Weitere Benachteiligung des Standorts Hagen durch die Landesregierung
Mit ihrer Entscheidung zur Auflösung des Instituts für Qualifizierung, des Landesbetriebs Straßenbau und des Staatlichen Umweltamtes am Standort Hagen hat die Landesregierung in den ersten zweieinhalb Jahren ihrer Regierungszeit die Grundlage für den Abbau von Hunderten von qualifizierten Arbeitsplätzen in Hagen gelegt. Derzeit steht die Auflösung und Verlagerung des Labors des ehemaligen Staatlichen Umweltamtes mit 52 Arbeitsplätzen nach Lippstadt kurz vor der Kabinetts-Entscheidung. Die Vernichtung von Arbeitsplätzen am Standort Hagen ist also nicht Ankündigung, sondern wird vollzogen.
Das ehemalige Staatliche Umweltamt Hagen ist zum 1. Januar 2007 als Sonderordnungsbehörde aufgelöst und in die Bezirksregierung Arnsberg eingegliedert worden. Am Standort Hagen an der Feithstraße sind zurzeit ca. 170 Mitarbeiter/innen in den Bereichen Immissionsschutz, Wasserwirtschaft und Labor beschäftigt.
Von Innen- und Umweltministerium ist vorgesehen, dass die technischen Dienste der Umweltverwaltung (Labore und Hydrologie) im Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) gebündelt werden sollen. In einem Konzept zur Neuausrichtung wurden unter anderem folgende Eckpunkte festgelegt:
- Aus der Neuausrichtung der technischen Dienste soll sich ein Personalabbau bis zu 25% sowie die Aufgabe von vier der derzeit neun Laborstandorte ergeben.
- Die Standorte werden aus den neun bestehenden Laborstandorten der Bezirksregierungen bzw. des LANUV nach fachlichen und infrastrukturellen Kriterien unter Berücksichtigung von Aspekten der Sozialverträglichkeit festgelegt.
Der Standort Hagen ist mit seinem Labor von der Auflösung betroffen. Als Laborstandort für den Regierungsbezirk Arnsberg soll dagegen Lippstadt erhalten bleiben. Von den ca. 170
Mitarbeiter/innen am Standort Hagen werden 25 Mitarbeiter/innen im Rahmen der Kommunalisierung zu den Kreisen und kreisfreien Städten versetzt. Die 52 Labormitarbeiter/innen wechseln zum Labor in Lippstadt. Nach internen Vorgaben soll das Labor in Hagen bis spätestens Mitte 2009 aufgelöst werden. Die restlichen knapp 100 Mitarbeiter/innen sollen bei der Bezirksregierung Arnsberg verbleiben, wechseln aber voraussichtlich zu den Standorten Arnsberg, Dortmund oder Siegen.
Bei der Standortentscheidung für das Labor zwischen Hagen und Lippstadt scheinen Abwägungskriterien wie Wirtschaftlichkeit oder Sozialverträglichkeit offensichtlich eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben. Denn:
· Das Lippstädter Gebäude wurde 1967 errichtet und seit 1980 wurden Büroflächen zu einem Labor umfunktioniert. Das Labor Hagen ist von vornherein als Labor konzipiert und 1987 errichtet worden.
· Bei der Erstellung des Hagener Labors (Bj. 1987) wurde bereits vorgesehen, dass durch die Ausgliederung von baulich bereits als Laborfläche vorgesehene Büro- und Sozialräume aus dem Labortrakt in die seitlich angrenzenden Bürotrakte die reine Laborfläche um 180 m2 erweiterbar ist. Durch einfache bauliche Änderungen können somit zusätzliches Personal und Geräte aus Lippstadt aufgenommen werden. Dieses wäre deutlich wirtschaftlicher als ein Umbau des Lippstädter Labors und weiterer Büroräume.
· Das Laborgebäude in Hagen liegt verkehrsgünstig an den Bundesautobahnen A1 / A45 / A46 Somit können alle Messstellen im gesamten Dienstbezirk der Bezirksregierung Arnsberg von Hagen mit vertretbarem Aufwand erreicht werden.
· Die überwiegende Anzahl aller Messstellen (kommunale und industrielle Einleitungen, an Gewässern etc.) der Bezirksregierung Arnsberg liegen im ehemaligen Hagener Dienstbezirk. Bei einer künftigen Anfahrt von Lippstadt zu den Probenahmestellen können mehr als 400.000 Dienstkilometer zusätzlich anfallen. Im Gegenzug (Anfahrt von Hagen zu den ehemaligen Lippstädter Messstellen) fallen lediglich 100.
Dienstkilometer zusätzlich an.
· In Hagen beträgt die Arbeitslosigkeit 11 %, und im Kreis Soest 7,4 %. Mit dieser Standortentscheidung werden weitere 170 Arbeitsplätze in Hagen abgebaut. Lt. Bevölkungsvorausberechnungen wird die Einwohnerzahl in Hagen weiter abnehmen, während die im Kreis Soest stabil bleiben wird.
Für die Beschäftigten in Hagen wie Lippstadt ergeben sich bei einem Wechsel gleichermaßen Fragestellungen:
· Bei Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs ist die Zeit für eine Strecke mit ca. 2,5 Stunden anzusetzen (2-3 x Umsteigen). Alternativ wäre das Fahren mit dem Kfz mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden (einfache Strecke ca. 85 km). Einige Beschäftigte haben weder Führerschein noch PKW. Dieser zeitliche und finanzielle Mehraufwand ist für die Labormitarbeiter/innen (insbesondere für den mittleren Dienst und Teilzeitkräfte) keinesfalls akzeptabel. Von dieser Standortentscheidung sind in Hagen 52 Mitarbeiter und in Lippstadt 40 Mitarbeiter betroffen. Die Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen sind überwiegend um die 50 Jahre, die bis zum Erreichen der Altersgrenze also noch bis zu 15 Jahre erwerbstätig sein werden.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Welches Kriterium hat für den Standort Lippstadt als Laborstandort den Ausschlag gegeben?
2. Was hat die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für/gegen die Laborstandorte Hagen und Lippstadt ergeben? (z.B. Eignung des Gebäudes für den Umbau, Kosten für den Umbau, Zahl und Verteilung der Probenahmestellen, Kosten für zusätzliche Dienstkilometer usw.)
3. Wie wird die Entscheidung gegen den Standort Hagen aus strukturpolitischer Sicht begründet?
4. Laut verkündetem Anspruch der Landesregierung muss es für alle Mitarbeiter der Bezirksregierungen zumutbare Arbeitsplatzangebote (Entfernung zum bisherigen Arbeitsplatz, Verkehrsanbindung) als Auswahlkriterium für einen Standort geben. Wie will die Landesregierung dieses Auswahlkriterium auch für die neuen künftigen Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen des LANUV im Hinblick auf eine mittlere Fahrzeit mit ÖPNV von 5 Stunden pro Tag für die Hin- und Rückfahrt beachten. (Als tägliche Fahrzeit werden nur 3 Stunden als zumutbar angesehen.)
5. Wie soll das Personal um 25 % reduziert werden? (In der Regel haben die Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen noch bis zu ca. 15 Jahre Erwerbstätigkeit vor sich, es sei denn, sie kündigen wegen unzumutbarer Arbeitsplatzangebote selbst.)