OstwestfalenLippe ist eine Modellregion des Landes in der Vorschläge zum Bürokratieabbau erprobt werden

I. Allgemeiner Teil

In Nordrhein-Westfalen werden Standards abgebaut oder flexibilisiert, auf nicht notwendige Gesetze oder Vorschriften wird verzichtet, um wirtschaftliche und bürgerschaftliche Initiative und die Selbstbestimmung der Menschen zu fördern und zu stärken. Zugleich soll dies dazu beitragen, dass das Land seine finanzielle Handlungsfähigkeit zurückgewinnt.

Ostwestfalen-Lippe ist eine Modellregion des Landes, in der Vorschläge zum Bürokratieabbau erprobt werden. Dort sind Vorschriften außer Kraft gesetzt oder modifiziert, um zu erproben, ob damit unternehmerisches Handeln erleichtert, Existenzgründungen gefördert und die wirtschaftliche Entwicklung insgesamt voran getrieben werden kann. Urheber des Modellprojekts ist die von wichtigen regionalen Akteuren aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Wissenschaft getragene Initiative „Modellregion Ostwestfalen-Lippe: Wirtschaftsnahe Verwaltung".

Die Landesregierung und der Landtag Nordrhein-Westfalen haben die Vorschläge der Initiative aus Ostwestfalen-Lippe aufgegriffen; Vorschläge aus der Region sind durch das Bürokratieabbaugesetz OWL geltendes Recht geworden.

Zur Verringerung der Regelungsdichte und zum Bürokratieabbau werden derzeit nur für die Modellregion geltenden Regelungen landesweite Verbindlichkeit verschafft. Die Regelungen haben sich während der Laufzeit des Bürokratieabbaugesetzes OWL bewährt, so dass deren landesweite Umsetzung erster und zügig umzusetzender Baustein eines weitgehenden Bürokratieabbaus ist.

Die im Bürokratieabbaugesetz OWL festgeschriebene Evaluierung wird fortgeschrieben und umfasst sodann die landesweite Geltung der Sonderregelungen.

Der Modellversuch OWL ist für die Zeit von April 2004 bis April 2007 terminiert; das Bürokratieabbaugesetz OWL träte dann außer Kraft. Eine Fortschreibung dieses Zeitraums ist zu kurz, um bei einer Ausweitung auf ganz Nordrhein-Westfalen haltbare Erkenntnisse über die Umsetzung in Dauerrecht zu gewinnen. Deswegen sieht der Gesetzentwurf eine Frist bis zum 31. Dezember 2007 vor. Die derzeit auf der Grundlage des Bürokratieabbaugesetzes OWL für Ende 2006 vorgesehene Vorlage eines Evaluierungsberichts an den Landtag ist entsprechend hinauszuschieben.

Mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung erhalten die folgenden, derzeit für die Modellregion OWL geltenden besonderen Regelungen Wirkung für das Land Nordrhein-Westfalen:

- Erleichterung der Erweiterung von Unternehmen mit Zufahrten zu Landes- und Kreisstraßen durch Verkürzung der Frist für die Zustimmung zu Baugenehmigungen durch die Straßenbaubehörde von zwei auf einen Monat (§ 2 Nr. 1 a)

- Erleichterte Ausschilderungsmöglichkeiten für Unternehmen an Landes- und Kreisstraßen (§ 2 Nr. 1 b)

- Erleichterung der Nutzung von Hochschuleinrichtungen abweichend von der Landeshaushaltsordnung (§ 2 Nr. 2)

- Verkürzung von Verfahrenslaufzeiten durch Aussetzung des Widerspruchsverfahrens im Arbeitsschutz-, Gewerbe- sowie Bau- und Gaststättenrecht (§ 2 Nr. 3)

- Ersetzen des rechtswidrig versagten Einvernehmens der Gemeinde im Baurecht durch die Bauaufsichtsbehörde (§ 2 Nr. 4 a)

- Wegfall des Genehmigungserfordernisses für Werbeanlagen in Gewerbe- und Industriegebieten auch außerhalb eines Bebauungsplanes (§ 2 Nr. 4 b)

- Anzeige- statt Genehmigungsverfahren für Nutzungsänderungen (§ 2 Nr. 4 c)

- Straffung von Fördermöglichkeiten für den öffentlichen Personennahverkehr (§ 2 Nr. 5) Nachstehende Regelungen des Bürokratieabbaugesetzes OWL werden nicht in Landesrecht übernommen; mit der im Gesetzentwurf vorgesehenen Aufhebung des Bürokratieabbaugesetzes OWL ist mit Wegfall dieser Bestimmungen gleichzeitig eine Rechtsbereinigung vorgenommen:

- Erleichterte Nutzung des Liegenschaftskatasters für öffentlich bestellte Vermessungsingenieure und Notare durch modifizierte Geltung des Vermessungs- und Katastergesetzes und der KatasterdatenübermittlungsVO (§ 3, Nr. 5 a und b des Bürokratieabbaugesetzes OWL): In Folge zwischenzeitlicher Gesetzesänderung bereits geltendes Landesrecht.

- Wegfall des Genehmigungserfordernisses für Kooperationsvereinbarungen benachbarter Berufsschulträger durch modifizierte Geltung der Kooperationsverordnung ­ KVO ­ (§ 3 Nr. 8 des Bürokratieabbaugesetzes OWL): Hinfällig geworden durch den zwischenzeitlichen Wegfall der KVO im Rahmen des neuen Schulgesetzes.

