Anerkennung des Wechseldienstes für Kriminalbeamte im Kriminaldauerdienst bzw. bei Kriminalwachen

Seit der Neuorganisation der Polizei NRW wurden bis heute in fast allen Polizeibehörden Kriminalwachen oder Kriminaldauerdienststellen eingerichtet. Aufgrund der jeweiligen Strukturen gestaltet sich der Dienst für die Angehörigen der K-Wachen und bei den Kriminaldauerdiensten unterschiedlich.

In der Landratsbehörde, KPB Märkischer Kreis, hat man sich zu einer Poolbildung mit 14 Beamten entschlossen. Von den 14 Beamten wird außerhalb der Regelarbeitszeit (Wochentags 07:15 ­ 16:15 Uhr) die übrige Zeit abgedeckt. Frühdienst von 08:00 ­ 15:00 Uhr Spätdienst von 14:00 ­ 22:00 Uhr Nachtdienst von 22:00 ­ 06:00 Uhr

Diese Dienste sind vorgegeben und müssen täglich pro Schicht mit mindestens 2 Beamten besetzt werden. Die Beamten sind dann für den gesamten Märkischen Kreis hinsichtlich anfallender Delikte im Kriminalitätsbereich zuständig. In den letzten Jahren wurden von verschiedenen Beamten des Kriminaldauerdiensts Anträge auf eine Sport-Sonderkur gestellt, die für Beamte vorgesehen ist, die Wechseldienst verrichten. Diese Sonderkuren wurden unter dem Hinweis abgelehnt, dass Beamte des Kriminaldauerdienst keine Wechselschichten im Sinne des § 8a Abs. 1 AZVOPol leisten.

Ferner wird der Dienst unter dem gleichen Argument nicht auf die Lebensarbeitszeit angerechnet.

Auszug § 8a Abs. 1 AZVOPol: "(Polizeivollzugsbeamte, die nach einem Dienstplan Dienst verrichten, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten bei ununterbrochenem Fortgang der Arbeit während der ganzen Woche versieht, und dabei in je 4 Wochen durchschnittlich achtunddreißigeinhalb Arbeitsstunden in der Nachtschicht leisten)"

Bei Stellenausschreibungen für die ZKB, Kriminaldauerdienst, wird seitens der KPB Märkischer Kreis jedoch im Ausschreibungstext darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um Stellen mit Wechseldiensttätigkeit handelt.

Gegenüber den Beamten der Wache müssen die Beamten des KDD, aufgrund der Poolbildung, wesentlich öfter ihre Schichten wechseln. Eine Kontinuität ist hier nicht geben. Des Weiteren fallen auch wesentlich mehr kurze Wechsel an, bei denen die Freizeit bzw. Erholungsphase zwischen den einzelnen Schichten inklusiv der An- und Abfahrt zur Dienststelle, nicht mehr als 8 Stunden beträgt. Dieser Umstand stellt schon für sich alleine eine sehr hohe physische Belastung an die Gesundheit jedes einzelnen Polizeibeamten im KDD dar. Aufgrund der zu bearbeitenden Delikte im KDD ist die physische und psychische Belastung für jeden einzelnen Polizeibeamten enorm hoch.

Nahezu täglich haben sie mit unterschiedlichsten Leichensachen zu tun. Angefangen vom plötzlichen Kindstod bis zum Kapitaldelikt. Ferner die Leichenschau bei tödlichen Verkehrsunfällen. Die Überbringung von Todesnachrichten gehört ebenso zu ihren Aufgaben, wie die Betreuung von Gewaltopfern und die Auseinandersetzung mit Tätern.

Bei der Bearbeitung der einzelnen Sachverhalte wird von jedem Mitarbeiter des KDD / Kriminalwache eine hohe Professionalität an den Tag gelegt. Auch wenn jeder von ihnen gelernt hat, für sich ein "Ventil" zu schaffen um "mutmaßlich" mit solchen Dingen umzugehen, hinterlässt jedes herausragende Ereignis doch seine Spuren.

Bei anderen Institutionen werden nach herausragenden Ereignissen Ersthelfer und Einsatzkräfte nachhaltig professionell betreut. Teilweise wird hier auch eine entsprechende Gesundheitsfürsorge betrieben um Langzeitschäden bei den einzelnen Personen zu vermeiden.

Den hier angeführten Beamtinnen und Beamten gewährt man jedoch nicht einmal alle 5 Jahre (max. 2 Mal) eine Sportsonderkur.

Bei der Polizei spricht man derzeit von einem nachhaltigen Gesundheitsmanagement.

Die Kriminalbeamten des KDD haben jedoch den Eindruck, dass der KDD und die KWachen in diesem Gesundheitsmanagement nicht berücksichtigt werden.

