Durchsetzung des Schulzwangs nach dem neuem Schulgesetz

Die allgemeine Schulpflicht findet ihre verfassungsrechtlich unmittelbare Verankerung in Art. 8 Abs. 2 der Nordrhein-Westfälischen Landesverfassung. Die konkret normative Ausgestaltung der Schulpflicht erfolgt in § 41 des SchulG NW. Hier ist geregelt, dass die Einhaltung dieser Pflicht in erster Linie die Eltern -im Falle der Berufsschulen auch die Ausbildungsbetriebe- trifft.

Im Falle der Nichtbeachtung der Schulpflicht ist die zwangsweise Schulzuführung in § 41 Abs. 4 SchulG NW geregelt. Die Durchsetzung des Schulzwangs wird hier in das Ermessen der Schulleitung oder der Schulaufsichtsbehörde gestellt. Die Durchführung der Zwangsmaßnahmen erfolgt durch die zuständige Ordnungsbehörde, die nach §§ 66 bis 75 VwVG NW tätig wird.

Da neben der Schulleitung nun auch die Schulaufsicht berechtigt ist, eine Zwangszuführung anzuordnen, kann sich in der Praxis u.U. eine Zuständigkeitskonfusion ergeben. Meint: Der Schulleiter wartet auf die Schulaufsicht, die als die rechtlich "sattelfestere" Behörde handeln könnte - die Schulaufsicht wartet auf ein Einschreiten der Schulleitung vor Ort, als der sachnäheren Instanz.

Aufgrund der Vielzahl der ggf. bei der Durchsetzung von Zwangmaßnahmen beteiligten Behörden -Schule, Schulaufsicht, Jugendamt, Ordnungsbehörde, Polizei- ist eine kommunikative Vernetzung unerlässlich. Nach § 41 Abs. 4 S. 2 SchulG NW ist aber lediglich das Jugendamt über beabsichtigte Zwangsmaßnahmen zu unterrichten. Eine Rückmeldung über den Erfolg der konkreten Maßnahmen an die Schulen oder gar Informationen an den Schulträger sind bislang nicht vorgesehen.

Tatsache ist, dass die bislang in erster Linie pädagogisch ausgebildeten Schulleiterinnen und Schulleiter für diese ihnen hier übertragenen juristischen Aufgaben -noch- nicht ausreichend ausgebildet sind. Sie könnten in der Praxis mit der Umsetzung des sehr komplexen Verwaltungsvollstreckungsrechts daher schlicht überfordert sein.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass die Schulleitungen auf die Ihnen aus § 41 Abs. 4 SchulG NW erwachsene Aufgabe ausreichend vorbereitet und insbesondere im Vollstreckungsrecht ausgebildet bzw. qualifiziert werden?

2. Wie erklärt die Landesregierung, dass für die Anordnung von Zwangsmitteln gegenüber Eltern nach § 41 Abs. 5 SchulG NW nur die Schulaufsicht, aber hier gerade nicht die Schulleitung zuständig ist?

3. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass Schulleitung und Schulaufsicht bei der Entscheidung, ob die Schulpflicht im Einzelfall zwangsweise durchgesetzt werden soll, einheitlich und abgestimmt vorgehen?

4. Wie oft wurde seit dem 01.08.2000 die Schulpflicht zwangsweise durchgesetzt? (Bitte aufschlüsseln nach Bezirksregierungen, Schulträgern und Schuljahren sowie -wenn möglich- nach Jahrgangsstufen der betroffenen Schülerinnen und Schüler; ab dem 01.08.2006 weiterhin: nach der anordnenden Behörde)

5. Wie bewertet die Landesregierung die Notwendigkeit des Informationsaustauschs bei der Umsetzung von Schulzwang zwischen den beteiligten Behörden vor dem Hintergrund des Datenschutzes?