Vorsorge

Begründung

Allgemeiner Teil Allgemeines Kommunalverfassungsrecht

Der Gesetzentwurf entwickelt das mit der Kommunalverfassungsreform 1994 eingeführte System der Kommunalverfassung fort. Die damals getroffene Grundentscheidung, die Vertretung der Kommune in die Hände zweier voneinander unabhängiger gleichwertiger Organe zu legen, nämlich Rat oder Kreistag auf der einen und Bürgermeister oder Landrat auf der anderen Seite, hat sich bewährt.

Diesem Grundprinzip folgend soll das Amt des kommunalen Hauptverwaltungsbeamten weiter gestärkt und die Eigenständigkeit der Kommunalvertretung noch konsequenter betont werden:

Ein erster Kernpunkt des Gesetzentwurfs ist daher die Stärkung der Stellung des Hauptverwaltungsbeamten durch folgende Änderungen:

- Verlängerung der Amtszeit der kommunalen Hauptverwaltungsbeamten auf sechs Jahre

- Wegfall der Altersgrenze für Bürgermeister und Landräte, die nach In-Kraft-Treten des Gesetzes gewählt werden (im Landesbeamtengesetz)

- Einführung eines verkürzten Abwahlverfahrens durch Verzicht des Hauptverwaltungsbeamten

- Neuordnung der Entscheidungs- und Kompetenzabgrenzung zwischen Rat und Bürgermeister (Erweiterung der Stimmrechte und Antragsrechte der Hauptverwaltungsbeamten; Begrenzung der Einwirkungsmöglichkeit des Rates auf die Geschäftsverteilung der Beigeordneten und Personalentscheidungen).

Ein zweiter Kernpunkt des Gesetzentwurfes ist die Stärkung des ehrenamtlichen Elementes der Kommunalverwaltung im Hinblick auf die Rechte der einzelnen Ratsmitglieder und ihrer Fraktionen. Diesem Ziel dienen

- die Herabsetzung der Mindestgröße für Fraktionen

- der Anspruch einer Gruppe im Rat ohne Fraktionsstatus sowie eines einzelnen Ratsmitgliedes auf angemessene finanzielle Ausstattung zur Vorbereitung auf die Beratungen im Rat

- das Akteneinsichtsrecht auf Antrag einer Fraktion

- das Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht jedes Ratsmitgliedes

- das Antragsrecht für Ratsfraktionen zur Tagesordnung eines Ausschusses

- die Einführung des Zählverfahrens Hare-Niemeyer bei der Verteilung der Ausschusssitze im Rat bzw. Kreistag

- der Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten jeweils zu Beginn und zur Hälfte der Wahlzeit der Vertretung.

Ein dritter Kernpunkt ist die Stärkung der demokratischen Beteiligung der Bürger. Diesem Ziel dienen

- die Einführung des Rats- bzw. Kreistagsbürgerentscheides

- die Sperrwirkung eines vom Rat für zulässig erklärten Bürgerbegehrens.

Ein vierter Kernpunkt eröffnet einer Gemeinde bereits mit mehr als 20 000 Einwohnern (bisher 25 000 Einwohnern) oder bereits mit mehr als 50 000 Einwohnern (bisher 60 000 Einwohnern) die Möglichkeit, in größerem Rahmen verwaltend tätig zu werden, wenn sie es beantragt.

In diesem Fall kann

- eine kreisangehörige Gemeinde mit mehr als 20.000 Einwohnern zur Mittleren kreisangehörigen Stadt und

- eine kreisangehörige Gemeinde mit mehr als 50.000 Einwohnern zur Großen kreisangehörigen Stadt bestimmt werden.

Außerdem werden die Einwohnerzahlen für eine mögliche „Rückstufung" von der Großen kreisangehörigen Stadt zur Mittleren kreisangehörigen Stadt sowie von der Mittleren kreisangehörigen Stadt zur (im Gesetz nicht definierten) „einfachen" kreisangehörigen Gemeinde den neuen Schwellenwerten angepasst. Um den Gemeinden auch darüber hinaus größtmögliche Entscheidungsbefugnis einzuräumen, wird die maßgebliche Einwohnerzahl, bei der ein Einschreiten von Amts wegen erforderlich wird, auf 45.000 bzw. 15.000 gesenkt.

Darüber hinaus wird die Möglichkeit der aufgabenunabhängigen Kooperation geschaffen. So können zum Beispiel kreisangehörige Gemeinden mit anderen Gemeinden Aufgaben gemeinsam wahrnehmen, wenn die Summe ihrer Einwohnerzahlen die neuen Schwellenwerte überschreitet. Zudem können kreisangehörige Gemeinden Aufgaben, die bisher für sie vom Kreis erledigt wurden, von benachbarten Gemeinden wahrnehmen lassen, wenn diesen die jeweilige Aufgabe bereits übertragen worden ist.

