Sicherheitsvorkehrungen im Amtsgericht Bensheim

Vor circa 2 Jahren hat das Hessische Landeskriminalamt beim Amtsgericht in Bensheim eine Besichtigung und Überprüfung des Sicherheitsstandards des Amtsgerichts durchgeführt. Obwohl die bestehenden Sicherheitsvorkehrungen von den Richterinnen und Richtern sowie den Bediensteten als nicht ausreichend angesehen werden, hat die Inaugenscheinnahme des Hessischen Landeskriminalamtes bislang keine Veränderungen gebracht.

Vorbemerkung des Ministers der Justiz:

Das Justizministerium hat aufgrund eines entwickelten Sicherheitskonzeptes das hessische Landeskriminalamt gebeten, für alle hessischen Gerichte und Staatsanwaltschaften eine Sicherheitsberatung durchzuführen. Daraufhin hat das Hessische Landeskriminalamt eine standardisierte polizeiliche Konzeption für Objektbegehungen und -beratungen von Gebäuden hessischer Gerichte und Staatsanwaltschaften entwickelt und in der Folge alle hessischen Gerichte und Staatsanwaltschaften besucht und entsprechende Beratungsberichte gefertigt. Der Besuch bei dem Amtsgericht Bensheim erfolgte am 7. Juli 1999; der Beratungsbericht wurde am 26. Juli 1999 gefertigt.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:

Frage 1. Welche Ergebnisse und Feststellungen hat die Begutachtung durch das Hessische Landeskriminalamt in Bensheim gebracht?

Der Beratungsbericht des Hessischen Landeskriminalamtes beginnt mit der Feststellung, dass "aufgrund der Gestaltung des Objektes sowie unter dem Aspekt seines Alters bestimmte Sicherheitsvorkehrungen nicht eingebaut bzw. realisiert werden können und zudem ökonomisch außer Verhältnis stehen". Das Landeskriminalamt empfiehlt sodann folgende Maßnahmen:

- Umlegung der Wachtmeisterei in einen Raum unmittelbar neben dem Haupteingang des Gerichts und Schaffung eines Mauerdurchbruchs mit durchschusshemmendem Glas, Schiebedurchreiche und Gegensprechanlage zur Eingangsschleuse; zusätzliche Sicherung der Zugangstür zur neuen Wachtmeisterei.

- Aufbringen einer durchwurfhemmenden Folie der Widerstandsklasse A 1 auf den Milchglasfensterfüllungen im Sitzungssaal und im Beratungszimmer des Erdgeschosses sowie Anbringung eines Einblickschutzes (Klapplamellenstores).

- Anbringung eines Winkelschließbleches mit Mauerankern sowie zweier Hintergreifer an der Bandseite der Flurtür des Sitzungssaales und des Beratungszimmers; ferner sollen an den Beratungszimmern aller Sitzungssäle an den Türaußenseiten einbruchhemmende Beschläge mit Knopfgarnitur angebracht werden.

- Soweit noch nicht geschehen, sollen die Kellerfenster vergittert werden.

- Anbringung zweier Stahlquerriegel an die ansonsten als augenscheinlich ausreichend widerstandsfähig angesehene Außentür zum Heizungskeller.

- Anbringung einer mehrfach verleimten Tischlerplatte über die Tür zum Lagerraum.

- Anbringung je eines einbruchhemmenden Beschlages mit Knopfgarnitur mit selbstverriegelndem Schloss mit Anti-Panikfunktion an Kellerflurtür und Fahrradkellertür. Darüber hinaus sollen sie an der Schlossseite mit einer Dreifachverriegelung und an der Bandseite mit drei Hintergreifern ausgestattet werden. Die beiden Standflügel sollen von innen angebrachte und verschließbare Schubriegel erhalten, die in den Boden und in die Decke des Kellerflures eingreifen. Zudem sollen beide Türen mit einem elektromechanischen Kontakt versehen werden, der die Türen auf Öffnung und Verschluss überwacht. Die Zustandsüberwachung soll optisch und akustisch auf einem Tableau in der Wachtmeisterei angezeigt werden.

