Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs in Hessen

Welche Beträge stehen zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs in Hessen jährlich zur Verfügung:

a) aus Mitteln des Regionalisierungsgesetzes,

b) aus dem Landeshaushalt?

Zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs stehen aus Mitteln des Regionalisierungsgesetzes insgesamt 525.607.900 zur Verfügung. Die Summe der für diesen Bereich ausgewiesenen Landesmittel beträgt zusätzlich rund 20 Mio. (ohne GVFG-Förderung).

Das Regionalisierungsgesetz ist durch Gesetz vom 26. Juni 2002 (BGBl. I S. 2264) geändert worden. Danach erhalten die Länder aus dem Mineralölsteueraufkommen des Bundes ab dem Jahr 2002 neu festgesetzte Beträge, die im Haushaltsplan 2002 noch nicht berücksichtigt werden konnten. Hessen bekommt danach für das Jahr 2002 einen Betrag von insgesamt 500.024.2.

Dies bedeutet, dass im Haushaltsvollzug 2002 Einsparungen in Höhe von 25.583.620 erfolgen müssen. Entsprechende Konzepte hierzu sind in Vorbereitung. Ergebnis wird ein Maßnahmenbündel aus Einsparungen, Verzicht und zeitlicher Streckung investiver Fördermaßnahmen in Folgejahren sein. Der Gestaltungsspielraum des Landes wird durch die geringeren Regionalisierungsmittel erheblich beeinträchtigt. Dies wird sich in den kommenden Haushaltsjahren fortsetzen.

Frage 2. Wie verteilen sich diese Mittel absolut:

a) auf den Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV),

b) auf den Nordhessischen Verkehrsverbund (NVV),

c) für sonstige Zwecke (welche?)?

Mit RMV und NVV wurden im April 2000 jeweils Finanzierungsvereinbarungen geschlossen. Sie umfassen die Jahre 2000 bis 2004 und sehen als Landesförderung ein jährlich betragsmäßig festgelegtes Finanzierungsbudget vor.

Die Mittel reduzieren sich jedes Jahr (Effizienzdividende).

In 2002 umfassen diese Finanzierungsbudgets folgende Beträge: RMV: 153.047.000 ; NVV: 24.491.000.

Die Mittel nach § 8 Abs. 1 Regionalisierungsgesetz (alt) in Höhe von 306.008.100 (07 12 - 231 01 bzw. Ausgabentitelgruppe 73) dienen zur Finanzierung von Leistungen im Schienenpersonennahverkehr im Umfang des Fahrplanangebotes 1993/94. Sie sind nicht in den Finanzierungsbudgets enthalten.

Mit dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) besteht keine Vereinbarung über ein Finanzierungsbudget. Für seine Aufgaben, die er im Bereich des Kreises Bergstraße wahrnimmt, sind in 2002 veranschlagt 3.323.400 (07 12 - 682 02 und Erläuterungen dazu).

Darüber hinausgehende Mittel nach dem Regionalisierungsgesetz werden maßnahmenbezogen als investive Förderung insbesondere zur Finanzierung des Bahnhofsmodernisierungsprogrammes eingesetzt. Zuwendungsempfänger sind nicht die Verkehrsverbünde, sondern Verkehrsunternehmen oder kommunale Gebietskörperschaften.

Frage 3. Mit welcher zahlenmäßigen Entwicklung ist in den nächsten fünf Jahren bei den Regionalisierungsmitteln zu rechnen?

Mit dem neuen Regionalisierungsgesetz vom 26. Juni 2002 ist die Höhe der Regionalisierungsmittel bis zum Jahre 2007 festgelegt.

Frage 4. Welche Mittel hat der RMV eingesetzt und wird er einsetzen in den Jahren 1998, 2002, 2005:

a) für Infrastrukturkostenhilfe,

b) für Kooperationsförderung,

c) für Partnerschaftsfinanzierungen,

d) für Sonstiges?

Die Position "Sonstiges" enthält den auf den RMV entfallenden Anteil an den Mitteln nach § 8 Abs. 1 Regionalisierungsgesetz (Status quo Fahrplan 93/94).

Bei den genannten Zahlen handelt es sich um die Angaben gemäß der geprüften Verwendungsnachweise. Aufgrund des zeitlichen Ablaufs der Erstellung der Einnahmenaufteilung erfolgt die Verwendungsnachweisführung für das abgelaufene Jahr im Herbst des Folgejahres. Aus diesem Grunde liegen die Zahlen des Jahres 2002 noch nicht vor.

