Konsequenzen aus dem Bericht des Bundesrechnungshofes zum Instandhaltungsstau bei der Bahninfrastruktur ziehen: Das Schienennetz gehört auf Dauer in die Verantwortung des Bundes

Die Instandhaltung der Schieneninfrastruktur liegt in der Verantwortung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen und innerhalb der Holding der Deutschen Bahn AG der DB Netz AG.

Der Bund und die DB AG stellten im Jahr 2001 einvernehmlich fest, dass allein für die Anlagen der DB Netz AG jährlich Instandhaltungsaufwendungen von mindestens 1,6 Milliarden Euro erforderlich sind. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde ein Instandhaltungsrückstau festgestellt, der den Betrieb auf der Schiene beeinträchtigen könne.

Der Bundesrechnungshof hat in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages unmissverständlich festgestellt, dass die DB Netz AG den Vereinbarungen nicht nachgekommen ist. In den Jahren 2001 bis 2005 unterschritten die jährlichen Instandhaltungsaufwendungen den festgestellten Bedarf deutlich. Dies führte zu einem Instandhaltungsrückstau von mindestens 1,5 Milliarden Euro bei der Schieneninfrastruktur.

Bei den Brückenbauwerken wurden im selben Zeitraum nur 25 Prozent der notwendigen Instandhaltungsmittel bereit gestellt. Bei den Brücken hat sich der Instandhaltungsrückstand auf 924 Millionen Euro summiert. Dem vereinbarten Bedarf für die Jahre 2001 bis 2005 in Höhe von 1,245 Milliarde Euro standen Investitionen von 312 Millionen Euro gegenüber.

Im Bereich der DB Station&Service AG, also für die Bahnhöfe und Verkehrsstationen, unterschritten die Aufwendungen für die Instandhaltung 265 Millionen Euro gegenüber dem ermittelten Bedarf.

II. Der Landtag stellt fest:

Dem Bericht des Bundesrechnungshofes zu Folge hat die DB AG in den Jahren 2001 bis 2005 gegenüber dem zwischen dem Bundesverkehrsministerium und den Infrastrukturunternehmen festgestellten Bedarf insgesamt 2,689 Milliarden Euro zu wenig Investitionsmittel in den Erhalt der Bahninfrastruktur aufgewendet.

Diese Minderausgaben sind nicht ohne Auswirkungen für die Bahninfrastruktur im Land NRW. Auf Initiative des Landtags erstellt seit dem Jahr 2004 die Agentur Nahverkehr den SPNV-Qualitätsbericht für das Land. Der Bericht für das Jahr 2006 ist derzeit in Arbeit. Aber an den bereits in den Vorjahren festgestellten Mängeln hat sich nichts geändert. In dem Bericht für das Jahr 2005 ist für die Schieneninfrastruktur im Land folgendes festgestellt: "Das Problem der Langsamfahrstellen hat sich erwartungsgemäß auch 2005 nicht zum Guten gewendet. Die baulichen Mängel auf den Strecken in NRW sind nicht weniger geworden und wirken sich mindestens genau so stark auf die SPNV-Qualität aus, wie in den Jahren zuvor. Hier besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf, um die Auswirkungen der Langsamfahrstellen auf den Fahrplan in NRW so gering wie möglich zu halten."

Zu dem Zustand und Nutzerfreundlichkeit der Bahnhöfen und Stationen gilt dort für das Land folgendes: "Die Stationen im Land präsentieren sich in einem sehr unterschiedlichen Zustand. Während viele der größeren Bahnhöfe in den letzten Jahren aufwändig modernisiert wurden, befinden sich unzählige kleinere Haltepunkte in einem desolaten Zustand. Förderprogramme des Landes sowie Einzelmaßnahmen nehmen sich jedoch zusehends dieses Problems an." Anstatt auf die bestehenden Mängel durch Preisreduzierung bei den Trassen- und Stationspreisen zu reagieren setzt die DB Netz AG eine Erhöhung der Trassenpreise um. Nach Angaben eines privaten Mitwettbewerbers belaufen sich die Trassenpreisbedingten Mehrkosten z. B. auf der Strecke Aachen-Mönchengladbach-Düsseldorf mit 31,23 Euro pro Zug gegenüber dem Jahr 2006. Bei angenommenen 20 täglich verkehrenden Zügen summieren sich die Mehrkosten auf 227.979 Euro pro Jahr. Auf dem Abschnitt Aachen bis Mönchengladbach bestehen mit derzeit sieben ausgewiesenen Langsamfahrstellen erhebliche Qualitätsmängel, die sich auf die Pünktlichkeit der Züge und damit für die täglichen Nutzerinnen und Nutzer negativ auswirken. Von neun beispielhaft abgefragten Trassenpreisauskünften bei Strecken mit ausgewiesenen Qualitätsmängeln ergaben sich bei nur zwei Strecken Preiserminderungen gegenüber dem Vorjahr allerdings bei sieben Strecken zum Teil deutliche Preiserhöhungen.

III. Der Landtag beschließt:

1. Der Landtag bekräftigt seinen gefassten Beschluss, der die Trennung von Netz und Betrieb fordert. Die Landesregierung wird vor dem Hintergrund des Berichtes des Bundesrechnungshofes aufgefordert, dies nachdrücklich gegenüber der Bundesregierung und in den weiteren Beratungen im Bundesrat zu vertreten. Darüber hinaus soll die Landesregierung die Bundesregierung auffordern, ihrer Aufsichtspflicht gegenüber der DB AG nachzukommen und auf einem vollständigen Nachweis der Instandhaltungsaufwendungen bei der Bahninfrastruktur zu bestehen.

2. Die Landesregierung wird aufgefordert mit dem Bund als Eigentümer der Bahn AG eine Vereinbarung darüber zu treffen, dass die Investitionsplanungen der Bahn AG in den Erhalt der Schienennetze sowie die Bahnhöfe und Stationen spezifisch auf die Bundesländer transparent offen gelegt werden. Hierbei ist ein Verteilungsschlüssel zu Grunde zu legen, der sich an nachvollziehbaren Kriterien, z. B. dem Länderanteil am Gesamtnetz, orientiert.

3. Die Landesregierung wird aufgefordert den SPNV-Qualitätsbericht für das Jahr 2006 kurzfristig dem Landtag vorzulegen. Hierzu soll parallel ein Sonderbericht zu dem Zustand der Schieneninfrastruktur, zu dem Zustand der Bahnhöfe und Haltepunkte sowie zu dem Zustand der Brückenbauwerke im Land erstellt werden. Festgestellte Mängel sind hierbei mit einem zeitlichen Horizont der Instandsetzung zu versehen.

4. Die Landesregierung wird aufgefordert gemeinsam mit den Zweckverbänden des Landes zu prüfen, in wie weit ein Bonus-Malus-System insbesondere bei den Trassen- und bei den Stationspreisen wirksam und rechtssicher umzusetzen ist. Bauliche Mängel bei Bahnhöfen und Stationen sowie bei der Infrastruktur müssen spürbare Preisreduzierungen nach sich ziehen. Hierbei soll ein progressiv verlaufender Preisabschlag eine zeitnahe Beseitigung der Qualitätsmängel unterstützen. Dem Landtag ist über die Ergebnisse zu berichten.