die Unterbringungsanstrengungen des Landes mit der Benennung von geeigneten Einrichtungen zur vorläufigen Unterbringung.

Seinerzeit waren Aussiedler insbesondere im mittel- und nordhessischen Bereich willkommene Zuwanderer, weil die Eingliederung kein Problem darstellte und Wanderungsverluste der einheimischen Bevölkerung kompensiert werden sollten. Insoweit wurden von der Landesregierung im mittel- und nordhessischen Bereich wesentlich mehr Einrichtungen angemietet.

Seit 1. Januar 2002 werden nach Hessen verteilte Spätaussiedler nach Aufnahmequoten, die sich an der Bevölkerungszahl orientieren, verteilt.

Frage 4. Sind die Spätaussiedler vornehmlich in Übergangseinrichtungen oder in einzelnen Wohnungen untergebracht?

Bis Ende 2001 wurden nach Hessen verteilte Spätaussiedler nach ihrem Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung des Bundes in Friedland fast zu hundert Prozent vorläufig bis zum Bezug einer Wohnung in Übergangswohnheimen des Landes untergebracht. Wie bereits erwähnt, sind ab 1. Januar 2002 die Gebietskörperschaften für die vorläufige Unterbringung zuständig. Nach den vorliegenden Informationen bringen auch die Gebietskörperschaften den in Rede stehenden Personenkreis nach der Verteilung durch die Landeseinweisungsstelle beim Regierungspräsidium Gießen zunächst in Übergangseinrichtungen unter. Die Bereitstellung einer Wohnung unmittelbar nach der Einreise ist nicht möglich, da die Spätaussiedler selbst und kurzfristig entscheiden können, wann sie einreisen.

Frage 5. Wie lange ist die durchschnittliche Verweildauer in den Übergangswohnheimen?

Diese Frage kann nur schätzungsweise beantwortet werden, da hierzu keine gesonderte Statistik geführt wird. Generell kann jedoch festgestellt werden, dass die Verweildauer in Übergangseinrichtungen des mittel- und nordhessischen Bereiches infolge der guten Wohnungsmarktbedingungen wesentlich kürzer ist als in den Ballungszentren des südhessischen Raumes. Repräsentativ für den mittel- und nordhessischen Bereich dürfte die Erhebung des hessischen Übergangswohnheimes Hessisch-Lichtenau aus dem letzten Jahr sein.

Danach beträgt dort die Aufenthaltsdauer: 0 bis 12 Monate 69 v.H. der Wohnheimbewohner 13 bis 24 Monate 24 v.H. der Wohnheimbewohner über 24 Monate 7 v.H. der Wohnheimbewohner

Im südhessischen Bereich liegt die durchschnittliche Verweildauer um etwa 6 Monate über den Angaben zum mittel- und nordhessischen Bereich.

Frage 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Bedeutung der Dezentralisierung bei der Unterbringung von Spätaussiedlern?

Mit der Verordnung vom 11. Dezember 2001 werden Spätaussiedler auf die Gebietskörperschaften verteilt. Landkreise haben die Möglichkeit der Weiterverteilung auf die Kommunen. Dadurch können die Entstehung sozialer Brennpunkte verhindert und die Akzeptanz in der einheimischen Bevölkerung gefördert werden. Damit verbessern sich auch die Eingliederungsvoraussetzungen. Hierzu verweise ich auch auf die Vorbemerkung.

Frage 7. Welche Probleme treten in den Übergangswohnheimen und deren Umfeld auf?

In den Übergangswohnheimen selbst treten trotz beengter Verhältnisse kaum Probleme auf. Probleme gibt es allerdings an einigen Standorten im Wohnheimumfeld, vorwiegend in den Sommermonaten, wenn Wohnheimbewohner bis spät in die Nacht Alkohol konsumieren oder Jugendliche durch laute Musik das nachbarschaftliche Umfeld stören.

Frage 8. Mit welchen Maßnahmen begegnen die Kommunen solchen Problemen?

In vielen hessischen Gebietskörperschaften und Kommunen gibt es Arbeitskreise bzw. Netzwerke, die sich gezielt um die Integration der Spätaussiedler kümmern und sich auch der Probleme im Umfeld von Wohnheimen annehmen.