Versicherung

Datum des Originals: 30.01.2007 /Ausgegeben: 30.01. Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Wasser gefährdende Stoffe aus Ölspuren umweltgerecht und gesetzeskonform beseitigen!

I. Ausgangslage:

Nach wie vor werden ausgelaufene Kraftstoffe und andere Wasser gefährdende Flüssigkeiten aus Kraftstoffen nach Havarien oder Verkehrsunfällen auf eine Art und Weise beseitigt, wie es 1985 im Ministerialblatt des Bundesinnenministeriums bekannt gemacht und 1991 konkretisiert wurde. Hierbei handelt es sich um die Methode, ausgelaufene Flüssigkeiten auf Verkehrsflächen mit Bindemitteln vorzubehandeln und anschließend mittels Tensiden und Wasser durch Nassreinigung die Verkehrstauglichkeit der Oberfläche wieder herzustellen, wobei wasserrechtlich die ausgelaufenen Flüssigkeiten nicht in der Umwelt verbleiben dürfen. Dies wird als „offenes Reinigungssystem" bezeichnet.

Seit dieser Verfahrensfestlegung gab es häufiger Grund zu der Annahme, dass die dort vorgeschriebene Praxis nicht immer ordnungsgemäß durchgeführt wurde, sondern die nötige Nach-Nassreinigung ausblieb oder nicht einmal die ausgestreuten Bindemittel wieder entfernt wurden.

Darum hat das Innenministerium von NRW am 21.03.1994 veranlasst, dass der Erlass v. 1985, die Empfehlungen von 1990 (Anforderung an Ölbinder) sowie 1991 (Verfahren zur Beseitigung von Ölspuren auf Verkehrsflächen ­ ausgenommen Ölbinder) an alle zuständigen Ordnungsbehörden weitergeleitet wurden.

Nunmehr besteht seit vielen Jahren die Möglichkeit, durch Einsatz einer Nassmethode mit Düsen und Hochdruckverfahren, ohne Verwendung von Ölbindemitteln eine ordentliche Reinigung von Verkehrsflächen zu gewährleisten, die obendrein noch Zeit- und Personal einsparend ist. Dies spielt insbesondere vor dem Hintergrund der Kostenübernahme eine wichtige Rolle. Sie wird als „geschlossenes Reinigungssystem" bezeichnet.

Als Grundlage dienen hier die Ergebnisse eines Forschungsauftrags, den der Bundesminister für Verkehr der Bundesanstalt für Straßenwesen und der Technischen Hochschule Darmstadt zu dieser Problematik erteilt hat, s. Artikel „Die Beseitigung v. Ölspuren auf Verkehrsflächen nach den „Allgemein anerkannten Regeln der Technik"", Zeitschrift „Bergen und Abschleppen", S. 8 ff.

II. Die Dimensionen und Wirkungen von Wasser gefährdenden Stoffen aus Kraftstoffen

Die in Kraftstoffen enthaltenen Bestandteile sind als hochentzündlich, giftig und umweltgefährdend, insbesondere stark Wasser gefährdend eingestuft. Sie können beim Menschen Hautreizungen (äußerlicher Kontakt), Benommenheit (Einatmen der Dämpfe) und Lungenschäden (durch Verschlucken) auslösen, sind kanzerogen und sollen nicht in die Kanalisation gelangen.

Jedes Jahr kommt es nach einer statistischen Erhebung bundesweit zu mehr als 2.600 Unfällen mit Wasser gefährdenden Stoffen (zusätzlich zu den täglichen Einsätzen der Feuerwehren zur Beseitigung von Ölspuren auf Verkehrsflächen). Besonders gefährdet sind die Oberflächengewässer im Bereich der Einsatzstelle oder Zuflüsse bzw. Oberflächenabflüsse zu Gewässern.

Nach auf die Einwohnerzahl bezogenen Hochrechnungen von Fachleuten ergibt sich beispielsweise für den Kreis Siegen-Wittgenstein eine freigesetzte Menge von 1.200 Litern Ölund Abfallmenge infolge von Unfällen im Straßenverkehr pro Jahr und somit für ganz NRW eine Ölmenge von 72.000 Litern, dies entspricht rund 58.000 kg. Es ergeben sich außerdem für NRW rund 675.000 kg kontaminiertes Erdreich, das aufwändig entsorgt werden muss.

Rechnet man weiterhin die Menge Öl kontaminierten Abfalls hoch, so ergeben sich in NRW rund 225.000 kg, in der die weiter oben genannte Ölmenge von rund 72.000 Litern enthalten ist. Die Abfallmenge insgesamt ist noch größer, da z. B. eingesetzte Ölbindemittel teilweise mit in der Umwelt verbleiben.

Geht man davon aus, dass ein Liter freigesetztes Öl rund eine Mio. Liter Grundwasser kontaminieren kann, so besteht hierdurch eine Gefahr in NRW für rund 70 Mrd. Liter potenzielles Trinkwasser. Die abgeschätzten Mengen beruhen auf grob bekannten Fakten; die Dunkelziffer der freigesetzten Mengen dürfte um ein Vielfaches höher liegen.

Ein Tropfen Öl kann eine Million Tropfen Wasser verunreinigen. Ölverschmutztes Wasser ist für alle Lebewesen giftig und der Ölgeruch ist selbst bei einer Verdünnung von 1: 10.000. noch wahrnehmbar.

III. Kostenregelungen im Zusammenhang mit der vorschriftsgemäßen Beseiti gung von Ölspuren auf Bundes- und Landesstraßen

Hinsichtlich der Zuständigkeit für die Beseitigung von Ölspuren wird in NRW seit geraumer Zeit durch den Landesbetrieb für Straßenbau NRW eine Kostenerstattung von Ölspurbeseitigungen abgelehnt, wenn der Verursacher der Ölspur nicht feststeht. Es wird darauf verwiesen, dass die jew. Gemeinde die Kosten tragen müsse, wenn die örtliche Polizei die Feuerwehr zur Beseitigung der Ölspuren beauftrage.

