Belastungen der Ortschaft Kerpen-Buir im Rhein-Erft-Kreis infolge des Tagebaus Hambach

Im Zuge des weiteren Abbaufortschritts des Braunkohletagebaus Hambach sollen sowohl die Bundesautobahn A 4 also auch die sog. "Hambachbahn" (Werksbahn der RWE-Power AG zum Transport von Braunkohle) auf einer Strecke von mehreren Kilometern Länge zwischen Düren und Kerpen nach Süden verlegt werden. In Zukunft sollen in diesem Bereich Autobahn und "Hambachbahn" parallel und unmittelbar neben der bereits vorhandenen Bahnstrecke Köln-Aachen geführt werden. Beide neuen Trassen - so die Planung - verliefen dann in weiten Bereichen im sog. "Sicherheitsstreifen" des Tagebaus Hambach, der nach der verbindlichen Braunkohleplanung von jeglicher Bebauung freigehalten werden muss. Für die BewohnerInnen der Ortschaft Kerpen-Buir im Rhein-Erft-Kreis würde diese Konzentration von Verkehrsanlagen in unmittelbarer Ortsrandlage zur geschlossen Bebauung konkret bedeuten, dass sie gleichzeitig den Emissionen

· einer sechsspurigen Autobahn mit einer Frequentierung von mehr als 100.000 Fahrzeugen täglich,

· einer viergleisigen Bahnstrecke, die von Hochgeschwindigkeitszügen auf der Strecke Köln-Aachen-Brüssel-Paris, Güterfernverkehrszügen sowie Regionalexpress- und SBahnzügen genutzt wird,

· der "Hambachbahn", die in offenen Güterzügen sämtliche im Tagebau Hambach geförderte Braunkohle zu den benachbarten Kraftwerken transportiert (288 Zugbewegungen täglich), und

· des unmittelbar angrenzenden Tagebaus Hambach selbst ausgesetzt wären.

Während die Landregierung mit einem rechtlich fragwürdigen Erlass einen Abstand von 1.500 Metern von Windkraftanlagen zur nächsten Wohnbebauung vorschreibt, müssen die Menschen in Kerpen-Buir - falls die Planungen verwirklicht werden - eine geradezu unglaubliche, durch den Braunkohletaugebau verursachte Konzentration verschiedener und verschiedenartiger Emissionsquellen (Lärm, Abgase, Feinstaub) in einem Abstand von wenigen Metern hinnehmen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Welche Emissionen (Lärm, Feinstaub, Abgase) werden nach Kenntnis der Landesregierung von den genannten Quellen im einzelnen und in der Summe aufgeteilt nach Tageszeiten am Rande der Ortschaft Kerpen-Buir ausgehen?

2. Wie lautet die Begründung dafür, diese Verkehrseinrichtungen im Sicherheitsstreifen des Tagebaus Hambach zu konzentrieren?

3. Inwieweit sind Alternativen (z. B. Rücknahme der Tagebaugrenze bis zur vorhandenen Trasse der BAB 4) in Betracht gezogen worden?

4. Welche konkreten Maßnahmen zum Schutz der BewohnerInnen der Ortschaft KerpenBuir sind im Einzelnen vorgesehen?

5. Wie wird die tagebaubedingte Verlegung der BAB 4 zwischen Düren und Kerpen einschließlich aller damit verbunden Folge- und Begleitmaßnahmen (Anschlussstellen, Lärmschutz usw.) finanziert?

Antwort der Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie vom 7. März 2006 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Innenminister, dem Minister für Bauen und Verkehr und dem Minister für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz:

Vorbemerkung:

Die in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage getroffene Aussage, es lägen sowohl die geplante Trasse der A 4 als auch die geplante Trasse der Hambachbahn in weiten Bereichen in der Sicherheitszone des Tagebaus Hambach, trifft nicht zu. Lediglich ein Abschnitt der Hambachbahn, deren Verlauf am 03.08.2005 planfestgestellt wurde, wird in dieser Zone liegen.

Bei der Hambachbahn handelt es sich um eine bergbauliche Infrastruktureinrichtung, die innerhalb der Sicherheitszone betrieben werden kann. Die ebenfalls genannte Festlegung, der "Sicherheitsstreifen" sei nach der verbindlichen Braunkohlenplanung von jeglicher Bebauung freizuhalten, ist dem verbindlichen Teilplan 12/1 nicht zu entnehmen. Dort ist zudem erläutert, dass eine Änderung der Nutzung der Sicherheitszone, abgesehen von land-, gartenund forstwirtschaftlichen Nutzungsänderungen, (nur) mit Zustimmung der Bergbehörde planungsrechtlich zulässig ist.

