Entwicklung der Anmeldezahl an der Gesamtschule in der Stadt Gladbeck nach Verabschiedung des schwarz-gelben Schulgesetzes

Durch die schwarz-gelbe Landespolitik ist ein Schulgesetz auf den Weg gebracht worden, das das Gymnasium von allen anderen Schulformen abkoppelt. Das Abitur nach 12 Schuljahren ist danach nur noch am Gymnasium und nicht mehr an Gesamtschulen möglich. Auch wurde beschlossen, das 10+2-Modell durch das 9+3-Modell zu ersetzen. In der Folge endet die Sekundarstufe I am Gymnasium nach der Klasse 9. Das bedeutet, dass die komplette Schulzeitverkürzung zukünftig in der Sekundarstufe I stattfindet. Die Folge ist eine enorme Verdichtung des Unterrichts. Das Gymnasium wird de facto zur Ganztagsschule, allerdings ohne dass das Land die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen schafft. Entsprechende Forderungen der SPD-Landtagsfraktion nach einem Ausbau des offenen Ganztags an Gymnasien werden abgelehnt. Auch werden keine Anstrengungen unternommen, die Kommunen dabei zu unterstützen, entsprechende bauliche Veränderungen an den Gymnasien vorzunehmen. Verlierer sind die Schülerinnen und Schüler, die nicht nur der ernormen Unterrichtsverdichtung ausgesetzt werden, sondern denen auch die sinnvollen Rahmenbedingungen einer Ganztagsschule verwehrt werden.

Effekt dieser verhängnisvollen Entwicklung ist, dass immer mehr Eltern ihre Kinder an der Gesamtschule anmelden. Waren die Gesamtschulen schon in der Vergangenheit nicht in der Lage, alle Schülerinnen und Schüler, die sich um einen Platz beworben haben, aufzunehmen, stellt sich diese Situation jetzt offensichtlich noch dramatischer dar.

Vor diesem Hintergrund frage ich daher die Landesregierung:

1. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben sich an der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule in der Stadt Gladbeck für das Schuljahr 2007/2008 beworben?

2. Wie viele dieser Schülerinnen und Schüler werden an der Gesamtschule in der Stadt Gladbeck für das Schuljahr 2007/2008 aufgenommen bzw. wie viele Schülerinnen wurden abgewiesen und mussten sich an einer anderen weiterführenden Schule bewerben?

3. Wie hat sich das Verhältnis Nachfrage und tatsächliche Aufnahme an der Gesamtschule in der Stadt Gladbeck in den letzten drei Jahren entwickelt?

4. Wie hat sich das Verhältnis Nachfrage und tatsächliche Aufnahme an den anderen weiterführenden Schulen in der Stadt Gladbeck in den letzten drei Jahren entwickelt (bitte schulscharfe Darstellung der aufgenommenen und abgewiesenen Schüler/innen)?

5. Was plant die Landesregierung, um den durch die Unterrichtsverdichtung in der Sekundarstufe I am Gymnasium entstehenden Problemen zu begegnen?

Antwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung vom 3. April 2007 namens der Landesregierung:

Die Feststellung in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage, das Abitur nach 12 Jahren sei nur noch am Gymnasium und nicht mehr an Gesamtschulen möglich, trifft nicht zu. Auch an der Gesamtschule können Schülerinnen und Schüler weiterhin gemäß § 17 Abs. 4 SchulG die Abiturprüfung nach 12 Jahren ablegen. Für die Gesamtschulen ist durch die Novellierung des Schulgesetzes vom vergangenen Jahr diesbezüglich keine Änderung eingetreten. Eine Schülerin oder ein Schüler der Gesamtschule mit Berechtigung zum Besuch der gymnasialen Oberstufe kann gemäß § 41 Abs. 5 APO-S I durch Beschluss der Abschlusskonferenz zum Besuch auch der Qualifikationsphase zugelassen werden, wenn sie oder er bis zum Ende der Klasse 10 am Unterricht in einer zweiten Fremdsprache teilgenommen hat, die Leistungen die für den Besuch der gymnasialen Oberstufe erforderlichen Anforderungen (§ 41 Abs. 4 APO-S I) übertreffen und die Abschlusskonferenz davon überzeugt ist, dass aufgrund der gezeigten Leistungen eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht in der Qualifikationsphase möglich ist.

Keineswegs findet die komplette Schulzeitverkürzung am Gymnasium zukünftig in der Sekundarstufe I statt. 158 Stunden sowie 5 zusätzliche Förderstunden verteilen sich auf 5

Schuljahre in der Sekundarstufe I, 102 Stunden (das sind 16 Pflichtstunden mehr als bisher) sind in der gymnasialen Oberstufe zu belegen. Die Lehrpläne werden entsprechend angepasst.

Das Land fördert im Projekt "Dreizehn plus" zurzeit 587 Gruppen an den Gymnasien in Nordrhein-Westfalen mit jeweils 4.100 Euro, die als Zuschuss zu Personal- und Sachkosten zur Verfügung stehen. Der Haushaltsplan 2007 ermöglicht für das Projekt "Dreizehn plus" die Förderung von 300 zusätzlichen Gruppen in der Sekundarstufe I ab dem 01.08.2007.

