Verfahren zum Verkauf der LEG-Wohnungen stoppen - Vorkaufsrecht für kommunale Wohnungsgesellschaften ermöglichen!

Im Bieterverfahren für den Verkauf der LEG-Wohnungen sind mit der börsennotierten GAGFAH sowie dem Konsortium aus kommunalen Wohnungsunternehmen mindestens zwei potenzielle Erwerber aus dem Verfahren ausgestiegen. Vor dem Hintergrund der Krise der Finanzmärkte und der Immobilienmärkte droht ein Ausverkauf öffentlicher Wohnungsbestände zu Billigpreisen und zu Lasten öffentlicher Haushalte. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es wahrscheinlich, dass die LEG-Wohnungen bis zu einer Milliarde Euro unter dem tatsächlichen Markwert verkauft würden.

Die Landesregierung hat sich im Ausschreibungsverfahren die Option offen gehalten, das Verfahren jederzeit zu verändern oder zu stoppen. Hiervon ist Gebrauch zu machen und interessierten kommunalen Wohnungsgesellschaften ein Vorkaufsrecht auf die Übernahme der LEG-Wohnungen in den jeweiligen Städten einzuräumen. Für die Mieterinnen und Mieter in den betroffenen LEG-Wohnungsbeständen ist dies die beste Garantie für Mieterschutz und Schutz vor Weiterveräußerungen.

Am 24. Oktober 2006 hat das Landeskabinett beschlossen, die vom Land gehaltenen Anteile an der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) als Ganzes in einem Bieterwettbewerb an einen Erwerber oder ein Bieterkonsortium zu verkaufen. Der Verkauf der rund 93.000 LEGWohnungen sollen ausweislich der Presseinformation der Landesregierung angeblich in einer Kombination aus Mieterschutzregelungen und Investitions- bzw. Halteverpflichtungen mit den höchsten jemals in Deutschland formulierten Sozialstandards an den Markt gebracht werden. Am 20.11.2007 wurde mittels Inseraten in diversen überregionalen Tageszeitungen das Interessensbekundungsverfahren zum Verkauf der Landesentwicklungsgesellschaft NRW mbH gestartet. Am 25.01.2008 hatten ausgewählte interessierte Unternehmen ein "indikatives Angebot" für die Übernahme der LEG-Wohnungsbestände abzugeben.

Einen Tag vor Ablauf der Frist wurde klar, dass die GAGFAH kein Angebot abgeben würde.

Nur einen Tag später meldete die Presse, dass durch das Konsortium aus kommunalen Wohnungsgesellschaften aus Köln, Dortmund, Essen und Bielefeld kein Angebot für den gesamten Bestand der LEG-Wohnungen abgegeben wird. Gleichzeitig veröffentlicht die Rheinische-Post unter dem Titel "US-Krise drückt den Wert der LEG" die Einschätzung der LEGGeschäftsführung, dass "der Marktwert der LEG mit ihren 90.000 Wohnungen, die das Land NRW derzeit verkaufen will, wegen der faulen Immobilienkredite in den USA um 20 bis 30 Prozent gesunken" ist.

Am 30.01.2008 schreibt die Financial Times Deutschland (FTD), dass "sich nach Angaben des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums deutlich mehr Bewerber als von der Opposition angenommen" für die LEG interessieren. "Branchenkreise", so wird jedoch weiter ausgeführt, "gehen aber davon aus, dass nur ein Handvoll Bieter ernsthaftes Interesse hat." Hierzu sollen die Deutsche Annington, der Goldmann-Sachs-Immobilienfonds Whitehall und der Immobilieninvestor Brack Capital zusammen mit der US-Investmentbank Lehmann Brothers gehören. Zum Verkaufspreis schreibt die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) folgendes: "Wie es in Kreisen heißt, sei ein ausländischer Investor bereit, 3,4 Milliarden Euro zu bieten..."

I. LEG-Verkaufsverfahren stoppen

Ein Verkaufspreis von 3,4 Milliarden Euro würde bei den rund 93.000 Wohnungen einem durchschnittlichen Verkaufspreis von rund 36.559 Euro pro Wohnung entsprechen. Bei einer durchschnittlichen Größe der LEG-Wohnungen von 65 qm würde dies einem Preis von 562 Euro pro Quadratmeter entsprechen.