- Der Nebeneingang zum Familiengericht soll geschlossen werden. Der Besucherverkehr für das Familiengericht soll ebenfalls über den Haupteingang des Amtsgerichts mit entsprechender Beschilderung über den Kellerflur zum Familiengericht geschleust werden. Die beiden Eingangstüren des Familiengerichts sollen konsequent verschlossen bleiben und gegen einbruchhemmende Türen der Widerstandsklasse ET 1 gemäß DIN 18 103 ausgetauscht werden.

- Die Tür am Treppenturm Hauptgebäude soll an der Außenseite mit einem einbruchhemmenden Blindbeschlag mit Knopfgarnitur nachgerüstet werden. An der Schlossseite soll ein selbstverriegelndes Schloss mit AntiPanik-Funktion und Dreifachverriegelung angebracht werden. Das Schloss soll von innen mit einem Profilhalbzylinder zu verriegeln sein.

Darüber hinaus sollen an der Bandseite mindestens zwei Hintergreifer installiert werden. Zusätzlich soll die Tür analog der Außentür/Abgangsschleuse elektronisch auf Öffnung und Verschluss zu überwachen sein, wobei die Zustandsübertragung wieder auf ein Tableau in der Wachtmeisterei erfolgen soll.

- Die Kellerverbindungstür Altbauübergang/Neubaukellerflur/Familiengericht soll konsequent geschlossen gehalten werden. Zusätzlich soll die Nachrüstung mit einem zum Kellerflur hin liegenden Blindbeschlag mit Knopfgarnitur erfolgen; an der Bandseite sollen zwei Hintergreifer angebracht werden.

- Die installierten Innenmetallklappläden im Grundbuchamt sollen auch tagsüber konsequent geschlossen bleiben, sodass rund um die Uhr ein Schutz gegen Eindringen von Gegenständen gewährleistet ist.

- Der Schrillalarm in der Gerichtskasse soll gegen einen stillen Alarm mit akustischer und optischer Anzeige auf einem Tableau in der Wachtmeisterei ausgetauscht werden.

- Es soll eine Überfallmeldeanlage mit Anschluss an die Polizei geschaltet werden. Flankierend dazu sollen analog der Auslösemöglichkeit in der Gerichtskasse weitere Auslösemöglichkeiten für eine interne Alarmanlage angebracht werden, die einen stillen Alarm zur Wachtmeisterei übertragen soll. Auslösemöglichkeiten sollen bestehen bei dem Behördenleiter, in den Sitzungssälen, in den Einzelrichterzimmern und der Gerichtskasse.

- Die Zufahrt zum Gerichtsparkplatz soll per Schranke geregelt werden.

- Die Wachtmeister sollen mit einem Handdetektor ausgerüstet werden.

Frage 2. Wann werden die vom Hessischen Landeskriminalamt festgestellten notwendigen Sicherheitsvorkehrungen umgesetzt?

Noch in den vergangenen Legislaturperioden wurde im Hessischen Ministerium der Justiz ein Sicherheitskonzept für die Justizbehörden des Landes Hessen erarbeitet. Dieses sah die zugweise Umsetzung notwendiger Sicherheitsvorkehrungen vor. Das geschieht unter der jetzigen Landesregierung. In diesem Sicherheitskonzept wurde festgehalten, dass nach Abschluss der baulich-technischen Grundsicherung bei dem Oberlandesgericht, den Landgerichten und den Präsidialamtsgerichten nach Maßgabe der jeweils zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel vorrangig eine entsprechende Grundsicherung der übrigen Amtsgerichte erfolgen soll. Auf der Grundlage der Beratungsergebnisse durch die Sicherheitsbehörden und einer durch das Oberlandesgericht zu erstellenden Prioritätenliste sollen pro Haushaltsjahr jeweils eine bestimmte Zahl von Amtsgerichten ausgestattet werden.