Die Spekulation, im Zusammenhang mit der Schulzeitverkürzung am Gymnasium würden immer mehr Kinder an Gesamtschulen angemeldet, wird durch die bisher vorliegenden In formationen zum laufenden Anmeldeverfahren nicht belegt. Im Gegenteil: Zu erwarten ist, dass sich die Anmeldezahlen zum Gymnasium auf hohem Niveau stabilisieren oder noch regional deutlich zunehmen. Das Anmeldeverfahren wird erst im März abgeschlossen, nähere Angaben sind erst danach möglich. Die Anmeldequote zu den Gesamtschulen hat landesweit nach ersten Hochrechungen nur geringfügig zugenommen.

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler im 4. Jahrgang der Grundschule in Nordrhein Westfalen ist landesweit gegenüber dem Schuljahr 2005/06 um 3,8 % gestiegen. Bereits im nächsten Schuljahr sinkt landesweit die Zahl der Schülerinnen und Schüler im vierten Jahrgang um ca. 9.500. Gemessen an der Zahl der Schülerinnen und Schüler im 4. Jahrgang des Schuljahres 2006/07 wird bis zum Schuljahr 2019/20 ein Rückgang der Schülerzahlen um ca. 20 % erwartet.

Zu den Fragen 1 bis 3:

Bei der Entscheidung über die Aufnahme in die Schule sind die Bestimmungen des § 6 der VO zu § 93 Abs. 2 SchulG sowie die AVO-RL (BASS 11 - 11 Nr. 1/Nr. 1.1) zu beachten. Für die Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule in der Stadt Gladbeck gilt die Bandbreite 27 bis 29. Diese Bandbreite kann um eine Schülerin oder um einen Schüler über- oder unterschritten werden. Schulen mit Anmeldeüberhang müssen mit Rücksicht auf das Elternrecht nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte Eingangsklassen mit 30 Schülerinnen und Schülern bilden. Für Eingangsklassen, die gemäß § 20 Abs. 7 SchulG im Rahmen des Gemeinsamen Unterrichts von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf (GU) besucht werden und für Eingangsklassen, die in Form integrativer Lerngruppen (IL) gemäß § 20 Abs. 8 SchulG geführt werden, bestimmt sich die Klassenfrequenz nach der Zusammensetzung der Schülerschaft bzw. nach den jeweils vertretenen Förderschwerpunkten. Eingangsklassen, die am Programm "Sprachförderung 5/6" teilnehmen, können ebenfalls den Klassenfrequenzrichtwert unterschreiten.

Die tatsächlichen Aufnahmen in die Schulen werden erst im Rahmen der Erhebung der amtlichen Schuldaten mit Stichtag 15. Oktober erfasst. Da es bis zum Beginn des Schuljahres 2007/08 noch Änderungen bezüglich der Aufnahmeentscheidungen vom Februar oder März geben kann, wird in der folgenden Tabelle nur die maximale Aufnahmekapazität angegeben.

Mögliche Reduzierungen bei GU, IL oder Sprachförderung 5/6 sind nicht berücksichtigt.

Auch in den letzten Jahren hat es bei den Anmeldungen zur Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule in Gladbeck stets Überhänge gegeben. Einen Überblick über die Zusammensetzung der nicht aufgenommenen Schülerinnen und Schüler gibt es nicht. Da in den letzten fünf Jahren trotz bestehender Anmeldeüberhänge nur noch eine neue öffentliche Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen errichtet wurde, ist allerdings zu vermuten, dass der Verzicht auf den Ausbau des Angebotes darauf beruhte, dass es nicht möglich war, eine leistungsheterogene Schülerschaft zu gewährleisten. Letzteres ist ein wesentliches Strukturmerkmal der Gesamtschule und - damit zusammenhängend - eine grundlegende Voraussetzung, um eine Gesamtschule mit einer gymnasialen Oberstufe errichten zu können.

Die diesjährigen Anmeldungen zur siebenzügigen Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule Gladbeck sowie das Verhältnis Nachfrage und tatsächliche Aufnahme in den letzten drei Jahren sind aus der folgenden Tabelle ersichtlich. Bei den unter "Anmeldungen" angegebenen Daten handelt es sich um von der Bezirksregierung Münster gemeldete Zahlen, die sich nicht auf einen einheitlichen Stichtag beziehen.

Zur Frage 5:

Die neuen Wochenstundenrahmen für die Sekundarstufe I des Gymnasiums liegen pro Jahrgangsstufe um genau eine Stunde über dem in der letzten Legislaturperiode durch die alte APO-S I verordneten Umfang. Diese maßvolle Erhöhung war erforderlich, um die Schulzeitverkürzung ohne Qualitätsverlust zu gewährleisten.

Mit dem 2. Schulrechtsänderungsgesetz vom 27.06.2006 wird kein grundlegend neuer Sachverhalt geschaffen, da bereits mit der von der Vorgängerregierung erlassenen APO-S I vom 29.04.2005 Nachmittagsunterricht in mindestens zwei Jahrgangsstufen der Sekundarstufe I unvermeidlich geworden war, was mit der neuen APO-S I von 2007 nun bei mindestens drei Jahrgangsstufen der Fall ist.

Zur Sicherstellung einer adäquaten Übermittagsbetreuung haben die gemäß §§ 92 ff.

SchulG verantwortlichen Schulträger bereits in vielen Fällen geeignete Lösungen geschaffen. Im Hinblick auf die zusätzlichen Unterstützungsmaßnahmen des Landes wird auf die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage 1056 vom 07.12.2006 (Drucksache 14/3136) verwiesen.