Einführung der kaufmännischen Buchführungssoftware SAP R/3

Vorbemerkung der Fragesteller:

Die Landesregierung hat zur Einführung der so genannten Neuen Verwaltungssteuerung die Nutzung des Softwareprogramms SAP R/3 beschlossen. Die Umstellung auf diese kaufmännische Buchführung verursacht in erheblichem Umfang Kosten für Ausbildung, Qualifizierung und Einsatz von Personal. Ferner fallen beträchtliche Lizenzgebühren und Ausgaben für Beratung durch SAP an. Schließlich sind auch die notwendigen technischen Ressourcen bereitzustellen. Bislang fehlt eine Analyse, welche Gesamtkosten durch die Umstellung auf die kaufmännische Buchführung entstanden sind und künftig entstehen werden.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Das Land Hessen beabsichtigt im Zuge seiner Verwaltungsreform die flächendeckende Umstellung des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens auf die kaufmännische Buchführung mit Kosten- und Leistungsrechnung, Produktsteuerung, ergebnisorientierter dezentraler Budgetierung und entsprechendem Controlling. Hierfür soll landesweit verbindlich die SAP Software R/3 eingesetzt werden.

Mit Beschluss vom 14. Juli 1998 hat die Landesregierung eine Grundsatzentscheidung zur Weiterentwicklung der Verwaltungsreformkonzeption des Landes Hessen für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen getroffen.

Hiernach sind alle Dienststellen des Landes Hessen verpflichtet, bis spätestens zum Jahr 2004 nach den Regeln des kaufmännischen Rechnungswesens unter Beachtung der kameralen Mindestbedingungen zu buchen und spätestens den Haushalt für das Jahr 2008 flächendeckend als so genannten "Produkthaushalt" aufzustellen.

Die diesem Beschluss zugrunde liegenden bzw. daraus resultierenden Konzepte sind:

- Methodenkonzept "Budgetierung und betriebswirtschaftliche Steuerungselemente für die Landesverwaltung Hessen",

- Leitfaden Rechnungswesen, Kosten- und Leistungsrechnung in der öffentlichen Verwaltung,

- Einführungskonzept zur flächendeckenden Umsetzung des Kabinettsbeschlusses vom 14. Juli 1998 und des Methodenkonzeptes,

- Controllingkonzept,

- Kontierungshandbuch Verwaltungskontenrahmen,

- Budgetierungskonzept,

- Leitfaden Ziel- und Produktdefinition,

- Konzept zur innerbetrieblichen Leistungsverrechnung (IBLV) mit Grundsätzen zur Zeit- und Mengenerfassung.

Der flächendeckenden Einführung von SAP R/3 in der hessischen Landesverwaltung stimmte das Kabinett mit Beschluss vom 14. Dezember 1999 im Grundsatz zu. Der Beschluss basiert auf den Ergebnissen des Projektes "DVAuswahlentscheidung Landesverwaltung", die für das Gesamtprojekt in folgenden Berichten vom 24. November 1999 dokumentiert wurden: Abschlussberichte mit Anlagen TPA, TPB und TPC für das Projekt "DVAuswahlentscheidung Landesverwaltung."

Diese Vorbemerkungen vorangestellt, beantwortet der Minister der Finanzen die Große Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Frage 1. Welche Auswahlkriterien haben dazu geführt, dass die Landesregierungsichfürdie Einführung der Software SAP R/3 entschieden hat?

Auswahlkriterien:

Unter Federführung der Universität Kassel wurde am 28. August 1998 das Vergabeverfahren zur Beschaffung und Implementierung einer integrierten betriebswirtschaftlichen Standardsoftware für ein kaufmännisches Rechnungswesen mit Personalwesen und Facility-Management einschließlich kameraler Erfordernisse eingeleitet. Ziel war die Beschaffung eines für das kaufmännische Rechnungswesen einheitlichen DV-Verfahrens für die Hochschulen, das auch optional für einen flächendeckenden Einsatz in der übrigen Landesverwaltung geeignet ist.

Auf Basis der gestellten Anforderungen, die in gewichteten Kriterienkatalogen auf Grundlage von 1.511 Einzelkriterien beschrieben wurden, sowie der Ergebnisse der Nachverhandlungen hat sich die eingerichtete Auswahlkommission am 28. Januar 1999 für das Angebot der SAP AG als das Angebot mit dem besten Preis -Leistungs-Verhältnis für einen Einsatz in den hessischen Hochschulen entschieden.

Der Landesautomationsausschuss hat das vorliegende Ergebnis der Auswahlkommission unter dem Gesichtspunkt der Eignung der Software für die gesamte Landesverwaltung bestätigt und bekräftigt, dass ein landeseinheitliches Vorgehen auch aus wirtschaftlichen Gründen geboten sei. Dies entsprach auch den Vorstellungen des Hessischen Rechnungshofs.

Gemäß Kabinettsbeschluss vom 25. Februar 1999 wurde das Hessische Ministerium der Finanzen beauftragt, für einen Einsatz in der Landesverwaltung diese Softwareauswahlentscheidung unter kameralen Rahmenbedingungen zusammen mit den Ressorts im Rahmen der mit SAP vereinbarten Optionsausübung bis zum 31. Dezember 1999 zu prüfen.

