Welche Rolle spielen Gideon-Bibeln an nordrhein-westfälischen Schulen?

Der deutsche Gideonbund ist laut seiner Selbstdarstellung eine "berufsorientierte Vereinigung von Christen", die es sich zur Aufgabe gemacht hat, "das Wort Gottes, die Bibel" zu verbreiten. Seine Mitglieder müssen einer evangelischen Kirche, einer Freikirche, Gemeinschaft oder Versammlung angehören. Mitglieder des Gideonbundes sind männlich. Daneben gibt es einen eigenen Gideon-Frauendienst. Unverheiratete Frauen sind als Mitglieder nicht erwünscht. Der Gideonbund gibt an einige Personenkreise - unter anderem zur Auslage in Hotelzimmern, in Arztpraxen, Krankenhäusern etc. - kostenlos so genannte Gideon-Bibeln.

Die Bibeln werden auch an Schülerinnen und Schüler kostenlos verteilt.

Auf der Homepage des Gideonbundes findet sich an hervorgehobener Stelle eine "Information für Schulleiter" zum Download. Darin heißt es zur Übergabe an den Schulen: "Wenn von der Schule gewünscht, an Schüler ab der 5. Klasse [...], in allen Klassen (5-minütige Vorstellung) oder in der großen Pause. Es ist hilfreich, wenn die Schulleitungen in einem Aushang oder einer Information die Aktion bekannt machen." Mir ist bekannt, dass auch in nordrheinwestfälischen Schulen Mitglieder des Gideonbundes im Unterricht Bibeln verteilen und missionieren. Die Eltern wurden über diese Aktion im Vorfeld nicht informiert. Bei der GideonBibel handelt es sich nicht allein um eine übliche Luther-Bibel, sondern sie beinhaltet auch in der Terminologie des Gideonbundes - "Hilfe für Neueinsteiger". Die Grenze zum Kreationismus ist dabei fließend, wenn es in der Eingangsinterpretation des Gideonbundes vor Beginn des eigentlichen Bibeltextes heißt: "Die Bibel zeigt den Willen Gottes, die Situation des Menschen, den Weg zum ewigen Leben, das Schicksal des Sünders und die Freude des Glaubenden. Ihre Lehren sind göttlich, ihre Gebote binden und ihre Berichte wahr. Lesen Sie darin, um die einzige Wahrheit kennenzulernen." Vom Gideonbund werden außerdem ganze

Klassensätze von Bibeln angeboten, die dann vom zuständigen Gideonmissionar vor Ort übergeben werden.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Welche rechtliche Grundlage ermöglicht es dem Gideonbund, die Gideon-Bibel an nordrhein-westfälischen Schulen zu verteilen?

2. Wie überwacht die Schulaufsicht die Aktivitäten des Gideonbunds an nordrheinwestfälischen Schulen?

3. Wie viele Besuche von Missionaren des Gideonbundes in nordrhein-westfälischen Schulen haben in den vergangenen Schuljahren stattgefunden?

4. Wie bewertet die Landesregierung, dass die Eltern von Schülerinnen und Schülern, denen im Unterricht eine Gideon-Bibel überreicht worden ist, im Vorfeld nicht über den Besuch des Missionars des Gideonbundes informiert waren?

5. Wie bewertet die Landesregierung den Gebrauch der Gideon-Bibeln als Unterrichtsbibel?

Antwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung vom 3. Dezember 2007 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten:

Vorbemerkung:

Bei dem Gideonbund handelt es sich um eine überkonfessionelle Vereinigung von Christen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Wort Gottes, die Bibel, zu verbreiten. Die Vereinigung wird sowohl von der Katholischen Kirche wie auch von den Evangelischen Kirchen anerkannt; insbesondere die evangelischen Landeskirchen arbeiten eng mit dem Gideonbund zusammen.

Zur Frage 1:

Die Rechtsgrundlage für die Verteilung von Bibeln des internationalen Gideonbundes in Deutschland e.V. ist § 56 Satz 1 und 2 SchulG. Hiernach kann durch eine Schulleiterin oder einen Schulleiter von dem grundsätzlichen Verbot, schulfremde Druckschriften auf dem Schulgrundstück an Schülerinnen und Schüler zu verteilen, eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Druckschriften schulischen oder gemeinnützigen Zwecken dient.

Zur Frage 2:

Eine Prüfung der Verteilung von Bibeln durch den Gideonbund an nordrhein-westfälischen Schulen erfolgt durch die Schulaufsicht im Rahmen von Einzelfällen (z. B. aufgrund von Hinweisen aus der Lehrer- bzw. Elternschaft).

Zur Frage 3:

Wie viele Besuche von Vertretern des Gideonbundes in nordrhein-westfälischen Schulen in den vergangenen Schuljahren stattgefunden haben, ist nicht bekannt.

Zur Frage 4:

Die Schulen sind grundsätzlich aufgefordert, über geplante Aktionen an ihrer Schule die Eltern ihrer Schülerinnen und Schüler im Vorfeld zu informieren. Diese Informationsaufforderung bezieht auch die vom Gideonbund vorgesehene Verteilung von Bibeln an der jeweiligen Schule ein.

Zur Frage 5:

Nach § 56 SchulG liegt die Entscheidung über den Einsatz von Lernmitteln, Bücher, Druckschriften etc. bei den jeweiligen Schulen. Eine Vorgabe und Bewertung durch die Landesregierung erfolgt nicht.