Wo liegen die Zukunftspotenziale der Effizienztechnologie in NRW?

Klimawandel, Ressourcenknappheit, sichere und saubere Energieversorgung und globale Umweltverschmutzung stellen uns vor große Herausforderungen, die vielfach nur durch innovative Techniken und technologische Fortschritte gemeistert werden können. Das beinhaltet zugleich, dass sich mit der Bewältigung dieser Herausforderungen erhebliche wirtschaftliche Chancen für jene verbinden, die als Technologieführer auf den globalen Märkten präsent sind.

Die Unternehmen und Regionen, die die technologische Führerschaft in diesen grünen Märkten erlangen, verschaffen sich im globalen Wettbewerb entscheidende Vorteile und damit die Voraussetzungen für Wachstum und Beschäftigung. Das Bundesumweltministerium hat im Oktober 2006 mehrere "Leitmärkte der Zukunft" vorgestellt. Diese Märkte verbinden ökonomische und ökologische Herausforderungen in besonderer Weise und werden das Gesicht des Industrialisierungsschubes mitprägen. Wer hier investiert, der schafft dauerhaft Arbeitsplätze und sichert die Zukunft - ökonomisch, sozial und ökologisch. Dabei nimmt der Bereich der Effizienztechnologie eine wichtige Bedeutung ein.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie definiert und bewertet die Landesregierung den vom Bundesumweltministerium genannter Leitmarkt "Effizienztechnologie" aus nordrhein-westfälischer Sicht?

2. Welche wirtschaftliche Bedeutung kommt diesem Teilmarkt heute in NRW zu (bitte aufgeschlüsselt nach Umsatz, Arbeitplätze, Exportanteil)?

3. Wie ist der wirtschaftliche NRW-Anteil an der bundesweiten Produktion in diesem Leitmarkt?

4. Wie beurteilt die Landesregierung die Wachstumsperspektiven für diesen Teilmarkt in NRW?

5. Welche Forschung- und Entwicklungsressourcen bestehen in NRW zur Unterstützung und Stärkung dieser Branche?

Antwort des Ministers für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 7. März 2007 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie und der Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie:

Vorbemerkung:

Seit den 80er Jahren hat sich im Umweltbereich eine rasante Entwicklung vollzogen, die viele technische Neuerungen hervorgebracht und den Bereich der Umwelttechnologie zu einem Wirtschaftszweig gemacht hat, der heute von beachtlicher Bedeutung ist. Umwelttechnologie bzw. Umweltwirtschaft umfasst ein komplexes Betätigungsfeld. Umwelttechnologien haben keinen Selbstzweck. Sie dienen vielmehr dazu, die bei Dienstleistungen und Produktionen entstehenden Beeinträchtigungen zu minimieren und somit in erster Linie Luft, Boden und Wasser zu schützen. Die Umweltwirtschaft stellt damit eine branchenübergreifende, interdisziplinäre Querschnittsbranche dar. Sie ist nicht in einem einzigen Branchenkatalog zu erfassen.

Neben den klassischen Dienstleistungen der Entsorgungs- und Wasserwirtschaft wurden und werden technische Produkte und Verfahren entwickelt, die wichtige Beiträge im Hinblick einer zukunftsorientierten und nachhaltigen Ausrichtung der gesamten Wirtschaft liefern.

Durch hochwertiges Recycling, produktionsintegrierten Umweltschutz, der Effizienzsteigerung beim Einsatz von Energie und Stoffen, durch intelligente Nutzung von Kraft-WärmeKopplung, Umweltmanagement etc. trägt der technische Umweltschutz maßgeblich zur Effizienz bei.

Es ist davon auszugehen, dass der Bedarf an Anwendungen aus diesem Bereich weltweit weiter steigen wird. Die Umwelttechnologie zählt damit zu den wichtigsten Zukunftstechnologien und wird damit auch künftig Wachstumsmotor für die gesamte Wirtschaft sein.

Zur Frage 1:

Das Bundesumweltministerium (BMU) hat in seinem im Oktober 2006 zum Thema „Ökologische Industriepolitik" vorgestellten Memorandum für einen „New Deal" von Wirtschaft, Umwelt und Beschäftigung die herausragende Bedeutung von Umwelttechnologien und Umweltschutzwirtschaft für die künftige wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Entwicklung der deutschen Wirtschaft auf international besonders bedeutsamen und miteinander vernetzten Leitmärkten herausgehoben.

Einer der vier vom BMU genannten Leitmärkte ist der Leitmarkt Effizienztechnologien. BMU stellt fest, dass das Thema Ressourcen- und Energieeffizienz auch international immer stärker in den Focus rückt und die Marktpotentiale für Effizienztechnologien erheblich sind.

Die Landesregierung teilt die Auffassung des BMU, dass es sich beim „Leitmarkt Effizienztechnologien" um einen bedeutenden Markt handelt.

Der World Business Council for Sustainable Development (WBCSD), ein Zusammenschluss von internationalen Unternehmen, hat 1992 anlässlich der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro den Ansatz der Ressourceneffizienz formuliert.

