Bürokratiewahn in NRW

Oftmals erschweren Verwaltungsauflagen bzw. Verwaltungsgebühren die Ansiedlung von Gewerbebetrieben.

Dies ist z. B. im Kreis Höxter beim Autohaus Drifte in Steinheim-Bergheim der Fall: Hier werden Verwaltungsgebühren für die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Gewerbehalle in Höhe von 375 und zusätzlich für Anbringung von Werbeanlagen (Signalband und Fahnenmasten) eine weitere Gebühr in Höhe von 405 erhoben.

Daher frage ich die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass im vorliegenden Fall Verwaltungsgebühren für eine Baugenehmigung niedriger sind als für die Genehmigung zur Anbringung von Werbeanlagen?

2. Sieht die Landesregierung die Verhältnismäßigkeit der Höhe von Verwaltungsgebühren im Kreis Höxter für die offenkundig zusammenhängenden Baugenehmigungen gewahrt?

3. Welche Maßnahmen ergreift das Land, damit Verwaltungsgebühren künftig in Relation zu den jeweiligen Bauvorhaben stehen?

4. Welche Möglichkeiten des Bürokratieabbaus sieht die Landesregierung im geschilderten Fall?

5. Wie bewertet die Landesregierung das Vorgehen des Kreises Höxter vor dem Hintergrund der Wirtschaftsförderung in NRW?

Antwort des Ministers für Bauen und Verkehr vom 4. August 2006 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Innenminister und der Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie:

Vorbemerkung:

Als Gegenleistung für Amtshandlungen der Bauaufsichtsbehörde sind von der Bauherrin oder dem Bauherrn auf der Grundlage des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein Westfalen (GebG NRW) Verwaltungsgebühren zu entrichten. Nach § 2 GebG NRW sind die einzelnen Amtshandlungen, für die Gebühren erhoben werden, und die Gebührensätze unter Beachtung der §§ 3 bis 6 GebG NRW in Gebührenordnungen zu bestimmen. Bei der Bemessung der Gebührensätze hat der Verordnungsgeber nach § 3 GebG NRW darauf zu achten, dass zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung für den Kostenschuldner andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht (Äquivalenzprinzip). Gem. § 4 GebG NRW sind die Gebühren durch feste Sätze, nach dem Wert des Gegenstandes, nach der Dauer der Amtshandlung oder durch Rahmensätze zu bestimmen.

Die einzelnen Amtshandlungen, für die in baurechtlichen Angelegenheiten Gebühren erhoben werden, und die Gebührensätze sind in der Tarifstelle 2 des Allgemeinen Gebührentarifs (AGT) der von der Landesregierung erlassenen Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung (AVwGebO NRW) enthalten. Diese Gebühren sind entweder als prozentualer Anteil der Rohbausumme oder der Herstellungssumme, als Rahmengebühr, als Festgebühr oder als Gebühr nach Zeitaufwand festgesetzt. Baugenehmigungsgebühren für die Errichtung von Gebäuden bemessen sich nach der Rohbausumme, die sich aus der Vervielfachung des Brutto-Rauminhalts eines Gebäudes mit dem zugehörigen Rohbauwert der betreffenden Gebäudeart je m3

Brutto-Rauminhalt ergibt. Die Rohbauwerte werden fortgeschrieben und jährlich erneut bekannt gegeben. Bei baulichen Anlagen, für die keine Rohbausumme ermittelt werden kann, wie z. B. bei Werbeanlagen, wird die Gebühr als prozentualer Anteil der Herstellungssumme ermittelt.

Die Kleine Anfrage bezieht sich auf zwei Bauvorhaben des Autohauses Drifte in SteinheimBergheim. Hierzu wird folgendes ausgeführt:

Mit Datum vom 19.06.2002 beantragte die Firma Drifte GmbH & Co. KG eine Baugenehmigung für den Neubau einer Ausstellungshalle, die mit Bauschein vom 16.09.2002 erteilt wurde. Der Kreis Höxter erhob hierfür mit Gebührenbescheid vom 12.09.2002 eine Gebühr von

Grundlage hierfür war die Tarifstelle 2.4.1.2 des AGT, wonach für die Errichtung von Gebäuden im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW, die Sonderbauten (§ 54 BauO NRW) sind, eine Gebühr von 10 von Tausend der Rohbausumme zu erheben ist. Als Rohbausumme wurde ein Betrag von 37.500 ermittelt.

