Mord im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen

Ende November wurden im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen drei Männer ermordet, ein vierter wurde schwer verletzt. Dieses abscheuliche Verbrechen hat bei vielen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu einer großen Anteilnahme gegenüber den Betroffenen und deren Angehörigen geführt. Viele befürchten darüber hinaus, dass diese Tat Ausdruck einer enormen Gewaltbereitschaft an einigen Brennpunkten Frankfurts ist, und bekunden, dass sie entsprechende Orte zukünftig meiden werden.

Vorbemerkung des Ministers des Innern und für Sport:

Der besonderen Sicherheitslage in Frankfurt am Main und dabei auch dem Stadtteil Alt-Sachsenhausen als einem von mehreren Brennpunkten wird auf der Grundlage von Deliktsanalysen und entsprechenden örtlichen Lagebildern durch präventive und repressive Maßnahmen und gegebenenfalls durch Sonderprogramme wie

- Bekämpfung der Raub-/Rauschgiftkriminalität durch eine besondere Aufbauorganisation,

- Mehrfachtäter-/Intensivtäterbekämpfungskonzeptionen durch eine gemeinsame Arbeitsgruppe Intensivtäter und eine regionale Arbeitsgruppe mit Schwerpunkt Verstöße gegen das Ausländergesetz,

- stadtteilorientierte Brennpunktaktionen sowie

- Videoüberwachung Rechnung getragen.

Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass sich die reale Sicherheitslage und das Sicherheitsgefühl in Frankfurt am Main erheblich verbessert haben. Dies wird auch dadurch belegt, dass im Jahre 2000 in Frankfurt am Main 21,95 v.H. weniger Delikte festgestellt wurden als 1994 und bei der letzten turnusmäßigen Bürgerbefragung in Frankfurt am Main im Jahre 1999 der Themenbereich "Schutz vor Kriminalität" und "Gewährleistung öffentlicher Sicherheit" mit der niedrigsten Bedeutung seit Beginn der regelmäßigen Beobachtung eingestuft wurde.

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz wie folgt:

Frage 1. Welche unmittelbaren Konsequenzen zieht die Polizei aus diesem Verbrechen?

Die Kriminalitätslage in Sachsenhausen wird bei den Maßnahmenplanungen des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main (siehe Vorbemerkung der Landesregierung) berücksichtigt. So werden seit Ende vergangenen Jahres in Sachsenhausen zusätzlich zu den bisherigen Maßnahmen verstärkt personalintensive Einsatzmaßnahmen durchgeführt, so z. B. am 28. Januar 2001 in einer konzertierten Aktion der Polizei Frankfurt am Main, der Hessischen Bereitschaftspolizei, des Ordnungsamtes Frankfurt am Main, der Amtsanwaltschaft und Beamten der Verwaltungsfachhochschule (Fachbereich Polizei).

Frage 2. Wie ist die generelle Entwicklung bei Gewaltverbrechen in Frankfurt am Main in den letzten zehn Jahren?

Der "Gewaltkriminalität" im Sinne der Polizeilichen Kriminalstatistik sind folgende Deliktsgruppen zuzurechnen:

- Mord/Totschlag (inklusive Versuche),

- Vergewaltigung und besonders schwere sexuelle Nötigung,

- Raub/räuberische Erpressung,

- gefährliche und schwere Körperverletzung,

- erpresserischer Menschenraub und Geiselnahme.

Der Anteil der Gewaltkriminalität an der Gesamtkriminalität betrug im Jahr 2000 in Frankfurt etwa 3 v.H.

Die Fallzahlen bei den Delikten der Gewaltkriminalität zeigen in den vergangenen zehn Jahren stetig rückläufige Tendenz. So hat sich die Summe dieser Deliktsart im Jahre 2000 um 427 auf 3.456 Straftaten im Vergleich zum Vorjahr verringert.

Im Gesamtvergleich der Fallzahlen seit 1991 für den Bereich "Tötungsdelikte" ist ebenfalls ein Rückgang feststellbar.

Frage 3. Welche Gebiete der Stadt Frankfurt am Main werden von der Polizei als Brennpunkte angesehen?

Außer dem bereits eingangs erwähnten Stadtteil Alt-Sachsenhausen sind die Gebiete um den Hauptbahnhof, die Hauptwache und die Konstablerwache als Brennpunkte der Drogen- und Gewaltkriminalität anzusehen.

Auch diese Brennpunkte werden bei der Maßnahmenplanung (siehe Vorbemerkung der Landesregierung) des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main berücksichtigt.

Frage 4. Welche Möglichkeiten zur Verbesserung der Sicherheit an entsprechenden Brennpunkten sieht die Landesregierung?

Zur Verbesserung der Sicherheit an den entsprechenden Brennpunkten werden über die bisher dargestellten Maßnahmen hinaus insbesondere folgende Maßnahmen durchgeführt: Enge Zusammenarbeit zwischen dem Polizeipräsidium Frankfurt und den städtischen Behörden in Form von Gremien und gemeinsamen Arbeitsgruppen, z. B. Präventionsräte, Montagsrunde, Gemeinsame Arbeitsgruppe Justiz/Polizei zur Entwicklung und Umsetzung ganzheitlicher, ressortübergreifender Konzeptionen mit präventiven und repressiven Maßnahmen.

