Krankenversorgung

Die Arbeitszeitüberprüfungen außerhalb der Schwerpunktaktion erfolgten als Routinekontrollen oder anlassbezogene Kontrollen.

Die Schwerpunktaktion "Arbeitszeitgestaltung im Krankenhaus" wurde konzipiert und geplant, um eine bessere Kenntnis über den Ist-Zustand der Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes und der geltenden tarifrechtlichen Bestimmungen zu erhalten und die Krankenhäuser bei der Umsetzung der rechtlichen Regelungen zur Einhaltung der täglichen Arbeitszeiten und Einhaltung der Ruhezeiten, insbesondere im Zusammenhang mit den so genannten Bereitschaftsdiensten zu unterstützen.

c) In wie vielen Fällen konnten dabei Verstöße festgestellt werden?

Für den Arbeitsplatz Krankenhausärzte lagen in der Mehrzahl der überprüften Krankenhäuser keine aussagekräftigen Arbeitszeitdokumentationen über die täglichen Arbeitszeiten, die Pausen und die Heranziehung zur Arbeit während der Bereitschaftszeiten vor. Aus den vorhandenen und überprüften Unterlagen können daher nur Tendenzen oder Trends gefolgert werden. Es wurden die Arbeitszeitaufzeichnungen von ca. 630 Ärzten über einen Zeitraum von 3 Monaten überprüft. Dabei wurden über 1.500 Überschreitungen der täglichen Höchstarbeitszeit festgestellt. Im Durchschnitt sind dies 2,5

Überschreitungen der täglichen Arbeitszeit pro überprüftem Arzt in 3 Monaten. Aussagen über die Beachtung der Pausenregelung für den ärztlichen Bereich lassen sich nicht treffen, da keine entsprechenden Aufzeichnungen vorgefunden wurden. Aufgrund der unzureichenden Dokumentationslage insbesondere bei den Bereitschaftsdiensten lassen sich allerdings keine Rückschlüsse auf die Gesamtlage der Bereitschaftsdienstorganisation ziehen. Probleme bestehen in der Ablauforganisation, da Ärzte nicht - wie im Dienstplan vorgesehen -, nach dem Bereitschaftsdienst nach Hause gehen können, sondern neben langen Übergabezeiten noch Visite und reguläre Arbeit verrichten.

Die Übergabezeit fällt nach dem Bereitschaftsdienst fast immer an, ist aber weder arbeitszeitrechtlich noch über Tarifrecht abgesichert. Auch die Zahl der monatlichen Bereitschaftsdienste oder Rufbereitschaftsdienste belegt eine hohe Arbeitsbelastung (vgl. Anlage 2, Tabelle 8). Ein weiterer Problembereich sind Art und Umfang der in Bereitschaftsdiensten anfallenden Tätigkeiten. Sofern überprüfbare Angaben gemacht wurden, ergab sich, dass Bereitschaftsdienste von 16.30 Uhr bis ca. 22.00 Uhr und von 7.00 Uhr bis 10. Uhr sowie am Wochenende aufgrund der hohen Arbeitsintensität zumeist nicht den Merkmalen des Bereitschaftsdienstes entsprechen. Nicht beurteilt werden kann, inwieweit die Heranziehungszeiten über den tarifvertraglich festgelegten 49 v.H. des gesamten Bereitschaftsdienstes hinausgehen.

Im Pflegebereich wurden bei ca. 1.200 überprüften Personen im Tagesdienst 461 Mängel in der Pausenregelung festgestellt, bei 84 überprüften Personen im Nachtdienst wurden 164 unkorrekte Pausenregelungen festgestellt (vgl. Anlage 2, Tabelle 4). Im pflegerischen Bereich, wo eine wesentlich bessere Dokumentation vorgelegt wurde, wurde eine Überschreitung der täglichen Höchstarbeitszeit pro Person über 3 Monate errechnet.

Beim Vergleich der Überschreitungen auf die Zahl der überprüften Personen zwischen dem ärztlichen Bereich und dem Pflegebereich wurde deutlich, dass trotz schlechter Dokumentationslage bei den Ärzten wesentlich mehr Überschreitungen feststellbar sind als im Pflegebereich. Das zeigt eine Tendenz auf, die auf eine hohe Arbeitszeitbelastung der Ärzte bei den täglichen Arbeitszeiten hinweist, auch wenn die Qualität der Überschreitungen hierbei keine Berücksichtigung findet und die mangelnde Dokumentation der Arbeitszeiten eine unzureichende Datenbasis liefert (vgl. Anlage 2, Tabelle 5).