Für die Modellregion bleiben folgende Regelungen im Sonderstatus bestehen:

- Zusammenfassung der staatlichen Umweltämter und der staatlichen Ämter für Arbeitsschutz und Zusammenführung der Aufgaben mit denen der Bezirksregierung in einem Staatlichen Amt für Umwelt und Arbeitsschutz (§ 3 Nr. 1); keine landesweite Übernahme dieses Modells wegen weitergehender Überlegungen zur Verwaltungsstrukturreform

- Anzeige- statt Genehmigungsverfahren für die Aufstellung des Gebietsentwicklungsplanes Teilabschnitt Paderborn-Höxter (§ 3 Nr. 2) bis zur beabsichtigten Novellierung des Landesplanungsgesetzes und ebenda vorgesehenen erleichterten landesweiten Regelungen

Die Landesregierung hat im Verwaltungsvollzug die bis dahin nur für die Modellregion geltenden Sonderregelungen, die keiner Änderung in Gesetzesform bedürfen, landesweit umgesetzt:

- Beschleunigung des Zustimmungsverfahrens der oberen Bauaufsichtsbehörde; Mitteilung der Entscheidung der Bezirksregierungen/der Landräte an die unteren Bauaufsichtsbehörden innerhalb von 14 Tagen

- Förderung von Existenzgründungen aus der Hochschule/Schutzrechte: Unterstützung von Hochschulerfindern, die Gründungswillen bekunden, durch pragmatisches Vorgehen im Sinne einer nachhaltig erfolgreichen Unternehmensgründung

- Ladenschlussgesetz; Erleichterung der Festsetzung verkaufsoffener Sonntage

- Genehmigung für Flächennutzungspläne (Änderungen gemäß § 6 (4) BauGB) durch die Bezirksregierungen innerhalb von zwei Monaten (statt drei)

- Verfahrenserleichterung bei der Überwachung öko-auditierter Unternehmen (EMAS); Verlängerung der Zeitabstände von Kontrollen durch eine Halbierung der Überwachungsfrequenz

- Verkürzung der Verfahrenslaufzeiten bei der Anerkennung von Ausbildungsbetrieben

II. Besonderer Teil

Zu § 1:

Die Vorschrift umschreibt die Zielsetzung des Modellvorhabens. Die Vorschläge sollen, soweit sie sich bewährt haben, nach Abschluss der Modellphase landesweit in Dauerrecht übernommen werden.

Zu § 2:

Unter diesem Paragrafen sind die Normen aufgeführt, die mit dem Bürokratieabbaugesetz OWL für die Modellregion modifiziert worden sind und deren Modifizierungen nunmehr landesweit gelten sollen.

1 a) Für die Erweiterung eines Unternehmens mit einer Zufahrt zu einer Landes- oder Kreisstraße außerhalb der Ortsdurchfahrt bedarf die Baugenehmigung der Zustimmung der zuständigen Straßenbaubehörde. Die Frist zur Erteilung dieser Zustimmung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde wird für das Modellprojekt von zwei Monaten auf einen Monat verkürzt. Nach Ablauf des Monats gilt die Zustimmung als erteilt.

Das Verwaltungsverfahren für Erweiterungsvorhaben wird damit erleichtert.

1 b) Die Änderung erleichtert die Errichtung von nichtamtlichen Hinweiszeichen. Durch die Einführung einer Soll-Bestimmung an Stelle der bisherigen reinen Ermessensvorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 3 StrWG NRW erhalten Unternehmen im Regelfall einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung zur Errichtung nichtamtlicher Hinweiszeichen, wenn dadurch eine konkrete Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist. Die Ausschilderungsmöglichkeiten für Unternehmen werden somit erweitert.

2 Die Vorschrift ermöglicht bis zum In-Kraft-Treten des Hochschulfreiheitsgesetzes eine Ausnahme von dem Grundsatz der Nutzungsüberlassung von Vermögensgegenständen zum vollen Wert (§ 63 Abs. 3 und Abs. 4 LHO). Diese Regelung führt zu einer Verfahrensvereinfachung, die Gründern aus der Hochschule, welche in der Startphase der Unternehmensgründung auf die Nutzung von Hochschuleinrichtungen wie z. B. Räume und Geräte angewiesen sind, die Existenzgründung erleichtern.

Gleiches gilt für hochschulnahe, d.h. durch Kooperationsvereinbarungen mit der Hochschule verbundene Einrichtungen (Verwertungsgesellschaften) des Forschungs- bzw. Technologietransfers.

3 Das Verwaltungsverfahren im Arbeitsschutz-, Gewerbe- sowie Bau- und Gaststättenrecht wird durch die Aussetzung des Widerspruchsverfahrens beschleunigt.

Auch das Widerspruchsverfahren ist im Interesse eines möglichst effizienten Rechtsschutzes an Effizienzgesichtspunkten zu messen. Angesichts der hohen fachlichen Kompetenz der Ausgangsbehörden führt das Widerspruchsverfahren zu einer nur schwer zu rechtfertigenden Verfahrensverzögerung. Ein wesentlicher Nachteil des Widerspruchsverfahrens ist die zum Teil recht lange Verfahrensdauer, durch die Rechts- und Planungssicherheit und, soweit der Widerspruch eines Dritten beispielsweise aufschiebende Wirkung hat, auch die tatsächliche Verwirklichung eines Vorhabens verzögert werden können. Andererseits ist die Erfolgsquote im Widerspruchsverfahren in bestimmten Bereichen gering bis minimal. Die Rechtsschutzfunktion des Widerspruchs und die Funktion der Selbstkontrolle der Verwaltung werden dadurch stark relativiert beziehungsweise ganz in Frage gestellt.