Der Gesetzentwurf enthält darüber hinaus eine Verpflichtung der Gemeinden und ihrer Organe zur Generationengerechtigkeit.

Für Aufgaben der Personalverwaltung werden beamtenrechtliche Hürden beseitigt, die einer interkommunalen Zusammenarbeit entgegenstehen.

Ein fünfter Kernpunkt sind Änderungen des Gemeindewirtschaftsrechts:

Der von der Landesregierung vertretene Grundsatz eines Vorrangs der privaten Leistungserbringung vor der Leistungserbringung durch die öffentliche Hand erfordert eine partielle Neuausrichtung des gemeindewirtschaftsrechtlichen Teils der Gemeindeordnung. Die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen soll künftig an strengere Voraussetzungen gebunden werden. Hiermit soll eine wünschenswerte stärkere Konzentration der kommunalen Körperschaften auf die Kernaufgaben der öffentlichen örtlichen Daseinsvorsorge befördert werden.

Hiermit wird auch eine Stärkung der kommunalen Daseinsvorsorgetätigkeit bewirkt. Im Ergebnis wird damit zugleich eine unliebsame Konkurrenz zwischen der kommunalen Wirtschaft und den angestammten Bereichen der mittelständischen Wirtschaft und des Handwerks weitgehend vermieden.

Um einen fairen Interessenausgleich zwischen den divergierenden Interessen von kommunaler Wirtschaft, privater Wirtschaft und Handwerk zu erreichen und um Einnahmeverluste der kommunalen Seite zu vermeiden, genießen die unter der bisherigen Rechtslage aufgenommenen und danach zulässigen wirtschaftlichen Betätigungen Bestandsschutz.

Wesentliche Regelungen dieses Teils des Gesetzentwurfs sind daher:

- Die wirtschaftliche Betätigung wird an das Vorliegen „eines dringenden öffentlichen Zwecks" gebunden

- Verschärfung der Subsidiaritätsklausel in § 107 Abs. 1 GO.

Aufgrund der Erfahrungen mit der Anwendung des aktuellen Gemeindewirtschaftsrechts, z.T. auch als Reaktion auf einschlägige Entscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit, sind weitere Änderungen im Bereich des Gemeindewirtschaftsrechts bzw. damit zusammenhängender Vorschriften der Gemeindeordnung angezeigt. Dies betrifft die überörtliche nichtwirtschaftliche Betätigung i.S. des § 107 Abs. 2 GO sowie die wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Betätigung im Ausland. Hier ergeben sich schwerpunktmäßig folgende Änderungen:

- Auch die nichtwirtschaftliche überörtliche Betätigung wird ausdrücklich an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 107 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 GO (dringender öffentlicher Zweck und Leistungsfähigkeit) gebunden

- Ausdrückliche Bindung der Zulässigkeit der Aufnahme von wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Betätigung im Ausland an das Vorliegen der Voraussetzungen des § 107 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 GO.

Weitere Änderungen betreffen die stärkere Betonung der Rolle des Rates im Bereich der mittelbaren Beteiligungen.

Landschaftsverbandsordnung

Die Einführung des Zählverfahrens Hare-Niemeyer bei der Verteilung der Ausschusssitze.

Ausführung der Gemeindeordnung, der Kreisordnung und der Landschaftsverbandsordnung

Das Erfordernis, für eine Rechtsverordnung zur Ausführung der Gesetze, die Zustimmung des zuständigen Ausschusses des Landtags einzuholen, entfällt. Dadurch wird die aus verfassungspolitischen Gründen wünschenswerte klare Trennung der Kompetenzen von Parlament und Regierung wieder hergestellt.

Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit

Um eine vermutete Hürde bei der Bildung von Zweckverbänden ­ hier „Mehrfachzweckverbänden" ­ zu beseitigen, wird im Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit klargestellt, dass auf einen Zweckverband auch mehrere Aufgaben übertragen werden können.

Künftig können Gemeinden und Kreise eine gemeinsame Anstalt des öffentlichen Rechts bilden. Da es sich um eine neue Form kommunaler Zusammenarbeit handelt, werden die Rechtsgrundlagen für die als „gemeinsames Kommunalunternehmen" bezeichnete Sonderform der Anstalt in das GkG eingefügt.

Begründung im Einzelnen

Zu Art. I (Änderung der Gemeindeordnung)

Zu Nummer 1 : Normkopf

Mit der Änderung wird nunmehr die amtliche Abkürzung für den Text der Gemeindeordnung gesetzlich eingeführt als: „(GO NRW)".