Wesentliche Aspekte für die Auswahlentscheidung waren ein landesweit verbindlicher und einheitlicher Einsatz der Software mit folgenden Prioritäten:

- Standard vor Individuallösung,

- Integration in die SAP-R/3-Software vor Einrichtung von Schnittstellen zu Alt- und Vorverfahren,

- Zukunftssicherheit.

Mit der Einhaltung dieser Prioritäten sollten Aufwandsrisiken gemindert und mögliche Einsparpotenziale gesichert werden.

Frage 2. Welche weiteren Softwareanbieter haben am Auswahlverfahren teilgenommen?

In Rahmen des EU-weiten Teilnahmewettbewerbs gingen 12 Bewerbungen fristgerecht bei der ausschreibenden Stelle ein. Von diesen wurden auf Basis des festgelegten Kriterienkatalogs zur Leistungsfähigkeit der anbietenden Unternehmen fünf Anbieter ausgewählt, denen genaue Vergabeunterlagen zugesandt wurden.

Bis zur Abgabefrist am 17. November 1998 gingen fristgerecht drei Angebote ein. Die Angebote zweier Firmen wurden in die nähere Auswahl genommen.

Frage 3. Welche Vorzüge hat SAP, die die übrigen Anbieter nicht hatten?

TPA, TPB, TPC sind Teilprojekte des Projektes "DV-AuswahlentscheidungLandesverwaltung". TPA untersucht die Prozesse des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens hinsichtlich seiner Abbildbarkeit in SAP. TPB betrachtet die Migration von Altverfahren in ein neu geschaffenes SAP-System. TPC erstellt ein Betriebskonzept für Rechen-, Kompetenz- und Servicezentren.

Das Angebot der SAP hob sich insbesondere durch folgende Merkmale gegenüber dem Angebot des Mitbewerbers hervor:

- höherer Integrationsgrad der SAP-Software,

- höhere Akzeptanz der Lösung zugunsten SAP in den Fachbereichen der Hochschulen und den Ressorts,

- höhere Zukunftssicherheit der SAP-Software.

Weiterhin hätte zum damaligen Zeitpunkt die vom Mitbewerber angebotene Lösung zu viel Eigenleistung der Modellhochschulen erfordert, die diese mangels ausreichender Personalressourcen weder zeitlich noch quantitativ zur Verfügung stellen konnten.

Darüber hinaus wurde deutlich, dass der Mitbewerber zum damaligen Zeitpunkt über nicht genügend ausgebildetes und erfahrenes Personal verfügte, um die Einführung in Hessen nahezu gleichzeitig mit einem bereits begonnenen Projekt in einem anderen Bundesland zu bewältigen.

Frage 4. Hat SAP bereits weitreichende Erfahrungen in der öffentlichen Verwaltung, wenn ja, welche?

SAP verfügt über langjährige Erfahrungen in der öffentlichen Verwaltung. In den öffentlichen Verwaltungen von über 40 Ländern sind rund 1.000 SAPInstallationen im Einsatz. Zu den wichtigsten deutschen Public-SectorKunden gehören:

- Bundesministerium der Finanzen,

- Bundesministerium der Verteidigung,

- Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen,

- Auswärtiges Amt,

- Bundesland Baden-Württemberg (flächendeckend),

- Bundesland Schleswig-Holstein (flächendeckend),

- Freie und Hansestadt Hamburg (flächendeckend),

- Freie Hansestadt Bremen (flächendeckend),

- Land Berlin,

- Land Sachsen-Anhalt (einzelne Verwaltungsbereiche),

- Land Brandenburg (einzelne Verwaltungsbereiche),

- Land Bayern (einzelne Verwaltungsbereiche),

- Land Nordrhein-Westfalen (einzelne Verwaltungsbereiche).

Darüber hinaus setzen aus dem kommunalen Bereich

- 21 Städte bis 50.000 Einwohner,

- 11 Städte bis 100.000 Einwohner und

- 26 Städte über 100.000 Einwohner die SAP-Software ein. Unter den Kommunen über 100.000 Einwohner befinden sich Städte wie Dresden, Dortmund, Karlsruhe, Köln, Leverkusen, Ludwigshafen, Mannheim, München, Stuttgart, Wiesbaden.

Frage 5. Wie hoch werden die Kosten für die Einführung von SAP R/3 veranschlagt?

Können diese Beträge eingehalten oder muss mit zusätzlichen Kosten gerechnet werden?

Wenn ja, in welcher Höhe?

Die Kosten für die Umstellung der Landesverwaltung auf kaufmännische Buchführung mithilfe von SAP R/3 (ohne Personalwirtschaft) werden vom Finanzministerium bis zur flächendeckenden Einführung des SAP-Systems im Zeitraum 2000 bis 2004 auf ca. 240 Mio. veranschlagt. Hierin sind Kosten für SAP-Lizenzen, deren Pflege, für Beratungsleistungen und für benötigte Sachmittel enthalten. Die Beratungsleistungen gliedern sich auf in SAPBeratung sowie Controlling und wissenschaftliche Begleitung.

Nicht enthalten, weil aufwandsmäßig nicht erfasst, sind Personalleistungen der Landesmitarbeiter (siehe auch Beantwortung der Frage 8). Kosten für die Infrastruktur vor Ort (z.B.