Zur besseren Differenzierung der Ruhezeiten wurde in der Auswertung zwischen Ruhezeiten mit und ohne Bereitschaftsdienst unterschieden. Bei der Überprüfung der Einhaltung der Ruhezeiten, wenn kein Bereitschaftsdienst zwischen 2 täglichen Arbeitszeiten liegt, besteht eine besondere Problematik im Pflegebereich, dessen Ursachen im sogenannten Schaukeldienst (Wechsel der Schicht vom Spätdienst in den Frühdienst) zu suchen sind (siehe Anlage 2, Tabelle 6). Bei Ruhezeiten, soweit sie in die Bereitschaftsdienstregelung eingebunden sind, wurden zu kurze Ruhezeiten in insgesamt 437 Fällen nach den Regeln des BAT und in 168 Fällen nach dem Arbeitszeitgesetz bzw. AVR festgestellt (vgl. Anlage 2, Tabelle 7).

d) Welche Maßnahmen wurden bei der Feststellung von Verstößen eingeleitet?

Die Befugnisse der Aufsichtsbehörden erstrecken sich nach den Grundsätzen des pflichtgemäßen Ermessens auf den Einsatz des üblichen staatlichen präventiven und repressiven Interventionsinstrumentariums. In Wahrnehmung der Amtsgeschäfte haben die Aufsichtsbehörden bei festgestellten Defiziten die betroffenen Häuser über die einzuhaltenden Arbeitszeitbestimmungen informiert und belehrt sowie Revisionsschreiben mit der Aufforderung der zu veranlassenden Maßnahmen mit Fristsetzung zugestellt. In einem Fall wurde die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens erforderlich.

Im Zuge der mit der Schwerpunktaktion verfolgten Zielsetzung einer verbesserten Arbeitszeitgestaltung werden anhand der Resultate Beratungsgespräche in den überprüften Häusern durchgeführt, wobei in einem ersten Schritt festgestellte Probleme bei der Arbeitszeitgestaltung, Gestaltungsspielräume und mögliche Alternativen der Arbeitszeitgestaltung vermittelt werden sollen. Im nächsten Schritt sollen anhand der spezifischen Gegebenheiten des jeweiligen Hauses die Übernahme vorgeschlagener Lösungen überprüft bzw. passgenaue Modelle entwickelt und anschließend in einer Testphase im Hinblick auf ihre Praktikabilität erprobt werden.

e) Welche Daten wurden zur Ermittlung von solchen Verstößen erhoben?

Im Zuge der Durchführung von Arbeitszeitüberprüfungen werden generell alle relevanten Mindestnormen des Arbeitszeitgesetzes bzw. der abweichenden tarifrechtlichen oder sonstigen einschlägigen Arbeitszeitregelungen über die tägliche Arbeitszeit, die Ruhepausen und die Ruhezeit berücksichtigt.

Sofern von externer Seite konkrete Problembereiche benannt werden, konzentriert sich die Kontrolle in aller Regel auf diesen Abschnitt.

Die Schwerpunktaktion verfolgt das Ziel einer vertieften Untersuchung der Arbeitszeitgestaltung in Krankenhäusern, sodass sich die Datenerhebung auf alle relevanten Arbeitszeitfragen erstreckt.

aa) Welche Unterlagen wurden herangezogen?

In Wahrnehmung der Überwachungsfunktion der Arbeitsschutzverwaltung werden grundsätzlich alle geeigneten Aufzeichnungen und Unterlagen berücksichtigt, aus denen sich konkrete Arbeitszeiten ermitteln lassen. In Betracht kommen insbesondere Arbeitszeitnachweise durch Zeiterfassung, Dienstpläne, Stationsbücher, aber auch Lohn- und Gehaltsabrechnungen sowie persönliche Aufzeichnungen, soweit vorhanden.

Im Verlauf der Schwerpunktaktion wurden die vorgenannten Unterlagen, soweit vorhanden, in 19 hessischen Krankenhäusern in jeweils 4 Funktionsbereichen über einen Zeitraum von 3 Monaten überprüft.

bb) Wurden betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch direkt befragt?

Bei Wahrnehmung der Amtsgeschäfte werden einzelne Beschäftigte prinzipiell nicht befragt. Ausnahmen sind in Einzelfällen möglich, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich hierzu ausdrücklich bereit erklärt hat.

Im Rahmen der Schwerpunktaktion "Arbeitszeit im Krankenhaus" wurde in den Krankenhäusern eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt. Die Befragung wurde nur durchgeführt, wenn Krankenhausleitung und Personalvertretung mit der Durchführung einverstanden waren. Von den 19 in die Schwerpunktaktion einbezogenen Krankenhäusern haben sich 18 Häuser an der Mitarbeiterbefragung beteiligt.

cc) Wurden dabei Differenzen zwischen dokumentierter und tatsächlicher Arbeitszeit festgestellt?

Aus einem Vergleich der im Verlauf der Schwerpunktaktion ermittelten Arbeitszeitdaten mit Resultaten der Mitarbeiterbefragung waren keine grundlegenden Divergenzen festzustellen. Insgesamt bestätigt die Mitarbeiterbefragung die Tendenzen der Arbeitszeitbelastung, die auch durch die Überprüfung der Arbeitszeiten festgestellt wurden. Sie belegt insgesamt die Bereiche, in denen Mängel gefunden wurden oder auch nur vermutet werden konnten, da keine Dokumentation vorlag. Daraus ergibt sich:

- Die Arbeitszeiten im ärztlichen Bereich sind überwiegend schlecht und oft gar nicht dokumentiert. Im Pflegebereich ist die Arbeitszeitdokumentation wesentlich aufschlussreicher und klarer.

