Grenzüberschreitende Abstimmung bei Großflächigem Einzelhandel

Am 13. Dezember 2006 berichtete Ministerin Christa Thoben in der 24. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Mittelstand und Energie von den Konferenzen der Wirtschaftsminister und der Raumordnungsminister. Sie berichtete vom jeweiligen Einvernehmen dieser Runden bzgl. der weiteren Entwicklung von großflächigem Einzelhandel und von Outletcentern, "keinen Unsinn" zu machen.

In diesem Zusammenhang hat das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie in mehreren offiziellen Stellungnahmen angekündigt, das weitere Vorgehen sowohl mit den Bundesländern Niedersachsen und Hessen als auch mit den Niederlanden abzustimmen. Im Gegensatz zu den allgemeinen Ankündigungen zu grenzüberschreitenden Abstimmungen, ist das Gesetz zur Änderung des LEPro, das nur in Nordrhein-Westfalen Investitionen behindert, am 5. Juli 2007 in Kraft getreten.

Hierzu frage ich die Landesregierung:

1. Bezieht sich der regierungsseitige Anspruch, "keinen Unsinn zuzulassen", auch auf die grenzüberschreitende Planung von großflächigem Einzelhandel und von Outletcentern?

2. Welche Planungen von großflächigem Einzelhandel und von Outletcentern mit möglicher Auswirkung auf die Kaufkraftsituation in NRW in benachbarten Staaten und /oder Bundesländern sind der Landesregierung bekannt?

3. Welche verbindlichen Vereinbarungen mit benachbarten Staaten, Bundesländern bzw. Regionen hat die Landesregierung bis zum heutigen Tag getroffen, die großflächigen Einzelhandels so steuern, dass Kaufkraft aus NRW nicht abfließt?

4. Welche innovativen und flexiblen Konzepte der Einzelhandelsversorgung, die insbesondere für ländlich geprägte Räume in grenzüberschreitender Absicht seit Anfang 2007 weiterentwickelt wurden, sind der Landesregierung bekannt?

5. Welchen verbleibenden Handlungsbedarf sieht die Landesregierung, damit durch eine abgestimmte Einzelhandelsentwicklung mit benachbarten Staaten und Bundesländern erreicht wird, dass Kaufkraft nicht aus Nordrhein-Westfalen abfließt?

Antwort der Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie vom 28. November 2007 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem Minister für Bauen und Verkehr: Vorbemerkungen

Der Landtag hat das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Landesentwicklung (Landesentwicklungsprogramm ­ LEPro) am 13. Juni 2007 beschlossen. Die verfolgte Intention, die Innenstädte als Einzelhandelsstandorte zu stärken, haben in der Debatte um das Gesetz alle Fraktionen unterstützt.

Über die Beschlüsse der Wirtschafts- und Raumordnungsminister im Hinblick auf die Planung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben, wozu auch HerstellerDirektverkaufszentren (Factory-Outlet-Center ­ FOC) zählen, liegt dem Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie ein Bericht des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie vom 24. Januar 2007 vor. Demnach kommen für HerstellerDirektverkaufszentren nur integrierte Standorte in Oberzentren bzw. Großstädten in Betracht. Diese Erkenntnisse sind unverändert aktuell.

Zur Frage 1:

Die Kompetenzen des Landtages und der Landesregierung, Regelungen für den großflächigen Einzelhandel zu treffen, beschränken sich auf das Gebiet des Landes Nordrhein-Westfalen.

Regelungen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen benachbarten Bundesländern und Staaten finden sich im Raumordnungsgesetz des Bundes (§ 16 ROG) und im Landesplanungsplanungsgesetz Nordrhein-Westfalen (§ 3 Nr. 3 LPlG). Im Übrigen enthält die europäische Richtlinie zur Strategischen Umweltprüfung ­ die in Bundes- und Landesrecht umgesetzt ist ­ verfahrensrechtliche Regelungen zur grenzüberschreitenden Information und Beteiligung bei umweltrelevanten Planungen.

Zwischen den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen gibt es seit 1967 eine enge Zusammenarbeit in der Raumordnung. Eine regelmäßige Abstimmung erfolgt über die DeutschNiederländische Raumordnungskommission.

Zur Frage 2:

Die Planung für ein direkt an Nordrhein-Westfalen angrenzendes FOC in Diemelstadt (Hessen) wurde aufgegeben. Die geplanten FOC in der Lüneburger Heide (Niedersachsen) und Montabaur (Rheinland-Pfalz) tangieren Nordrhein-Westfalen voraussichtlich nicht. Die Erweiterung des FOC in Roermond (Niederlande) ist inzwischen erfolgt.

In Roermond gibt es außerdem Planungen für ein Fachmarktzentrum außerhalb der Innenstadt (v. a. Möbel/Einrichtung). Die Planung für ein großes Einzelhandels- und Freizeitprojekt (sog. „Experience Park") in Venlo (Niederlande) wird dagegen nicht weiter verfolgt.

Weitere Planungen für großflächige Einzelhandelsvorhaben außerhalb von Nordrhein Westfalen sind bei der Landesregierung nicht problematisiert worden.

Zur Frage 3:

Für die grenzüberschreitende Abstimmung gibt es inzwischen eine einheitliche europarechtliche Regelung (siehe Frage 1). Im Übrigen liegt seit Anfang 2001 ein Leitfaden für eine koordinierte Planung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben einschließlich FOC in Nordrhein-Westfalen, Belgien und den Niederlanden vor.

Die Ministerkonferenz für Raumordnung befasst sich aktuell mit der Frage, wie die grenzüberschreitende Abstimmung bei der Planung großflächiger Einzelhandelsvorhaben weiter verbessert werden kann. Auch in der Deutsch-Niederländischen Raumordnungskommission (siehe Frage 1) steht das Thema auf der Tagesordnung für die nächste Sitzung. Die Ergebnisse der Beratungen bleiben abzuwarten.

Zur Frage 4:

Aus der Frage geht nicht hervor, welche Konzepte gemeint sind. Sie lässt sich daher nicht beantworten.

Zur Frage 5:

Einen Handlungsbedarf gibt es derzeit nicht (siehe Frage 3). Innerhalb des europäischen Binnenmarktes gehört das Überqueren von Landes- oder Staatsgrenzen ­ auch zu Einkaufszwecken ­ für viele Bürgerinnen und Bürger inzwischen zum Alltag. Begrenzt lokal gesehen kann der grenzüberschreitende Einkaufsverkehr eine Rolle spielen, vor allem saisonbedingt. Gerade in diesen vorweihnachtlichen Tagen kann man erkennen, dass in Nordrhein-Westfalen viele Kommunen mit attraktiven Innenstädten davon profitieren (z.B. Aachen, Köln, Düsseldorf, Dortmund, Münster). Es besteht daher Grund zu der Annahme, dass sich der Zu- und Abfluss von Kaufkraft über die Landesgrenze in der Waage hält. „TRADE ­ Transnationale Koordination bei der Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen, dargestellt am Beispiel von Factory Outlet Centres im belgisch-deutsch-niederländischen Grenzraum." Bonn 2001. Das Projekt wurde mit Mitteln der Europäischen Union aus dem Programm INTERREG II C kofinanziert.