Der RMV kann sich hinsichtlich der ersten drei in der Tabelle genannten Fördertatbestände nur im Rahmen des Budgets bewegen, das im Jahr 2002

153.047.000 beträgt. Da das Budget für den Zeitraum 2000 bis 2004 vereinbart ist, wurden auch Finanzverschiebungen zwischen den Jahren gestattet.

Einsparungen im einen Jahr können zu Mehrausgaben im anderen Jahr verwendet werden.

Für 2005 können keine Angaben gemacht werden. Ab 2005 wird eine noch zu verhandelnde neue Finanzierungsvereinbarung zwischen Land und RMV gelten.

Frage 5. Nachdem der Grundvertrag für den RMV ursprünglich eine Kooperationsförderquote von 85 v.H. festgelegt hatte, wird die aus diesen Mitteln finanzierte Defizitabdeckung im regionalen Busverkehr nunmehr sukzessive auf 50 v.H. heruntergefahren.

a) Womit ist diese Vorgehensweise begründet bzw. worauf ist diese zurückzuführen (z.B. alternativer Mitteleinsatz)?

b) Welche finanziellen Konsequenzen ergeben sich daraus qualitativ für die lokalen Aufgabenträger?

c) Was unternimmt die Landesregierung, um die negativen Konsequenzen für die lokale Ebene zu mindern?

Die Finanzierungsvereinbarung enthält für den RMV die Verpflichtung, dass eine Minderung der Durchtarifierungsverluste durch die Steigerung der Ertragskraft infolge einer Weiterentwicklung der Tarife zu erreichen ist. Als Durchtarifierungsverluste gelten die Fahrgeldeinnahmen, die dadurch verloren gehen, dass im Verbundgebiet der Fahrschein durchgehend gilt und nicht beim Wechsel des Verkehrsmittels neu gelöst werden muss.

Hintergrund dieser Verpflichtung ist, dass die Fördergelder nicht auf Dauer überwiegend eingesetzt werden können, um Durchtarifierungsverluste zu finanzieren. Diese Mittel würden dann zur erforderlichen Weiterentwicklung des ÖPNV fehlen, z. B. der Verbesserung der Angebote und der Qualitätssteigerung. Die Abgeltung von Durchtarifierungsverlusten ist mit jedem weiteren Jahr des Bestehens der Verkehrsverbünde immer weniger gerechtfertigt, denn vom einzelnen Verkehrsunternehmen muss angesichts der allgemeinen Entwicklung der Verbundtarife erwartet werden, dass er seine betriebliche Kalkulation auf die auf seine Verkehrsleistung entfallenden Fahrgeldeinnahmen aus dem Verbundtarif abstellt. Schließlich führt der Verbundtarif insgesamt zu Fahrgast- und damit Einnahmezuwächsen, die ohne Verbundtarif nicht erreichbar wären.

Der Ausgleich von Durchtarifierungsverlusten ist deshalb grundsätzlich als ein Instrument zu sehen, das den Übergang zum Verbundtarif erleichtert; es ist mehrjährig, jedoch nicht auf Dauer angelegt.

Als Konsequenz sind entsprechende Preisverhandlungen mit den Verkehrsunternehmen über die Bestellerentgelte zu führen. Der RMV-Aufsichtsrat hat dazu am 3. Juni 2002 eine "Strukturhilfe für den Ländlichen Raum" beschlossen, die auch aus den Einsparungen infolge der Preisverhandlungen mit den Regionalbusgesellschaften gespeist wird. Hiermit gibt der RMV erreichte Preisvorteile im Regionalbusverkehr direkt an die lokalen Aufgabenträger weiter.

Auch für die lokalen Aufgabenträger ist es von Bedeutung, der Strategie des RMV folgend, entsprechende Verhandlungen mit den die lokale Nahverkehrsleistung erbringenden Verkehrsunternehmen über die Höhe des Leistungsentgeltes zu führen und offensive Strategien zur Vergabe der Verkehrsleistungen im Wettbewerb zu verfolgen.

Frage 6. Das hessische ÖPNV-Gesetz legt fest, nach welchen Kriterien die Busverkehre der lokalen bzw. regionalen Aufgabenträger zuzuordnen sind. Bekanntermaßen ist die kriteriengerechte Zuständigkeitszuordnung im RMV noch nicht erfolgt.

a) Welche Gründe liegen dafür vor?

b) Wie wird das Land sicherstellen, dass die lokalen Aufgabenträger im Falle des Zuständigkeitsübergangs für die Busverkehre von der regionalen auf die lokale Ebene in die Lage versetzt werden, die hieraus entstehenden Belastungen zu tragen, und die bisher in regionaler Zuständigkeit für diese Verkehre eingesetzten Mittel auf die lokalen Aufgabenträger übergehen?