Ressourceneffizienz ist demnach „die zunehmende Produktion von nützlichen Gütern und Dienstleistungen bei laufend abnehmendem Verbrauch von natürlichen Ressourcen, also von Rohmaterialien und Energie". An diese Definition anlehnend, aber die wichtigen Stufen wie Gebrauch und Entsorgung einbeziehend, bezeichnet die Landesregierung Effizienztechnologien als Technologien, die dazu beitragen, dass Entwicklung, Produktion, Gebrauch und Verwertung bzw. Entsorgung von Produkten und Dienstleistungen bei abnehmendem Verbrauch von Rohmaterialien und Energie erfolgt. Ziel einer nachhaltigen und ressourceneffizienten Entwicklung ist die Entkopplung des Rohstoffverbrauchs von der wirtschaftlichen Entwicklung, also die Erzielung eines steigenden Bruttoinlandsproduktes bei gleichzeitig sinkendem Rohstoffverbrauch.

Die Effizienztechnologien stellen einen Querschnittsbereich dar, der auch die Bereiche Wasser- und Abwassertechnologien, Recycling- und Abfallwirtschaftstechnologien, Umwelttechnisches Engineering und Anlagentechnik, Energietechnologie und Mobilitäts- und Verkehrstechnologie betrifft (vergleiche die Kleinen Anfragen 1377 bis 1381).

Die Landesregierung unterstützt Ressourceneffizienztechnologien in vielfältiger Weise. Sie fördert z. B. den Knowhow Transfer und Beratungsangebote wie den PIUS-Check der Effizienz-Agentur NRW sowie Umwelttechnologie-Investitionen und die Einführung von Umweltmanagementsystemen wie EMAS und ISO 14001 sowie Umweltmanagementansätzen wie Ökoprofit. Die Landesregierung fördert damit einerseits die Verbesserung der Ressourceneffizienz und andererseits die Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Unternehmen und die Umweltwirtschaft in NRW.

Zu den Fragen 2 und 3:

Im Folgenden werden Daten zur Umweltschutzwirtschaft angegeben, da gesonderte Zahlen zu Effizienztechnologien nicht vorliegen. Vor dem Hintergrund der unter Frage 1 angegebenen Beschreibung der Ressourceneffizienztechnologien ist die Übernahme der Zahlen der Umweltwirtschaft für die Effizienztechnologien aber durchaus sinnvoll.

Die Umweltwirtschaft in NRW ist stark mittelständisch strukturiert. Eine in 2004 durchgeführte Unternehmensbefragung bestätigt, dass rund 3.000 Unternehmen in diesem Bereich Produkte und Dienstleistungen anbieten. Sie erzielen hierbei einen Umsatz, der zwischen 25 und 50 Mrd. Euro liegt.

Die Beschäftigtenzahlen in der Umweltwirtschaft variieren je nach Erfassung bzw. Definition der Umweltwirtschaft. Nach Angaben von ZENIT liegt die Zahl der Beschäftigten in der Umweltschutzwirtschaft in NRW bei ca. 262.500 (innovativ: nrw, Arbeitsgrundlage ZENIT).

Über den Exportanteil liegen keine eindeutigen Angaben vor. Eine derzeit noch in Arbeit befindliche Studie des Institut Arbeit und Technik und des Wuppertal Instituts schätzt den Anteil des Exports am Umsatz auf rund 25 % mit Waren-, Bau- und Dienstleistungen im Umweltschutz auf Geschäftstätigkeiten mit dem Ausland.

Zur Frage 4:

Der Markt für Umwelttechnologien wird weltweit auf etwa 1.000 Mrd. Euro für das Jahr 2005 geschätzt (Quelle: Roland Berger 2006, zitiert in: „Umwelt und Innovation: Leitmärkte der Zukunft", BMU 2006), er umfasst Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Energieeffizienz und Energieerzeugung, Mobilität, grüne Produkte und Materialien. Der weltweite Markt für Umwelttechnologie verspricht hohe Wachstumsraten. Für Deutschland wird eine Wachstumsrate von 8 % für Umwelttechnologien bis zum Jahr 2030, ausgehend mit einem Umsatz von 150 Mrd. Euro im Jahr 2005 bis zu einem Wachstum von 1.000 Mrd. Euro im Jahr 2030 prognostiziert (Quelle: Prognos 2006, Roland Berger 2006, zitiert in: „Ökologische Industriepolitik" BMU, 2006).

Die nordrhein-westfälische Landesregierung unterstützt die heimische Industrie, sich in diesen internationalen Märkten zu behaupten und ihre Marktanteile auszubauen, z. B. mit Messe- und Ausstellungsförderung, Unternehmerreisen und Kooperationsplattformen. Erfolgversprechende Zielmärkte sind u. a. unsere Nachbarn in der Europäischen Union, die neuen EU-Länder sowie die aufstrebenden Schwellenländer wie z. B. China und Indien.

Zur Frage 5:

Das Thema Ressourceneffizienz, das auch die Themen Umwelttechnische Systemlösungen im nachsorgenden Umweltschutz und Integrierte Umwelttechnik in Industrieprozessen umfasst, wird von verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen und Hochschulinstituten in NRW in Forschung und Lehre angeboten. Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie befasst sich u. a. mit Energie- und Ressourceneffizienz. An der RWTH Aachen wird das Exzellenzcluster "Integrierte Produktionstechnologie" im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes gefördert. Als weitere Forschungseinrichtungen sind beispielsweise das Fraunhofer Institut für Umwelt- Sicherheit- und Energietechnik in Oberhausen zu nennen, das Institut für Energie- und Umwelttechnik in Rheinhausen als An-Institut der Universität Duisburg Essen, das Institut für Umweltforschung als An-Institut der Universität Dortmund und das Institut für Entsorgung und Umwelttechnik GmbH in Iserlohn.

Die Effizienzagentur NRW fördert den Dialog und produktiven Wissenstransfer zwischen Unternehmen, Anbietern und den Forschungseinrichtungen.