Diese Prioritätenliste wird derzeit von dem Oberlandesgericht erstellt; mit einer Vorlage an das Hessische Ministerium der Justiz wird Ende 2000 gerechnet.

Ob und wann die von dem Hessischen Landeskriminalamt vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt werden, hängt von der Einschätzung dieser Prioritätenliste ab. Schon jetzt kann jedoch gesagt werden, dass nicht alle von dem Hessischen Landeskriminalamt vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzbar sind. Dies soll beispielhaft an drei Maßnahmen erläutert werden:

1. Das Hessische Landeskriminalamt hat vorgeschlagen, den Pfortenbereich durch Umsetzung der Wachtmeisterei zu verändern. Eine Besichtigung vor Ort durch die Mitarbeiter des Baureferates des Hessischen Ministers der Justiz hat jedoch ergeben, dass die baulichen Vorgaben eine solche Maßnahme wenig vernünftig erscheinen lassen. Der von dem Hessischen Landeskriminalamt vorgeschlagene Raum für die Wachtmeisterei liegt unmittelbar neben dem Treppenaufgang. Wollte man einen Wanddurchbruch zum Treppenhaus mit durchschusshemmendem Glas, Schiebedurchreiche und Gegensprechanlage zur Eingangsschleuse schaffen, so müsste vor diesen Wanddurchbruch ein Podest auf den Treppenaufgang gebaut werden, damit die Besucherinnen und Besucher auf dieselbe Ebene wie die sie ansprechenden Bediensteten gebracht werden. Da das Treppenhaus jedoch sehr schmal ist, ginge so viel Raum verloren, dass im Falle einer Feuergefahr die aus dem Hause strömenden Menschen nur wenig Platz im Treppenhaus finden würden. Dies würde erst recht dann gelten, wenn einmal der notwendige Behindertenaufzug im Treppenhaus eingebaut worden ist. Sinnvoller erscheint es dagegen, die Wachtmeisterei am bisherigen Platz zu belassen; sie liegt etwa zwei Meter gegenüber dem Haupteingang und ist bereits mit einem Sichtfenster so ausgerichtet, dass der Dienst habende Wachtmeister den Eingangsbereich einsehen kann. Nach Sichtkontakt und Bescheidung von Nachfragen über Gegensprechanlage könnte die Eingangsschleuse elektronisch freigegeben werden. Diese Maßnahme erscheint deutlich sinnvoller und kostengünstiger.

2. Das Hessische Landeskriminalamt hat weiter vorgeschlagen, die installierten Innenmetallklappläden im Grundbuchamt auch tagsüber konsequent geschlossen zu halten, sodass rund um die Uhr ein Schutz gegen Eindringen von Gegenständen gewährleistet ist. Diese Maßnahme erscheint im Interesse der Bediensteten nicht umsetzbar; dies würde nämlich bedeuten, dass die in diesen Räumen tätigen Bediensteten ausschließlich bei künstlicher Beleuchtung und ohne die Möglichkeit, ein Fenster öffnen zu können, arbeiten müssten.

3. Schließlich hat das Hessische Landeskriminalamt vorgeschlagen, den Nebeneingang zum Familiengericht zu schließen; der Besucherverkehr für das Familiengericht soll ebenfalls über den Haupteingang des Amtsgerichts mit entsprechender Beschilderung über den Kellerflur zum Familiengericht geschleust werden. Eine Nachfrage bei einer bei dem Amtsgericht Bensheim tätigen Familienrichterin hat ergeben, dass Sicherheitsprobleme im Wesentlichen durch aggressive Ehemänner gegenüber ihren Ehefrauen auftreten; hin und wieder würden die Ehefrauen bedroht. Die Mitarbeiter des Baureferates des Hessischen Ministers der Justiz haben sich den von dem Hessischen Landeskriminalamt vorgeschlagenen Weg durch den Keller des Amtsgericht Bensheim angesehen. Der Weg wird an einer Stelle so eng, dass nur noch eine Person passieren kann. Steht man in diesem Kellergang, so kann man sich unschwer vorstellen, dass eine bedrohte Ehefrau in diesem Keller vor Angst regelrecht in Panik geraten kann; diese Wegeführung ist schlicht unzumutbar.