Als der RMV gegründet wurde, war es in der Anfangsphase aufgrund vielfältiger neuer Fragen und Probleme angebracht, alle Busleistungen der Bahnbusgesellschaften als Ganzes durch den RMV zu bestellen. Diese damalige pragmatische Vorgehensweise entspricht jedoch nicht den Vorgaben des ÖPNVGesetzes. Eine Beibehaltung auf Dauer ist rechtlich nicht möglich. Die kommunalen ÖPNV-Aufgabenträger sollen hier künftig in stärkerem Maße direkt durch ihre lokalen Nahverkehrsorganisationen Verantwortung für die Bahnbusverkehrsleistungen übernehmen, die lokal ausgerichtet sind. Wege zur Übertragung von Bahnbusverkehren in die lokale Regie sind vom RMV in einer Arbeitsgruppe mit Vertretern der lokalen Nahverkehrsorganisationen und des Landes entwickelt worden. Der RMV-Aufsichtsrat hat am 29. Mai 2001 einen Grundsatzbeschluss zur Entwicklung des regionalen Busnetzes gefasst.

Die Umsetzung erfordert jedoch einen längeren Zeitraum, weil zum einen der erforderliche finanzielle Ausgleich nicht auf einmal verbundweit sichergestellt werden kann, zum anderen das Thema von der Umsetzung des Wettbewerbskonzeptes des RMV überlagert wird. Ferner sind zum Teil Konzessionslaufzeiten nach dem Personenbeförderungsgesetz zu beachten.

Die Landesregierung geht davon aus, dass schrittweise der Übergang in lokale Verantwortung zustande kommt und dabei die Voraussetzungen geschaffen werden, dass die lokale Ebene hinreichende Mittel erhält, um diesen Verkehr selbst bestellen zu können.

Frage 7. Als eine Möglichkeit, die Kosten für die Bestellerseite zu senken und damit die Belastungen der lokalen ÖPNV-Aufgabenträger zu reduzieren, wird allgemein die Vergabe der Bedienungsaufträge für die Busverkehre im Wettbewerb angesehen.

Warum sollen vor diesem Hintergrund im RMV trotz erwarteter Kosteneinsparungen für die Allgemeinheit bei Ausschreibung weiterhin Verkehrsverträge mit den regionalen Busunternehmen abgeschlossen werden, die hohe Erstellerpreise festschreiben und eine Ausschreibung der Verkehre bis in das Jahr 2010 hinauszögern?

Es ist praktisch unmöglich, alle im Verbundgebiet des RMV anfallenden ÖPNV-Leistungen insgesamt auf einmal auszuschreiben. Der große logistische Aufwand hierfür wäre unvertretbar. Zum andern wären mit einer solchen abrupten Veränderung große Risiken für die Gemeinwohlverpflichtung und die Wirtschaftlichkeit des ÖPNV sowie die mittelständischen Strukturen des Verkehrsgewerbes (Anbietervielfalt) verbunden. Der Markt wäre in weiten Teilen überfordert. Daher ist ein sukzessiver geordneter Übergang in den Wettbewerb erforderlich.

Ein solcher geordneter Übergang ist aber nur durch ein mehrjähriges Stufenkonzept zu erreichen: Über einen längeren Zeitraum werden Schritt für Schritt die Verkehrsleistungen in möglichst gleich großen Jahresvolumina und mittelstandsfreundlichen Losen ausgeschrieben. Ein solches Stufenkonzept bedeutet dann auch, dass die Verkehrsleistungen, die in späteren Jahren ausgeschrieben werden, in der Zwischenzeit noch nicht dem Wettbewerb ausgesetzt sind. Im Hinblick auf das Gesamtinteresse eines geordneten Überganges erscheint diese Vorgehensweise insgesamt sachgerecht.

Daher hat der RMV-Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 3. Juni 2002 ein solches Stufenkonzept beschlossen. Damit wird der Wettbewerb nicht verzögert, sondern forciert. Mit dem Beschluss wurde das Grundprinzip des Stufenkonzepts festgeschrieben, nicht jedoch die Termine, wann welche Leistungen auszuschreiben sind. Diese Flexibilität ist mit Blick auf die zu erwartenden schwierigen Verkehrsvertrags-Verhandlungen zwingend geboten.