Dabei wird durch die Umorganisation der Hessischen Bereitschaftspolizei die Möglichkeit des Polizeipräsidiums Frankfurt erweitert, für Brennpunktbereiche zielgerichtet Unterstützungskräfte heranzuziehen.

Positiven Einfluss auf die Sicherheitslage nimmt auch die enge Zusammenarbeit im Rahmen einer Sicherheitspartnerschaft zwischen dem Polizeipräsidium Frankfurt am Main und dem Bundesgrenzschutz.

Frage 5. Sind beispielsweise der Einsatz von Videoüberwachung oder verstärkte Personenkontrollen vorgesehen, und steht in Frankfurt eine ausreichende Anzahl von Polizeibeamten zur Verfügung?

An der Konstablerwache in Frankfurt am Main, als zentraler Punkt der Innenstadt und Kriminalitätsbrennpunkt bekannt, ist seit Dezember 2000 eine Videoüberwachungsanlage installiert.

Im Jahr 2000 wurden an diesem Ort bis einschließlich November insgesamt 384 Straftaten registriert. Darunter waren z.B.:

- 12-mal Raub, räuberische Erpressung,

- 114-mal Diebstahl,

- 18-mal Betrug, Unterschlagung,

- 15-mal Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung,

- 203-mal Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Im ersten Quartal dieses Jahres wurden lediglich 36 Straftaten im videogeschützten Raum festgestellt, die sich unter anderem zusammensetzen aus:

- 2-mal Raub, räuberische Erpressung,

- 13-mal Diebstahl,

- 4-mal Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung,

- 5-mal Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz.

Eine Hochrechnung auf das gesamte Jahr 2001 lässt daher einen erheblichen Rückgang der Fallzahlen an diesem Kriminalitätsbrennpunkt erwarten.

Eine vor den hessischen Kommunalwahlen in Frankfurt am Main durch das IPOS-Institut durchgeführte Umfrage unter 1.015 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten bestätigt die hohe Akzeptanz der Videoanlage.

84 v.H. der Befragten hielten das Aufstellen der Kameras für gut, 75 v.H. sprachen sich für Videoschutzmaßnahmen an weiteren öffentlichen Plätzen in Frankfurt am Main aus.

Der Einsatz von Polizeikräften bei Personenkontrollen wird durch die Videoüberwachung unterstützt bzw. erleichtert.

Die Einrichtung weiterer Anlagen dieser Art wird derzeit geprüft.

Weitere Kontrollen werden im Rahmen der so genannten Schleierfahndung durchgeführt.

Im Zuge des beim Polizeipräsidium Frankfurt laufenden Pilotprojektes "Wachpolizei" erfolgt eine zusätzliche personelle Entlastung.

Den bestehenden Anforderungen wird durch verschiedene Sonderprogramme, wie z. B. mit einer gemeinsamen Arbeitsgruppe Intensivtäter (GAI) oder der Sicherheitskoordination Innenstadt (SKI), Rechnung getragen und dadurch ein effizienter, angemessener Personaleinsatz gewährleistet

Frage 6. Welche Mittel stehen der Polizei darüber hinaus zur Verfügung, um den illegalen Handel oder Besitz von Waffen jedweder Art einzudämmen?

Im Bereich der Waffendelikte ist in Frankfurt in den letzten Jahren eine rückläufige Tendenz der registrierten Kriminalität festzustellen.

Waren es z. B. 1995 noch 496 Verstöße gegen das Waffengesetz bzw. Kriegswaffenkontrollgesetz, so wurden im Jahre 2000 nur noch 309 Fälle registriert.

Insgesamt wurden in Frankfurt am Main im vergangenen Jahr 270 Schusswaffen sichergestellt.

Im Bereich der Bekämpfung des illegalen Handels oder Besitzes von Waffen werden einerseits intensive Ermittlungen bis hin zu verdeckten polizeilichen Maßnahmen und andererseits umfangreiche Kontrollen mit den Mitteln des Polizeirechts durchgeführt.

Frage 7. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über frühere Vorstrafen der/des mutmaßlichen Täter/s vor?

Der als Schütze der teils tödlichen Schüsse verdächtige slowenische Staatsangehörige war bis dahin in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten. In Slowenien wurde er allerdings mit Haftbefehl wegen mehrerer Diebstahls- und Betrugsdelikte gesucht.

Frage 8. Sieht die Landesregierung trotz anders lautender Zeitungsberichte eine Chance, dass der in Slowenien gefasste mutmaßliche Täter an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert wird?

Eine Auslieferung dieses Beschuldigten ist aufgrund der geltenden Rechtslage kaum zu erwarten. Im Auslieferungsverkehr mit Slowenien findet das Europäische Auslieferungsübereinkommen Anwendung. Art. 6 Abs. 1 a des Übereinkommens berechtigt zu der Ablehnung der Auslieferung eigener Staatsangehöriger. Slowenien hat anlässlich des Beitritts zu dem Übereinkommen hierzu keine Erklärung abgegeben. Auf entsprechende Anfrage hat Slowenien über Interpol mitgeteilt, dass ein eventuelles Auslieferungsersuchen der deutschen Behörden nicht bewilligt werden würde. Daraufhin wurde die Abgabe des Verfahrens an die slowenischen Behörden in die Wege geleitet.