Fachleute zeigen sich besorgt, dass dadurch die Qualität der Ölspurbeseitigung nicht mehr gewährleistet ist, da weniger Aufträge an Spezialfirmen vergeben würden, bzw. nicht einmal mehr ordnungsgemäß nach der bisherigen Praxis gereinigt würde.

Im „Schnellbrief ­Nr. 1142004" hat der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen am 03.08.2004 seine Mitgliedsstädte und ­gemeinden über den neuen „Aufwendungsersatz" informiert.

Darin heißt es sinngemäß, dass das, was als Erfolg und Klarstellung dargestellt wird, negative Folgen für die zukünftige Praxis der Feuerwehren haben kann:

· Die Feuerwehren könnten den Unglücksort häufiger als außerhalb des § 1 FSHG liegenden einschätzen und entweder nicht tätig werden, private Betriebe hinzuziehen oder stets Aufwendungen berechnen.

· Die Feuerwehren könnten zwar Bindemittel ausstreuen, die Entfernung desselben aber den Straßenmeistereien überlassen. Das könnte bedeuten, dass ölbelastete Bindemittel von Freitagnacht bis Montag früh ohne Beseitigung am Gefahrenort verblieben.

· Es könnte grundsätzlich zu einer trägeren Einsatzbereitschaft der Feuerwehren zu Unfallorten kommen, da die Kosten zu größten Teilen zu Lasten der Gemeinden gehen und der Verwaltungsaufwand für die Erstellung einer detaillierten Rechnung über alle Aufwendungen eines Einsatzes neue Kosten zu Lasten der Gemeinden verursacht.

· Im schlimmsten Fall kann es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen der Feuerwehr bzw. Gemeinde und dem Straßenbaulastträger kommen, ob ein Unglücksfall im Sinne des § 1 FSHG vorgelegen habe oder nicht und ob in Folge Aufwendungsersatz geleistet werden muss oder nicht.

Im Gegensatz zu dieser Unklarheit in NRW wird in vielen anderen Bundesländern (z.B. Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden Württemberg und Bayern) eindeutig verfahren. Da weder Straßenbaulastträger noch Feuerwehr über die für die fachgerechte Beseitigung von Ölspuren benötigten Spezialgeräte verfügen, werden hierfür grundsätzlich Fachfirmen herangezogen. Die Kosten tragen bei einem unbekannten Verursacher die zuständigen Straßenbaulastträger. Bei Feststellung des Verursachers stellen die Fachfirmen ihren Aufwand diesem oder dessen Versicherung direkt in Rechnung. Dies bedeutet eine erhebliche administrative Arbeitseinsparung bei der öffentlichen Hand.

IV. Der Landtag stellt fest:

Nach Verkehrsunfällen mit Austritt von Wasser gefährdenden Stoffen wie z. B. Motorenöl oder Kraftstoffen werden zurzeit nur unzureichende Maßnahmen ergriffen, um diese Stoffe gesetzeskonform und umweltgerecht zu beseitigen bzw. um den Verbleib dieser Stoffe in der Umwelt dauerhaft zu unterbinden.

Tatsache ist, dass in solchen Fällen überwiegend die Feuerwehren im Rahmen der Amtshilfe zur unmittelbaren Gefahrenabwehr diese Flüssigkeiten mit einem so genannten Ölbindemittel abstreuen. Die Unfallstelle wird in der Regel für den Verkehr gesperrt und mit einem Warnschild „Ölspur" gekennzeichnet. Nach zum Teil sehr langen Wartezeiten wird das Ölbindemittel mit dem gebundenen Öl durch eine Kehrmaschine oder manuell aufgenommen; dies gelingt nur unzureichend, so dass immer Restmengen an Öl und Bindemittel auf und in der porösen Fahrbahn verbleiben. Sehr häufig unterbleibt auch die Sperrung und die Aufnahme des Ölbindemittels mit dem gebunden Öl vollständig.

Damit steht fest, dass Öle oder Kraftstoffe

· in der Umwelt verbleiben und zu einer Grundwasserschädigung führen,

· witterungsabhängig wieder aus der Fahrbahndecke an die Oberfläche gelangen können und so die Verkehrssicherheit substantiell vermindern und

· in der Fahrbahn die Tragstruktur der Fahrbahn durch Auflösen des Bitumens sehr schnell zerstören, so dass hierdurch erhebliche volkswirtschaftliche Folgeschäden auftreten.

V. Der Landtag beschließt:

Die Landesregierung wird aufgefordert:

· die Öl- und Kraftstoffbeseitigung von Verkehrsflächen verwaltungs-, ordnungsund strafrechtlich klar und unmissverständlich zu regeln,

· bei dieser Regelungen den Stand der Technik im Hinblick auf neue maschinelle Reinigungsverfahren zu beachten,

· durch diese Regelungen sicherzustellen, dass vermeidbare volkswirtschaftliche Folgeschäden auch tatsächlich vermieden werden,

· dafür Sorge zu tragen, dass die Öl- und Kraftstoffbeseitigung immer dann, wenn die notwendigen Spezialgeräte der öffentlichen Hand nicht zur Verfügung stehen, durch zertifizierte Fachfirmen erfolgt,

· ehrenamtliche Feuerwehren nicht mit Straßenunterhaltung zu beschäftigen,

· dafür zu sorgen, dass ehrenamtlich tätige Feuerwehrleute bei einer nicht ordnungsgemäß beseitigten Ölspur nicht der Gefahr der Haftung ausgesetzt werden.