Frage 3. Welche Kosten werden hiermit verbunden sein?

Bereits dem Anforderungskatalog des Hessisches Landeskriminalamts für das Amtsgericht Bensheim kann man entnehmen, dass das Hessische Landeskriminalamt Maximalforderungen für die Sicherheitslage aufgestellt hat.

Um keine unnötigen Kosten zu produzieren, sind bislang keine Kostenschätzungen für alle Maßnahmen durch die Staatsbauämter angefordert worden.

Dies erfolgt vielmehr nach Sichtung der Prioritätenliste des Oberlandesgerichts im Zuge der Bearbeitung der Instandsetzungsunterlagen Bau für die Gerichte und Staatsanwaltschaften.

Frage 4. Sind die sich aus der Überprüfung des Hessischen Landeskriminalamtes ergebenden Veränderungen mit den örtlich Betroffenen erörtert worden?

Die Sicherheitsbelange der Gerichte und Staatsanwaltschaften werden ständig bei den Besuchen der Mitarbeiter des Baureferates des Hessischen Ministers der Justiz mit den Behördenleitern erörtert; dies erfolgt regelmäßig bei Besprechung der Instandsetzungsunterlagen Bau, aus gegebenem Anlass oder auf Anforderung der Behördenleiter. Die letzte Besprechung der Sicherheitsbelange des AG Bensheim fand anlässlich einer Begehung des Amtsgerichts Bensheim am 25. September 2000 statt. Auch bei diesem Termin wurden die Sicherheitsbelange des Amtsgerichts vor Ort noch einmal eingehend erörtert.

Frage 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Anregung der örtlich Betroffenen, den Zugang zum Amtsgericht mittels eines elektronischen Türöffners regeln zu können und den Eingangsbereich durch geringfügige bauliche Veränderungen - wie z. B. einen Wanddurchbruch und anderes - zu gestalten?

Zu diesem Aspekt wurde bereits in der Antwort zu Frage 2 Stellung genommen. Der Einbau eines elektronischen Türöffners erscheint ausgesprochen sinnvoll; aus diesem Grunde wurde das Amtsgericht Bensheim durch Erlass vom 7. November 2000 angewiesen, diese Maßnahme zur Verbesserung der Sicherheit umgehend umzusetzen. Die Zuweisung der erforderlichen Haushaltsmittel wurde zugesagt.

Ein Mauerdurchbruch und eine Verlegung der Wachtmeisterei erscheinen hingegen aus den genannten Gründen nicht sinnvoll.

Frage 6. Welche Kosten werden hiermit voraussichtlich verbunden sein?

Mit Erlass vom 7. November 2000 wurde der Direktor des Amtsgerichts Bensheim mit der Durchführung der Maßnahme beauftragt und gebeten, erforderlichenfalls unter Beteiligung des Staatsbauamts Darmstadt die benötigten Haushaltsmittel ermitteln zu lassen. Die Kostenermittlung liegt noch nicht vor, die Frage nach den Kosten kann daher noch nicht beantwortet werden.

Frage 7. Wann ist damit zu rechnen, das diese Anregung aufgegriffen und tatsächlich umgesetzt wird?

Der erste Teil der Frage ist durch die Antwort zu Frage 6 bereits beantwortet.

Sobald die Kosten bekannt sind, werden die zur tatsächlichen Umsetzung der Maßnahme erforderlichen Haushaltsmittel zugewiesen. Dies wurde dem Direktor des Amtsgerichts Bensheim bereits zugesagt.