Ungewisse Zukunft der Drogenberatung in der Justizvollzugsanstalt Willich II?

Die Justizvollzugsanstalt Willich II ist eine selbständige Frauenhaftanstalt mit 141 Haftplätzen im geschlossenen und 70 im offenen Strafvollzug. Im geschlossenen Vollzug ist stets eine Überbelegung von 20 bis 30 Plätzen vorzufinden. Von den durchschnittlich 160 inhaftierten Frauen des geschlossenen Vollzuges sind nach Angaben der Leitung ca. 70 % drogenabhängig. Über 80 Frauen konsumieren sog. polytoxime, illegale, Drogen, ein kleiner Anteil legale Drogen wie Alkohol und Tabletten.

Seit ca. drei Jahren existiert in der Vollzugsanstalt eine Abteilung, auf der drogenabhängige Frauen auf ein abstinentes Leben vorbereitet werden. Diese Abteilung, ZaRa (Zusammen am Richtungswechsel arbeiten) mit 14 Plätzen stellt hohe Anforderungen an die Inhaftierten, ihr Sozialverhalten, ihre Motivation, ihre Mitwirkung. Interessierte Frauen müssen sich für die Aufnahme bewerben und den Willen, abstinent leben zu wollen, glaubhaft machen. Bis zum Anfang dieses Jahres gab es drei verschiedene Gruppenangebote, in denen die Frauen auf die Abteilung Zara und/oder eine Therapie vorbereitet wurden. Im Zuge der Mittelstreichung für die externe Drogenberatung mussten diese Angebote eingestellt werden.

Im Zuge der Mittelkürzungen für das Jahr 2006 und das von Ministerin Müller-Piepenkötter angekündigte Gesamtvollzugskonzept stellen wir folgende Fragen an die Landesregierung:

1. Welche spezifischen Grundzüge, Schwerpunkte und Qualitätskriterien des Strafvollzuges im Hinblick auf Suchtkranke werden in diesem Gesamtkonzept enthalten sein?

2. Welche konkreten Vorstellungen hat die Landesregierung zu der Begleitung und Betreuung drogenabhängiger Inhaftierter im geschlossenen und offenen Vollzug, insbesondere in Frauenhafthäusern?

3. Wie werden zukünftig Abteilungen wie „ZaRa" in der JVA Willich II oder vergleichbare Projekte ausgestaltet sein?

4. Beabsichtigt die Landesregierung die Mittel für die externe Drogenberatung von 100.000 im Jahr 2006 im Folgejahr 2007 anzuheben?

5. Wie sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AvD in ihrem „normalen" Dienst entlastet werden, um die entstandenen Lücken der externen Drogenberater auffangen zu können?

Antwort der Justizministerin vom 29. Mai 2006 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales:

Zu den Fragen 1 und 2:

Die Landesregierung unternimmt auf der Grundlage des Gemeinsamen Runderlasses des Ministeriums für Inneres und Justiz (heute Justizministerium) und des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit (heute Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales) zur „Betreuung drogenabhängiger Gefangener in Justizvollzugsanstalten und Zusammenarbeit mit außervollzuglichen Institutionen" vom 03.11.1998 (JMBl. NRW S. 297) - dem so genannten „Drogenerlass" - große Anstrengungen bei der Betreuung und Behandlung der drogenabhängigen Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten.

Das künftige Justizvollzugskonzept des Landes Nordrhein-Westfalen wird diesem Anliegen Rechnung tragen.

Die Landesregierung ist entschlossen, Drogenmissbrauch in Justizvollzugsanstalten konsequent zu begegnen und gleichzeitig die Motivation der Gefangenen zu fördern und zu stützen, ambulante oder stationäre Behandlungsangebote in Anspruch zu nehmen.

Gemeinsam mit der Praxis sollen insbesondere Überlegungen angestellt werden, wie die Versagensquote in den Therapiemaßnahmen (extern und intern) minimiert werden kann.

Zur Frage 3:

Die Abteilung "ZaRa" in der JVA Willich II arbeitet nach einem festgelegten Konzept. Die Konzepte anderer abstinenzorientierter Abteilungen für Drogenabhängige in den Justizvollzugsanstalten sind inhaltlich ähnlich ausgestaltet und orientieren sich auch an den Konzepten anerkannter therapeutischer Einrichtungen. Grundlage für die Einrichtung der abstinenzorientierten Abteilungen ist der so genannte "Drogenerlass" (vgl. Antwort zu Fragen 1 und 2).

Gemäß Nummer 6.3 dieses Erlasses ist die Einrichtung "spezieller abstinenzorientierter Abteilungen mit unterschiedlichen Konzeptionen und für verschiedene Zielgruppen" anzustreben. Nach diesen Vorgaben richtet sich die Ausgestaltung der abstinenzorientierten Abteilungen, die den örtlichen Verhältnissen, d. h. Qualifikation und Quantität des Personals, Raumkapazitäten, Ressourcen durch externe Drogenberatung etc. Rechnung trägt. Diese

Grundsätze sollen auch künftig beachtet werden. Für die JVA Willich II ist im Haushaltsjahr 2006 durch die Bereitstellung von 11.970 Euro aus dem Kontingent von 100.000 Euro für die Finanzierung von externen Drogenberatungsleistungen das Gesamtkonzept der Drogenberatung und damit auch die Abteilung „ZaRa" gesichert.

Zur Frage 4:

Die Landesregierung hat noch keinen Beschluss über den Haushaltsentwurf 2007 gefasst.

Angaben zur Dotierung einzelner Haushaltsstellen in 2007 sind daher nicht möglich.

Zur Frage 5:

Die entstandenen Lücken bei den externen Drogenberatern sollen durch den gezielten Einsatz von 100.000 Euro aus dem Justizhaushalt zur Finanzierung von externen Beratungsleistungen so effektiv wie möglich aufgefangen werden. Da dies jedoch nicht in vollem Umfang möglich ist, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der anstaltsinternen Drogenberatung (Sozialdienst und allgemeiner Vollzugsdienst) derzeit damit befasst, ihren Aufgabenzuschnitt den veränderten Erfordernissen anzupassen, d. h. neu zu gewichten, zu optimieren und ggf. zu intensivieren. In wie weit eine Entlastung in ihrem "normalen Dienst" notwendig werden wird, lässt sich derzeit nicht beantworten, weil die Ergebnisse insoweit vor Ort laufender Erhebungen noch nicht vorliegen.