Neuer Atommüll im Brennelemente Zwischenlager Ahaus
Das Transportbehälterlager Ahaus (TBL) bzw. Brennelemente Zwischenlager Ahaus (BZA) wurde in den Jahren 1984 bis 1990 erbaut. Die Anlage ging mit der ersten Aufbewahrungsgenehmigung im Juni 1992 in den nuklearen Betrieb. Diese erste Aufbewahrungsgenehmigung wurde am 07. November 1997 sowie am 17. Mai 2000, am 24. April 2001 sowie am 30. März 2004 geändert. Betrieben wird die Anlage von der Brennelement-Zwischenlager Ahaus GmbH als gemeinsames Tochterunternehmen der GNS Gesellschaft für NuklearService mbH (55 %) und der STEAG encotec GmbH (45 %).
Im BZA Ahaus dürfen nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) maximal 3.960 Tonnen bestrahlter Brennelemente aus Leichtwasserreaktoren in CASTOR-Behältern auf 370 Stellplätzen eingelagert werden. Darüber hinaus werden in Ahaus alle Kugelbrennelemente des stillgelegten THTR-Reaktors Hamm-Uentrop in 305 kleinen CASTORBehältern auf weiteren 50 Stellplätzen gelagert.
Am 30. März 2004 wurde vom BfS die 3. Änderungsgenehmigung für das BZA Ahaus erteilt.
Damit dürfen nicht nur abgebrannte Brennelemente aus Leistungsreaktoren, sondern auch Brennelemente aus dem Forschungsreaktor Rossendorf in 18 Behältern der Bauart CASTOR MTR2 (SN 01 GP bis SN 18 GP) gelagert werden. Am 30. März 2006 befanden sich laut BfS 305 Behälter CASTOR THTR/AVR, 3 Behälter CASTOR V/19, 3 Behälter CASTOR V/52 und 18 Behälter CASTOR MTR2 im Lager.
Derzeit denken die Betreiber des BZA über eine Ausweitung der Aufbewahrungsgenehmigung nach, weil das BZA nur zu ca. 10 % ausgelastet ist. Wie aus der Beantwortung einer Kleinen Anfrage hervorgeht, rechnet die niedersächsische Landesregierung ab 2009 (Land tags-Drucksache 15/3004) mit der Einlagerung 250 Großbehälter mit CSD-C-Kokillen in das BZA. Dabei soll es sich überwiegend um kompaktierte schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus der französischen Plutoniumfabrik der Firma AREVA NC (früher: COGEMA) handeln.
Anstelle der Rückführung von bituminierten Abfällen von der AREVA NC ist die Rücknahme verglaster mittelradioaktiver Abfälle (CSD-B-Kokillen) in rund 20 Großbehältern voraussichtlich ab 2015 vorgesehen.
Presseberichten zufolge soll die Brennelemente-Zwischenlager Ahaus GmbH am 31. Oktober 2006 bei der Bezirksregierung Münster außerdem einen Antrag gestellt haben zur Ablagerung von Bauteilen aus stillgelegten Atomkraftwerken sowie von mittelradioaktiven Abfällen, die bei der Wiederaufarbeitung deutscher Brennstäbe in Frankreich anfallen. Die beantragten Genehmigungen zur Lagerung dieser Abfälle sollen auf zehn Jahre befristet sein.
Danach soll das Material in ein vom Bund zu errichtendes Endlager gebracht werden.
Vor diesem Hintergrund bitten wir die Landesregierung um Beantwortung folgender Fragen:
1. Gibt es ein zwischen den Betreibern, dem BfS, der Bundes- und der Landesregierung NRW abgestimmtes Zwischenlagerkonzept für das BZA?
2. Wie wird die fristgerechte Räumung des BZA für die zusätzlichen Abfälle garantiert, wenn es bis dahin noch kein gesichertes Endlager gibt?
3. Wie sehen die vom BZA angekündigten bzw. beantragten Einlagerungsabsichten aus dem Betrieb und Rückbau deutscher Kernkraftwerke hinsichtlich Art bzw. Beschaffenheit des Materials, der Menge, der Behälter bzw. Gebindeformen, der Anlagenteile, der Radioaktivität, der Herkunft und der Zeitpläne zur Einlagerung aus?
4. Ist weiterhin beabsichtigt - wie früher einmal geplant - für die geplanten Rücktransporte aus der französischen Plutoniumfabrik der Firma AREVA NC (früher: COGEMA) eine zweite, wesentlich sichere Lagerhalle in Ahaus zu errichten?
