Verdeckte bzw. offene Subventionen für Ryanair am Flughafen Niederrhein (Weeze)

Anfang 2006 beschlossen die vier Partner „2-Land-Projekt", Niederrhein Tourismus, Gemeinde Weeze und Kreis Kleve eine „Werbekampagne Niederrhein", die insgesamt 900. Euro, verteilt auf drei Jahre kosten soll. Rund 450.000 Euro davon soll laut Rheinische Post vom 21.01.2006 Ryanair erhalten. Die Gegenleistung der irischen Billigfluggesellschaften nimmt sich bescheiden aus: Für 150.000 Euro jährlich erscheint auf der Internetseite www.ryanair.com ein Knopf „Lower Rhine" (Niederrhein), der als Link auf die Internetseite www.niederrhein-tourismus.de führt. Alle zwei Monate sollen 270.000 Besucher der RyanairSeite „zielgruppenorientiert per Email angeschrieben" werden, „um die Region und deren Möglichkeiten zu präsentieren". Die Kosten der Aktion werden laut Rheinischer Post mit 510.000 Euro überwiegend von dem „2-Land-Projekt" der Wirtschaftsfördergesellschaft des Kreises Viersen getragen und kommen damit aus den Euregio-Töpfen der EU. 90.000 Euro soll „Niederrhein Tourismus und jeweils 150.000 Euro der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze beisteuern.

Bei einem derart irreal hohen Preis für relativ einfache Werbemaßnahmen liegt der Schluss nahe, dass es sich hier um eine verdeckte Subventionierung von Ryanair handelt. Offensichtlich will Ryainair damit das Urteil des Europäischen Gerichtshofes gegen Ryanair aus dem Jahr 2003 wegen unzulässiger Subventionen im Fall des belgischen Flughafens Charleroi umgehen. Dabei handelt es sich wohl um eine typische Masche von Ryanair. So schreiben die Autoren des vom Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig Holstein in Auftrag gegebenen Gutachtens „Entwicklungsperspektiven der Flughäfen der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg" (Firma UNICONSULT GmbH vom Dezember 2005): „Ryanair selbst versucht dieses Urteil dadurch zu umgehen, indem sie mindestens in einem Fall eine Gemeinde in Polen darauf verpflichtete, auf der Ryanair-Homepage teure Regionalwerbung zu schalten." Das Gutachten kommt weiterhin zu dem Schluss: „Eine dezidiert andere Strategie verfolgt Ryanair, die von ihren Basen aus vorzugsweise kleinere Flughäfen in verhältnismäßig abgelegenen Gebieten anfliegt, wobei sich die bedienten Flughäfen durch besonders niedrige Nutzungskosten auszeichnen. Wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben, setzt Ryanair dabei nicht unbedingt auf Verbindungen, die sich aufgrund eines ausreichenden Verkehrsaufkommens wirtschaftlich selbst tragen können, sondern zielt oftmals auch explizit auf die dauerhafte Subventionierung ihrer Strecken durch regionale Gebietskörperschaften. So hat das Unternehmen in mehreren Fällen unmittelbar nach der Beendigung von Subventionszahlungen Flugverbindungen eingestellt." Anfang August 2006 wurde vom Landgericht Kiel die Entgeltverordnung des Flughafens Lübeck für unzulässig erklärt, da der Flughafen mit Ryanair individuelle Regelungen über erhebliche Preisnachlässe getroffen hat. Der Flughafen soll nun aufgefordert werden, alle Preisnachlässe offen zu legen. Danach soll entschieden werden, ob Ryanair erneut unerlaubte Subventionen zurückzahlen muss.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Hält die Landesregierung die Zahlung von 450.000 Euro an Ryanair für die Setzung eines Links auf der Ryanair-Webseite sowie Mailingaktionen durch Ryanair für vereinbar mit den Leitsätzen des Charleroi-Urteils bzw. den EU-Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen?

2. Sind am Flughafen Niederrhein im Hinblick auf die Entgeltverordnung individuelle Regelungen über erhebliche Preisnachlässe mit Ryanair getroffen worden?

3. Welche Marketing-Zuschüsse sind mit Ryanair bei Vertragsabschluss am Flughafen Niederrhein vereinbart worden?

4. Welche Start- und Landegebühren zahlt Ryanair pro Passagier am Flughafen Niederrhein?

5. An welchen anderen nordrhein-westfälischen Flugplätzen wurden individuelle Regelungen über erhebliche Preisnachlässe bei den Start- und Landegebühren getroffen?

Antwort des Ministers für Bauen und Verkehr vom 25. Oktober 2006 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und der Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie:

Zur Frage 1:

Die Relevanz des EG-Beihilfenrechts für einen Sachverhalt beurteilt sich u. a. danach, ob eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln stammende (finanzielle) Leistung an ein Wirtschaftsunternehmen ohne angemessene Gegenleistung gewährt wurde. Das Land Nordrhein-Westfalen war und ist an einer „Werbekampagne Niederrhein" nicht beteiligt. Der Landesregierung sind daher etwaige Vereinbarungen der in der Kleinen Anfrage genannten Gebietskörperschaften und Unternehmen mit der irischen Fluggesellschaft Ryanair betreffend das Preis-/Leistungsverhältnis von Werbemaßnahmen dieser Fluggesellschaft nicht bekannt. Die Landesregierung kann daher keine beihilfenrechtliche Würdigung des in der Kleinen Anfrage dargestellten Sachverhalts vornehmen.

Zur Frage 2:

Der Landesregierung sind individuelle Regelungen über Preisnachlässe betreffend die Entgelte am Flughafen Niederrhein zwischen der Betreiberin des Flughafens und der Fluggesellschaft Ryanair nicht bekannt.

Zur Frage 3:

Das Land Nordhein-Westfalen hat an die Fluggesellschaft Ryanair zu keiner Zeit Zuschüsse geleistet. Evtl. Vereinbarungen über Marketing-Zuschüsse zwischen der Betreiberin des Flughafens Niederrhein und der Fluggesellschaft Ryanair sind der Landesregierung nicht bekannt.

Zur Frage 4:

Sämtliche Gebühren (Lande- und Abstellentgelte) richten sich nach der Entgeltordnung vom 12. Januar 2005. Die Entgeltordnung ist Bestandteil der Benutzungsordnung für den Flughafen Niederrhein. Sie gilt für alle Benutzer des Flughafens und sieht keine individuellen Preisvereinbarungen vor, sondern setzt einheitlich Gebühren fest. Die Entgeltordnung wurde am 02. März 2006 in den Nachrichten für Luftfahrer (NfL) Nr. 77/06 veröffentlicht.

Zur Frage 5:

Der Landesregierung sind individuelle Vereinbarungen von Flugplatzbetreibern mit Benutzern über Preisnachlässe bei den Start- und Landegebühren betreffend Flugplätze in Nordrhein-Westfalen nicht bekannt. Es gelten die jeweiligen Entgeltordnungen.