Durch die Nichtanerkennung des Wechseldienstes wird den Beamtinnen und Beamten nicht nur das Instrumentarium der Sportsonderkur verwehrt. Im Gegensatz zu ihren uniformierten Kolleginnen und Kollegen auf den Wachen wird mit der Nichtanerkennung ihres geleisteten Wechseldienstes ihnen auch die Möglichkeit genommen, dass ihr geleisteter Schichtdienst auf die Lebensarbeitszeit anerkannt wird, was langfristig einen erheblich größeren Nachteil ggü. den Kollegen des Streifendienstes darstellt.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Die Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten des Landes unterliegen in allen Bereichen besonderen psychischen und physischen Herausforderungen. Die Tätigkeit im Kriminaldauerdienst bzw. in den Kriminalwachen stellt hierbei keine Ausnahme dar.

Der in der Kleinen Anfrage verwandte Begriff „Wechseldienst" ist rechtlich nicht definiert. Er wird ausschließlich unspezifisch im Rahmen des allgemeinen Sprachgebrauchs verwandt.

Ein besonders belastendes Moment stellt der Wechselschichtdienst dar.

Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte leisten Wechselschichtdienst (§ 8a Absatz 1 der Verordnung über die Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen - AZVOPol), wenn sie nach einem Dienstplan Dienst verrichten, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten bei ununterbrochenem Fortgang der Arbeit während der ganzen Woche (wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird) vorsieht.

Erforderlich ist also ein Dienst „rund um die Uhr" an allen Wochentagen.

Der im Rahmen der Kleinen Anfrage dargestellte Dienst genügt diesen Anforderungen nicht.

Ausschließlich für Wechselschichtdienst leistende Polizeivollzugsbeamtinnen/-beamte werden pro Jahr 720 Kurplätze für Sonderkuren zur Verfügung gestellt. Diese Kurplätze sind für Polizeivollzugsbeamtinnen/-beamte vorgesehen, die mindestens einen fünfjährigen Wechselschichtdienst erfüllen. Eine Wiederholungskur kann frühestens nach 5 Jahren gewährt werden. Als Teilnehmer kommen vorwiegend Polizeivollzugsbeamtinnen/-beamte, die zwischen 30 und 45 Jahre alt sind, in Betracht. Diese Sportsonderkuren sind als Präventivmaßnahme für gesunde - durch den durchgehenden Wechselschichtdienst physisch und psychisch besonders belastete - Polizeibeamtinnen und -beamte vorgesehen.

Die Ausführungen zur Anerkennung von Zeiten des Wechselschichtdienstes gelten auch für die Frage der Verkürzung der Lebensarbeitszeit. Der Landesgesetzgeber hat sich dafür entschieden, nur für Beamtinnen und Beamten, die in besonders belasteten Bereichen tätig sind, eine Begünstigung zuzuerkennen. Nach § 115 Absatz 2 Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz - LBG NRW) verringert sich die Altersgrenze für die Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten um ein Jahr für fünfundzwanzig Dienstjahre, die im Wechselschichtdienst abgeleistet wurden.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

1. Vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass die Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamten im Kriminaldauerdienst / Kriminalwachen, Wechseldienst im entsprechenden Sinne versehen?

Siehe Vorbemerkung.

2. Ist der Landesregierung bekannt, dass die Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamten auch innerhalb von 4 Wochen wesentlich mehr Nachtdienststunden als gefordert absolvieren?

Für die geleisteten Nachtdienststunden werden entsprechende Erschwerniszulagen nach der Erschwerniszulagenverordnung gezahlt. Im Übrigen siehe Vorbemerkungen.

3. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass den Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamten die Anerkennung des geleisteten Dienstes als Wechseldienst im Sinne der AZVOPol zusteht?

Siehe Vorbemerkung.

4. Hält die Landesregierung den § 8 a Abs. 1 AZVOPol, welcher im Rahmen des Wechseldienstes fordert, dass "ein regelmäßiger Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten bei ununterbrochenem Fortgang der Arbeit während der ganzen Woche..." heute bei der vielfach geforderten flexiblen Arbeitszeit noch für zeitgemäß? Ja. Im Übrigen siehe Vorbemerkungen.

5. Stellt es für die Landesregierung einen Verstoß gegen das Gleichheitsgesetz dar, dass laut Erlass des IM AZ: 45-8003/5/8011 hinsichtlich der Sportsonderkuren für Polizeibeamte in allen MEKs und zusätzlich in Observationsgruppen des IM ihre Zeiten wie Zeiten des Wechseldienstes angerechnet und die Dienstzeiten besonderen Anlässen angepasst werden und somit keine Regelmäßigkeit darstellen?

Nein.

Angehörige der MEK und der Observationsgruppe zählen zur Zielgruppe von Sonderkuren auf Grund der besonderen Belastungen durch ihre Funktionen mit einsatzbedingten zum Teil extrem langen bewegungsarmen Tätigkeiten ohne Ausgleichsmöglichkeit, gefolgt von plötzlich auftretenden hohen körperlichen Anforderungen.

Eine Vergleichbarkeit der Tätigkeiten der Angehörigen von Kriminaldauerdiensten oder Kriminalwachen mit denen dieser Personengruppen ist nicht gegeben.

Im Übrigen ist der Landesregierung ein „Gleichheitsgesetz" nicht bekannt.