Zur Frage 1:

a) Luftschadstoffe Ausgehend von den Angaben in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage (100 000 Kfz/24 h, 6-streifig) lägen die Luftschadstoff-Emissionen für das Jahr 2006 entsprechend einer Emissionsmodellierung für den derzeitigen Trassenverlauf der A 4 bei 156,6 kg / (km24h) NOx und 10,0 kg / (km24h) PM10. Dies entspräche gegenüber der derzeitigen Situation (65 000 Kfz/24 h, 4-streifig, 2004) einer Zunahme von 15 % bzw. 33%. Allerdings ist für die zukünftige Frequentierung der verlegten A 4 nicht ein Wert von 100 000, sondern von 86 000 Kfz/24 h im Bereich Kerpen-Buir prognostiziert. Die Ermittlung der von der verlegten A 4 ausgehenden Luftschadstoffbelastung erfolgt nach einem Gutachtermodell, in dem gegenüber dem Schätzverfahren nach dem „Merkblatt über Luftverunreinigungen an Straßen ohne oder mit lockerer Randbebauung" (MLuS 02 geänderte Fassung 2005) eine detaillierte Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten erfolgt. Gemäß den Ergebnissen der Luftschadstoffuntersuchung im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für die Verlegung der A 4 werden im Bereich Kerpen-Buir die Immissionsgrenzwerte für Luftschadstoffe (NO2, Benzol, Ruß, PM10) eingehalten.

Die Bahnlinie der DB AG im Bereich Kerpen-Buir wird 4-gleisig befahren. Nach den Fahrplandaten der DB-AG für das Jahr 2000 fanden auf dem Streckenabschnitt 120 Zugfahrten am Tag statt. Wenngleich der Eisenbahnverkehr auf beiden Trassen fast ausschließlich elektrisch betrieben wird, müssen die im Einzelfall verkehrenden Dieselfahrzeuge die Grenzwerte der Verordnung über Emissionsgrenzwerte für Verbrennungsmotoren (1. Änderungsverordnung vom 18. Mai 2005, BGBl. I, S. 1404) einhalten. Gem. Modellrechnung betragen die täglichen Emissionen der Bahnstrecke Köln-Aachen im Bereich Kerpen-Buir 2,02 kg/ (km24h) NOx und 1,20 kg / (km24h) PM10.

Für die Umgebung des Tagebaus Hambach hat die Bezirksregierung Köln aufgrund der im Jahre 2004 gemessenen Feinstaubbelastung einen Aktionsplan zur Minderung der Belastung erarbeitet und am 29.09.2005 in Kraft gesetzt. Die darin festgesetzten Maßnahmen sind von der RWE Power AG als Tagebaubetreiberin zu ergreifen, da der Tagebau nach Angaben des LUA als einzige lokal fassbare Einzelquelle mit einem etwa 25%-igen Anteil nennenswert zur Feinstaubbelastung in der Umgebung beiträgt. Gemäß den vorläufigen, noch nicht validierten Daten des LUA ist es im Jahr 2005 an Messstationen südwestlich und nordöstlich des Tagebaus Hambach zu 30 bzw. 13 Überschreitungen des Grenzwertes der 22. BImSchV vom 11.09.2002 (BGBl. I 2002, S. 3626) für den Tagesmittelwert der Feinstaubbelastung (50 g/m³) gekommen. 35 Überschreitungen dieses Grenzwertes sind gemäß der Verordnung zulässig. Der Grenzwert von 40 g/m³ für den Jahresmittelwert wurde an beiden Stationen eingehalten. Einem in das Planfeststellungsverfahren zur Verlegung der Hambachbahn eingebrachten lufthygienischen Gutachten zufolge ist durch die Verlegung der Hambachbahn eine nennenswerte Erhöhung der Feinstaubbelastung nicht zu befürchten.

Eine Aussage über die Aufteilung der Luftschadstoffemissionen nach Tageszeiten ist nicht möglich.

b) Geräuschemissionen/-immissionen

Die Geräuschbelastung entlang der bestehenden Eisenbahn-Strecke und der A 4 in ihrer derzeitigen Lage und Ausdehnung sind im Geräuschscreening des Landesumweltamts enthalten.