Entscheidungswirrwarr um Kompetenzzentren für Sonderpädagogische Förderung in Lippe

Das Land NRW plant zurzeit 50 Kompetenzzentren aufzubauen, obwohl es immer noch keine Evaluation der 20 Kompetenzzentren gibt, die bereits vor zwei Jahren an den Start gegangen sind. 10 dieser neuen Zentren sollen im Regierungsbezirk Detmold entstehen.

Im September 2009 organisierte der Kreis Lippe einen Workshop zum Thema, an dem die Vertreter unterschiedlicher Einrichtungen und Kommunen sowie Mitarbeiter aller Jugendämter teilnahmen. Es wird ein Konzept für die Städte Lage, Oerlinghausen, Leopoldshöhe in Kooperation mit Schulen des Kreises vorgedacht. Das Kalletal hat bereits ein Kompetenzzentrum und Bad Salzuflen will zu dem Zeitpunkt mit der Erich-Kästner-Schule einen Antrag stellen.

Kurze Zeit später präsentiert der Kreis eine Kooperation mit der Stadt Bad Salzuflen, die nicht mit der Erich-Kästner-Schule geplant ist, sondern jetzt mit der Schulstation Grünau, einer kreiseigenen Einrichtung.

Spätestens seit diesem Zeitpunkt kann man in Lippe nicht mehr von einem koordinierten Vorgehen sprechen, weil es keine fachliche Diskussion um die Zusammenarbeit bestimmter Schulen gegeben hat und die Bezirksregierung diesen Prozess mit Zurückhaltung statt mit Steuerung begleitet.

1. Wer ist nach Meinung der Landesregierung im Vorfeld für eine fachliche Diskussion zwischen Schulleitungen, Trägern und Fachleitern verantwortlich?

Nach Maßgabe des § 20 Abs. 5 SchulG in Verbindung mit den „Eckpunkten für den Ausbau von Förderschulen zu Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung", die die Landesregierung im Oktober 2007 beschlossen hat, kann der Schulträger einer Förderschule den entsprechenden Antrag stellen.

Die grundlegenden Anstöße dazu können von unterschiedlichen Seiten initiiert werden, beispielsweise von den Schulleitungen der Förderschulen und / oder allgemeinen Schulen, aber auch von anderen regionalen oder überregionalen Interessengruppierungen. Ziel ist es, ein regionales Gesamtkonzept pädagogischer Förderung unter Einschluss sonderpädagogischer Förderung für die jeweilige Region zu entwickeln, so dass in enger Abstimmung mit den Netzwerkschulen sonderpädagogische Förderung flexibler und wohnortnäher weiterentwickelt werden kann.

Die Schulaufsicht wurde gebeten, den Schulträgern für die fachliche Beratung zur Verfügung zu stehen.

2. Müssen die schulischen und politischen Gremien in den Prozess der Beratung der betroffenen Kommunen eingebunden werden, wenn ja, wie?

4 Müssen alle Schulen einer Region Bestandteil eines Netzwerkes sein und wer koordiniert das?

Das zum Antrag des Schulträgers dazugehörige Konzept bedarf ­ wie in Ergänzung der o.g. Eckpunkte durch ein präzisierendes Schreiben des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 25. Februar 2008 sowie durch einen Runderlass an die Bezirksregierungen vom 25. Februar 2008 (Rd.Erl. des MSW vom 25.02.2008 ­ Az. 512-6.03.17.04-64856) ausgeführt - der Zustimmung von mindestens drei Viertel der Schulen im vom Schulträger nach § 84 Abs. 1 des Schulgesetzes festgelegten Einzugsgebiet des Kompetenzzentrums. Dabei ist es wünschenswert, dass der antragstellende Schulträger Schulen aus grundsätzlich allen Schulformen ­ soweit in seiner Trägerschaft vorhanden ­ in das Pilotprojekt einbezieht. Die Schulkonferenzen sind im Rahmen von § 65 Abs. 1 SchulG zu beteiligen.

Für die Vorlage der nach § 25 Abs. 4 SchulG erforderlichen Gremienbeschlüsse wurden den Schulträgern entsprechende Termine mitgeteilt.

3. Wann wird der Landtag einen Erfahrungsbericht der 20 Kompetenzzentren erhalten, die in einem ersten Schritt an den Start gegangen sind?

Auch unter Berücksichtigung der Herausforderungen der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen ist der komplexe Auftrag, in den Pilotregionen regionale Gesamtkonzepte sonderpädagogischer Förderung zu entwickeln, ein Umsteuerungsprozess, der Behutsamkeit und Kontinuität verlangt. Die erste Ausbauphase der Pilotregionen ist im Jahr 2008 gestartet, so dass auch die Kompetenzzentren der ersten Ausbauphase bislang nur begrenzte Erfahrungen sammeln konnten.

Um Transparenz und wechselseitigen Informationsaustausch über die Entwicklungen in den Pilotregionen zu ermöglichen, hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung in den Genehmigungserlassen zugesagt, einen fachlichen Austausch zu organisieren. Mit dem Fachkongress am 6. Februar 2010 in Oberhausen konnte erstmalig dieser Erfahrungsaustausch auf Landesebene ermöglicht werden.

Eine Dokumentation des von fast 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmern besuchten Kongresses ist in Vorbereitung; diese wird selbstverständlich auch den Mitgliedern des Landtagsausschusses für Schule und Weiterbildung übersandt werden. Ebenso werden die Aufgabenstellungen für die wissenschaftliche Begleitung derzeit präzisiert.

Die Schulaufsicht und die Koordinatorinnen und Koordinatoren für den Ausbau von Förderschulen zu Kompetenzzentren unterstützen die Pilotregionen bei der Dokumentation und Evaluation ihrer Erfahrungen. Diese Dokumentation soll dazu geeignet sein, die gesetzlich vorgesehene Evaluation der Pilotphase sicherzustellen. Die Bezirksregierungen begleiten diesen Prozess.

Außerdem sehen die Genehmigungserlasse vor, dass zwischen den Kooperationspartnern und den Netzwerkschulen ein regelmäßiger Austausch und Transparenz des Handelns zu gewährleisten sind.

5. Wer entscheidet über die Kooperation und die Gebietskulissen in einem Kreis, in dem es Schulen in kommunaler Trägerschaft und kreiseigener Trägerschaft gibt?

Der antragstellende Schulträger reicht ein abgestimmtes Konzept zur Bewerbung um die Teilnahme an der Pilotphase ein. Bei der Pilotphase handelt es sich um einen Schulversuch gemäß den Vorgaben des § 25 SchulG.

Sofern mehrere Schulträger betroffen sind, obliegt es deren eigener Zuständigkeit in den entsprechenden Gremien einvernehmliche Regelungen, Federführungen und Organisationsformen festzulegen, so dass diese Antragsgrundlage werden können. Hier ist es ­ besonders bei großräumigen regionalen Konzeptionen ­ zielführend, die Vorgaben von § 80 SchulG (Schulentwicklungsplanung) zu berücksichtigen.