Datenerhebung zum Migrationshintergrund

Mit Änderung der "Verordnung über die zur Verarbeitung zugelassenen Daten von Schülerinnen, Schülern und Eltern" (VO-DV I) im Juli diesen Jahres wurde den Schulen die Möglichkeit eröffnet, neben der Erhebung der personenbezogenen Daten, auch Daten über den Migrationshintergrund der Schülerinnen und Schüler zu erheben. Informationen über den Migrationshintergrund von Schülerinnen und Schülern können sinnvoll sein und beispielsweise einer zielgerichteten Steuerung der Ressourcen im Schulsystem auf der Grundlage von realen Bedarfen und weg vom Gießkannenprinzip dienen. Die Informationen, die erhoben werden, stellen äußerst sensible persönliche Angaben dar. Deshalb ist es unerlässlich, dass die betroffenen Personen bei der Datenerhebung umfassend und zutreffend informiert werden.

Derzeit wird diese Datenerhebung zum Migrationshintergrund und zur Zuwanderungsgeschichte an den nordrhein-westfälischen Schulen durchgeführt.

Diverse Rückmeldungen von Eltern und auch von Lehrerinnen und Lehrern belegen jedoch, dass mit den - doch äußerst sensiblen - Daten zum Migrationshintergrund von Schülerinnen und Schülern nicht mit dem notwendigen Feingefühl umgegangen wurde. Das Verfahren der Erhebung hat sich an den einzelnen Schulen höchst unterschiedlich dargestellt. Jede Schule musste ihren eigenen Datenbogen erstellen. Eine Kölner Schule verlangte beispielweise Auskunft über die Gültigkeit einer Aufenthaltsgenehmigung, Angaben zu Konfession und Elternanschrift. Auch gibt es auf den Erhebungsbögen keine Auskunft zur Rechtsgrundlage oder zum Zweck der Erhebung der Daten. Weitere Unterlagen einzelner Schulen belegen, dass für die Erhebung gerade einmal 2 bis 3 Tage zur Verfügung gestanden haben. Eltern wurden nicht informiert und auch Lehrerinnen und Lehrer konnten über Sinn und Zweck der Erhebung keine Auskunft geben.

Einige Schulen berichten, dass Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer in einer Tabelle die Verkehrssprache, das Geburtsland etc. ihrer Schülerinnen und Schüler ohne Beteiligung der Kinder und/oder ihrer Eltern eingetragen und bei der Schulleitung abgegeben haben. In anderen Schulen wurden die Schülerinnen und Schüler im Unterricht zu den einzelnen Katego

rien der Datenerhebung schulöffentlich "abgefragt". Die Richtigkeit solcher Angaben muss angezweifelt werden. Darüber hinaus wurden die Schülerinnen und Schüler in diesem sensiblen Bereich in eine Situation gebracht, die von vielen als beschämend empfunden wurde.

In einigen Schulen nahmen die Schülerinnen und Schüler Fragebögen zu Migrationshintergrund und Zuwanderungsgeschichte mit nach Hause, um sie von den Eltern ausfüllen zu lassen. Da die Fragebögen den Namen des Kindes beinhalteten, mussten die Eltern davon ausgehen, dass es sich nicht um eine anonymisierte Abfrage handelt. Viele Eltern haben sich angesichts dieser Verfahren geweigert, die Fragebögen auszufüllen und Informationen über den Migrationshintergrund der Familie an die Schule weiterzugeben.

Die Datenschutzbeauftragte NRW informiert auf ihrer Homepage seit Ende August 2007 über die zurzeit laufende Datenerhebung. Eindeutig rechtlich unzulässig bewertet sie die Frage nach dem aufenthaltsrechtlichen Status der Betroffenen. Ebenso weist sie darauf hin, dass, dass die betroffenen Personen bei der Datenerhebung umfassend und zutreffend aufgeklärt werden müssten. Dazu seien klare und eindeutige Informationen an die Eltern und der Lehrkräfte erforderlich, zu welchem Zweck und auf welcher Rechtsgrundlage die Datenerhebung zum Migrationshintergrund oder zur Zuwanderungsgeschichte durchgeführt wird.

Auch sei wichtig auf die Auskunftspflicht der betroffenen Personen nach dem Schulgesetz hinzuweisen.

Offensichtlich sind alle diese Bedingungen bei der aktuellen Erhebung nicht erfüllt worden.

Sie ist in einem Hauruckverfahren ohne Beachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen vollzogen worden.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie wurden Eltern und Lehrkräfte über die Datenerhebung zum Migrationshintergrund und zur Zuwanderungsgeschichte der Schülerinnen und Schüler informiert?

2. Wie wurden die Lehrerinnen und Lehrer für die Erhebung der "neuen" sensiblen Daten geschult?

3. Wie bewertet die Landesregierung die Erhebung der genannten sensiblen Daten im Rahmen einer Abfrage der einzelnen Schülerinnen und Schüler im Unterricht?

4. Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass derartige Datenerhebungen zukünftig mit dem notwendigen Feingefühl durchgeführt werden, das natürlich auch ein angemessenes Erhebungsverfahren (u. a. Zeitfaktor für Rücklauf, Zustimmung der Betroffenen) in den Schulen beinhaltet?

5. Wie werden die erhobenen Daten verwendet?