5. Wie bewertet die Landesregierung die Lagerung der CSD-C Behälter in der alten BZAHalle hinsichtlich des Sicherheitsstandards und vor dem Hintergrund, dass diese Behälter nicht die Sicherheitsklasse der CASTOR-Behälter und ihre Wandstärke nur der höchstzulässigen Strahlung an der Außenhaut angepasst wird?
Antwort der Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie vom 18. Dezember 2006 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales:
Vorbemerkung:
Mit der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung (BReg) und den Energieversorgungsunternehmen (EVU) vom 14. Juni 2000 sollte unter Beibehaltung eines hohen Sicherheitsniveaus und unter Einhaltung der atomrechtlichen Anforderungen für die vereinbarte befristete Nutzungsdauer der deutschen Kernkraftwerke der ungestörte Betrieb der Anlagen wie auch deren Entsorgung gewährleistet werden. Folglich wurde der Entsorgungsvorsorgenachweis der Kraftwerksbetreiber (§ 9a AtG) mit der Neufassung des Atomgesetzes vom 22. April 2002 an die Inhalte dieser Vereinbarung angepasst.
Gemeinsames Verständnis der BReg und der EVU war hierbei, dass bis zur Verfügbarkeit einer Anlage zur Endlagerung radioaktiver Abfälle der Entsorgungsvorsorgenachweis auf Basis der Zwischenlagerung geführt werden soll. Dies hat seinen Niederschlag in § 9 a Abs. 1b AtG gefunden, wonach für die geordnete Beseitigung nachzuweisen ist, dass der sichere Verbleib für bestrahlte Kernbrennstoffe sowie für aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe zurückzunehmende radioaktive Abfälle in Zwischenlagern bis zu deren Ablieferung an eine Anlage zur Endlagerung radioaktiver Abfälle gewährleistet ist. Der Nachweis für die Beseitigung der aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe zurückzuführenden radioaktiven Abfälle wird durch realistische Planungen erbracht, aus denen sich ergibt, dass zum Zeitpunkt der verbindlich vereinbarten Rücknahme dieser radioaktiven Abfälle ausreichende Zwischenlagermöglichkeiten zur Verfügung stehen werden. Die seinerzeitigen Verhandlungspartner waren sich einig, dass für diesen Nachweis die vorhandenen Zwischenlagerkapazitäten in Gorleben und Ahaus genutzt werden können.
Zur Frage 1:
Ein über die vorher genannte Vereinbarung hinaus gehendes, abgestimmtes "Zwischenlagerkonzept" zwischen den Betreibern und den in der Frage genannten Stellen erst recht für konkrete Zwischenlager - ist nicht bekannt und nicht erforderlich. Im Rahmen der genannten rechtlichen Verpflichtungen obliegt es grundsätzlich den Betreibern, die geforderten Nachweise zur Entsorgung zu erbringen. Die konzeptionellen Planungen hierzu sind somit Aufgabe der Betreiber. Die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen wird im Rahmen der atomrechtlichen Verfahren durch die Behörden geprüft.
Zur Frage 2:
Die Landesregierung geht von der rechtzeitigen Inbetriebnahme des Endlagers Schachtanlage Konrad aus.
Zur Frage 3:
Es ist beantragt, im Transportbehälterlager Ahaus mit sonstigen radioaktiven Stoffen einer Gesamtaktivität von höchstens 1017
Becquerel (Bq) umzugehen. Bei diesem Umgang handelt es sich um die Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle (z. B. Bauschutt, Metallschrott, Asche, Filterkerzen, Papier, Putzwolle) sowie radioaktiver Reststoffe und ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile. Die Zwischenlagerung soll in Abfallbehältertypen erfolgen, wie sie in den Endlagerungsbedingungen für die Schachtanlage Konrad spezifiziert sind, oder in 20-Fuß-Containern. Ferner ist vorgesehen, z. B. größere Anlagenteile separat zu verpacken, um sie ohne Behälter oder Container zwischen zu lagern. Zeitpläne zur Einlagerung liegen ebenso wenig vor wie konkrete Antragsunterlagen.
Zur Frage 4:
Nach derzeitigem Kenntnisstand ist die Errichtung einer zweiten Lagerhalle am Standort Ahaus nicht geplant.
Zur Frage 5:
Die Zwischenlagerung von CSD-C Behältern im Transportbehälterlager Ahaus bedarf der Genehmigung gem. § 6 AtG durch das Bundesamt für Strahlenschutz als zuständige Genehmigungsbehörde. Die Bewertung der sicherheitstechnischen Fragen ist Gegenstand des Genehmigungsverfahrens.