Zuständigkeit der Handwerkskammern bei handwerklichen Abgrenzungsfragen

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 "ist der selbständige Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks als stehendes Gewerbe nur den in der Handwerksrolle eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften gestattet."

Und gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 "ist ein Gewerbebetrieb ein Betrieb eines zulassungspflichtigen Handwerks, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und ein Gewerbe vollständig umfasst, das in der Anlage A aufgeführt ist, oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind." In Satz 2 werden dann in Form einer Negativbestimmung Tätigkeiten definiert, die keine wesentlichen Tätigkeiten darstellen und deren selbständige Ausübung folglich nicht der durch § 1 Abs. 1 vorgegeben Eintragung in der Handwerksrolle unterliegt.

Speziell die Abgrenzung zwischen wesentlichen und nicht wesentlichen Tätigkeiten führt immer wieder zu Streitigkeiten und ordnungsrechtlichen Maßnahmen (Bußgeldverfahren).

Gemäß § 117 HwO "handelt ordnungswidrig, wer entgegen § 1 Abs. 1 Satz 1 oder § 9 Abs. 2 Satz 1 ein dort genanntes Gewerbe als stehendes Gewerbe selbständig betreibt". Die ordnungsrechtliche Verfolgung obliegt den kommunalen Ordnungsämtern. Diese unterrichten gemäß § 118a "die zuständige Handwerkskammer über die Einleitung von und die abschließende Entscheidung in Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten nach den §§ 117 und 118".

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie stellt sich die Rolle der Handwerkskammern gemäß § 118a HwO im Detail dar?

2. Deckt das Recht auf Unterrichtung gemäß § 118a HwO die Abgabe einer rechtlichen Einschätzung seitens der Handwerkskammern ab?

3. Wer übernimmt die Haftung, wenn aufgrund der rechtlichen Einschätzung einer Handwerkskammer eine polizeiliche Maßnahme eingeleitet wird, die sich später als unbegründet herausstellt und der Betroffene Schadensersatz z. B. nach dem Gefahrenabwehrgesetz geltend macht?

4. Deckt das Recht auf Unterrichtung gemäß § 118a HwO ein eigeninitiatives Tätigwerden der Handwerkskammern z. B. in Form der Androhung eines Bußgeldverfahrens oder in Form der Einforderung einer Unterlassungserklärung ab?

5. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen Handwerkskammern in der genannten Form eigeninitiativ tätig geworden sind und - wenn ja - wie werden solche Fälle von der Landesregierung bewertet?

Antwort der Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie vom 2. Juni 2006 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Innenminister:

Zur Frage 1:

Nach § 118 a Handwerksordnung (HwO) unterrichten die Ordnungsbehörden die Handwerkskammern über die Einleitung von und die abschließende Entscheidung in Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten nach den §§ 117 und 118 HwO. Eine besondere Rolle wird den Handwerkskammern durch § 118 a HwO nicht zugewiesen.

Zur Frage 2:

Die Vorschrift des § 118 a HwO erschöpft sich in der Unterrichtungspflicht der zuständigen Ordnungsbehörden an die zuständige Handwerkskammer. Die Aufgaben der Handwerkskammern sind in § 91 Absatz 1 HwO beschrieben. Nach Ziffer 2 hat die Handwerkskammer die Aufgabe, Behörden in der Förderung des Handwerks durch Anregungen, Vorschläge und durch Erstattung von Gutachten zu unterstützen. Die Handwerkskammern können demnach auch Einschätzungen zu handwerksrechtlichen Fragen abgeben.

Zur Frage 3:

Die Haftung richtet sich nach den allgemeinen Regeln. Soweit Maßnahmen der Gefahrenabwehr getroffen werden, kommt ein Ersatzanspruch nach den §§ 39 ff. Ordnungsbehördengesetz (OBG) in Betracht. Bei Amtspflichtverletzungen richtet sich die Haftung nach § 839

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Zur Frage 4:

Zum Regelungsgehalt des § 118 a HwO siehe Antwort zu Frage 2. Die Handwerkskammern können aber im Rahmen der Interessenwahrnehmung für das Handwerk gegen Wettbewerbsverstöße vorgehen und Unterlassungsansprüche geltend machen.

Zur Frage 5:

Nein.