Die Bauherrin beantragte nachfolgend mit Datum vom 04.08.2003 eine Baugenehmigung für Werbeanlagen. Es handelt sich hierbei insbesondere um beleuchtete und unbeleuchtete Fassadenbänder in einer Länge von jeweils 15 bzw. 10 m und um eine Standwerbung mit Kundenleitsystem, die auf der unbebauten Freifläche aufgestellt werden sollte. Da die Werbeanlagen nicht den gestalterischen Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 2 a der Stadt Steinheim entsprachen, ließ die untere Bauaufsichtsbehörde von zwei gestalterischen Festsetzungen Abweichungen gem. § 73 BauO NRW zu und erteilte mit Datum vom 12.08. die beantragte Baugenehmigung. Der Kreis Höxter erhob hierfür mit Gebührenbescheid vom 12.08.2003 eine Gebühr von 405, die sich aus einer Verwaltungsgebühr nach Tarifstelle

(6 v. H. der Herstellungssumme) von 330 und einer Gebühr für die zugelassenen Abweichungen nach Tarifstelle 2.5.3.1 von 75 zusammensetzt.

Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass die untere Bauaufsichtsbehörde die Gebühren fehlerhaft ermittelt hat. Sie hat hierbei die maßgeblichen Tarifstellen zugrunde gelegt. Die höhere Gebühr für die Werbeanlagen ergibt sich u.a. aus einem erhöhten Verwaltungsaufwand für die Abweichungen von den gestalterischen Festsetzungen des Bebauungsplanes.

Hierfür sieht die Tarifstelle 2.5.3.1 eine Rahmengebühr von 50 bis 500 vor. Da im genannten Fall mehrere Abweichungen zugelassen wurden, ist eine Gebühr von 75 im Verhältnis zum Verwaltungsaufwand und der Bedeutung und dem wirtschaftlichen Wert der Amtshandlung angemessen und nicht zu beanstanden.

Der Verordnungsgeber hat eine Ermäßigung und Befreiung von Gebühren im Einzelfall in § 6 GebG NRW i.V.m. § 3 Abs. 1 AVerwGebO NRW aus Gründen der Billigkeit vorgesehen, insbesondere zur Vermeidung sozialer Härten. Würde die Erhebung einer Gebühr für eine staatliche Leistung bei einem Unternehmer zu einer nachweisbaren finanziellen Schwierigkeit führen, könnte dies z. B. in Form einer ratenweisen Zahlung oder in Form einer Ermäßigung berücksichtigt werden. Diese flexible Anpassung an den Einzelfall ist aus Sicht der Landesregierung ein Beitrag zu verantwortlicher Wirtschaftsförderung.

Zu den Fragen 1 und 2:

Bei der Festsetzung der Gebühr in Tarifstelle 2.4.1.6 (Baugenehmigung für Werbeanlagen) hat der Verordnungsgeber beachtet, dass zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung für den Kostenschuldner andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht. Er hat bei der Festlegung des prozentualen Anteils (6 v. H.) auch berücksichtigt, dass mit der Gebühr auch die Amtshandlungen „Bauüberwachung" und „Bauzustandsbesichtigung" abgegolten werden. Die Gebührenerhebung im genannten Fall ist nicht zu beanstanden und entspricht auch den in der Vorbemerkung genannten Grundsätzen des Gebührengesetzes. Im Übrigen wurden die Zulässigkeit der Ausstellungshalle und der Werbeanlagen in jeweils separaten Baugenehmigungsverfahren, die auch zeitlich weit auseinander fielen, geprüft.

Zu den Fragen 3 und 4:

Im Hinblick auf die in der Vorbemerkung genannten Regelungen besteht für weitere Maßnahmen in dem geschilderten Fall kein Anlass. Unabhängig davon werden im Rahmen des von der Landesregierung beschlossenen Gesamtskonzepts zum Bürokratieabbau auch die Regelungen der Landesbauordnung systematisch auf Deregulierungsmöglichkeiten überprüft. Hierbei ist auch beabsichtigt, die Ermäßigung von Baugenehmigungsgebühren einzubeziehen.

Zur Frage 5:

Hierzu verweise ich auf die Vorbemerkung und auf die Beantwortung der Fragen 1 und 2.