- Am schwierigsten erweist sich die Feststellung der Bereitschaftsdienste und in dem Zusammenhang die Einhaltung der Ruhezeit. Die Zeiten der Inanspruchnahme in den Bereitschaftsdiensten sind kaum dokumentiert.

Es werden während der Bereitschaftszeiten anscheinend weitere Tätigkeiten verrichtet (Dokumentationsarbeiten, Arztbriefe, Schreibarbeiten, Telefonate, Arztgespräche), die der Definition des Bereitschaftsdienstes entgegen stehen.

- Es bestehen in erheblichem Umfang zu hohe Arbeitszeitbelastungen bei den täglichen Arbeitszeiten, die durch die Heranziehung zu Bereitschaftsdiensten mit hoher Arbeitsintensität insbesondere im ärztlichen Bereich weiter erhöht werden.

dd) Wie sind solche Differenzen gegebenenfalls zu erklären?

Da keine Widersprüche zu den in der Erhebung festgestellten Tendenzen vorliegen, ist keine Erklärung notwendig.

Frage 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung bezüglich der Ableistung, Dokumentation und Bezahlung von Überstunden in Krankenhäusern?

Zur Frage der Ableistung, Dokumentation und Bezahlung von Überstunden in Krankenhäusern liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Im Unterschied zur "Mehrarbeit", von der man spricht, wenn die zeitlichen Obergrenzen des Arbeitszeitgesetzes überschritten sind, versteht man unter "Überstunden" eine Überschreitung der betrieblichen Normalarbeitszeiten, ohne dass zugleich "Mehrarbeit" im vorgenannten Sinne vorliegt. Die Notwendigkeit und Pflicht zur Ableistung von Überstunden kann nach der zugrunde liegenden individual- oder kollektivrechtlichen Vertragsgestaltung eine Haupt- oder Nebenverpflichtung des Arbeitsverhältnisses sein. Die Festlegung der Einzelheiten zur Ableistung und Vergütung von Überstunden fällt in den Bereich der Privatautonomie der Vertragsparteien und ist damit keiner staatlichen Kontrolle zugänglich.

a) Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen die Dokumentation und Anmeldung tatsächlich geleisteter Überstunden verweigert wurden, und wenn ja, wie viele und mit welcher Konsequenz?

Nein.

ionsmethoden verlängert.

b) Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen der Freizeitausgleich bzw. die Bezahlung geleisteter und dokumentierter Überstunden verweigert wurde, und wenn ja, wie viele und mit welcher Konsequenz?

Nein.

c) Wie beurteilt die Landesregierung die Erbringung wissenschaftlicher Leistungen wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. wissenschaftlicher Assistentinnen und Assistenten an den medizinisch-wissenschaftlichen Einrichtungen unter arbeitszeitrechtlichen Gesichtspunkten?

In der Hochschulmedizin besteht eine enge Verbindung zwischen wissenschaftlichen Tätigkeiten (Forschung und Lehre) und Aufgaben der Krankenversorgung, die nach arbeitszeitrechtlichen Kriterien folgende Differenzierung erforderlich macht:

Soweit wissenschaftliche Tätigkeiten in unmittelbarer Verbindung zur Krankenversorgung stehen, können sie arbeitszeitrechtlich nicht getrennt werden und sind bei der Aufstellung von Dienstplänen für die Krankenversorgung zu berücksichtigen. Dies kommt in Betracht für die Entwicklung diagnostischer oder therapeutischer Anwendungen, etwa wenn neue Untersuchungsmethoden zu einer Ausweitung der Untersuchungszeiten führen oder sich die Operationszeit infolge des Einsatzes und der Erprobung neuer Operat Etwas anderes gilt für abtrennbare, vorrangig selbstbestimmte wissenschaftliche Leistungen, wie z. B. Arbeiten an einer Dissertation, Habilitation oder sonstigen Publikationen, für die das Arbeitszeitgesetz nicht zur Anwendung kommt sowie für Tätigkeiten der Laborforschung, für die nach § 14 Arbeitszeitgesetz unter bestimmten Umständen von den Mindestnormen abgewichen werden kann.

Frage 5. Welche Schritte hat die Landesregierung unternommen, um solchen Missständen abzuhelfen bzw. was gedenkt sie, zu diesem Zweck zu unternehmen?

Im Hinblick auf die o.a. Ausführungen zu Frage 4 wird nochmals darauf hingewiesen, dass die Frage der Ableistung, Dokumentation und Abgeltung von Überstunden sich nach den für das Arbeitsrecht geltenden zivilrechtlichen Regeln richtet.