Die Untersuchung der Bundesanstalt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) "Veränderung der Anbieterstruktur im deutschen Wohnungsmarkt und wohnungspolitische Implikationen" hat die Wohnungsverkäufe aus den Jahren 1999 bis 2006 analysiert. Hiernach wurden in diesem Zeitraum in den alten Ländern durchschnittliche Preise von 42.000 Euro pro Wohnung bzw. 650 Euro pro qm Wohnfläche erzielt. Im Jahr 2005 lag der durchschnittliche Verkaufspreis bei verkauften Portfolios mit über 50.000 Wohneinheiten bei 50.846 Euro. Dabei zeigt die Analyse, dass Verkäufe von Wohnungsbeständen mit über 50.000 Wohneinheiten deutlich höhere Preise erzielt haben als kleinere Portfolios. Dies wird damit erklärt, "dass große Portfolios besonders hohe Rationalisierungspotenziale aufweisen und der Kauf großer Portfolios für Investoren, die einen großen Wohnungsbestand aufbauen wollen, gegenüber dem Kauf vieler kleiner Bestände eine erhebliche Aufwandsersparnis mit sich bringt." Werden die Durchschnittspreise der vergangenen Jahre zu Grunde gelegt, dann liegt der Marktwert für die LEG-Wohnungen bei mindestens 3,9 Milliarden Euro. Wird die Marktsituation des Jahres 2005 zu Grunde gelegt müsste ein Verkaufspreis von 4,7 Milliarden Euro für die LEG-Wohnungen erzielt werden.

Deutlich wird, dass ein Verkaufsangebot von 3,4 Milliarden Euro derzeit zwischen 500 Million Euro und 1,3 Milliarde Euro unter dem Marktwert der vergangenen Jahre liegt. Somit ist die Einschätzung, dass die LEG derzeit mindestens zu einem Drittel unter Marktwert verkauft wird, absolut zutreffend.

Ein Verkauf der LEG-Wohnungen zum jetzigen Zeitpunkt ist ein Verschleudern von öffentlichem Vermögen. Bedingt durch die ungünstige Marktsituation verschenkt das Land bis zu eine Milliarde Euro zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Die Landesregierung ist deshalb aufgefordert von der in der Ausschreibung enthaltenen Option zur jederzeitigen Beendigung des Verfahrens Gebrauch zu machen.

II. Mindestens Vorkaufsrecht für kommunale Wohnungsgesellschaften ermöglichen

Das Konsortium aus kommunalen Wohnungsgesellschaften hat Interesse an einer Übernahme von insgesamt rund 44.000 Wohnungen aus dem LEG-Bestand. Eine Angebotsabgabe ist auch deshalb nicht zustande gekommen, weil die Landesregierung auf einem vollständigen Kauf der LEG besteht und Teilverkäufe im Verfahren ausgeschlossen hat. Ein Finanzinvestor für die Wohnungsbestände außerhalb der kommunalen Grenzen der interessierten Unternehmen konnte innerhalb des engen zeitlichen Fensters im Verfahren nicht gefunden werden. Auch strategische Allianzen mit konkurrierenden Bietern waren durch eine "Abspracheverbotsklausel" ausgeschlossen.

Die Unternehmen aus dem kommunalen Konsortium haben erklärt, weiterhin ein hohes Interesse an einer Übernahme der LEG-Wohnungsbestände in ihren jeweiligen Städten zu haben und hoffen hierzu auf ein Umdenken seitens der Landesregierung.

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die Landesregierung in ihrer Sozialcharta eine Öffnungsklausel für die Begrenzung der Wohnungsverkäufe von 2,5 Prozent pro Jahr eingeräumt hat. Ausweislich der Vorlage 14/1537 gilt die Verkaufsobergrenze nicht für Weiterveräußerungen an kommunale Wohnungsgesellschaften. Positiv betrachtet, war dies ein Entgegen kommen der Landesregierung an das kommunale Konsortium, um damit die Aufteilung der LEG-Wohnungsbestände in die unterschiedlichen kommunalen Gesellschaften zu ermöglichen. Mit dem Rückzug des Konsortiums hat sich diese positive Variante jedoch erledigt.

Bei einem Verkauf an einem privaten Investor besteht diese Möglichkeit nun weiter. Allerdings mit dem bedeutenden Unterschied, dass ein Weiterverkauf kompletter Wohnungsbestände nunmehr mit einem Preisaufschlag für die kommunalen Unternehmen in den jeweiligen Städten verbunden sein wird. Letztlich werden die Mieterinnen und Mieter diesen vermeidbaren Verkaufsumweg mit höheren Mieten zahlen müssen. Wenn kommunale Wohnungsbaugesellschaften nur über den Umweg eines privaten Erwerbers LEG-Wohnungen in ihrer Stadt erwerben können, dürfte dies mit erheblichen Aufschlägen für diese Bestände verbunden sein ­ der private Erwerber gewinnt, Landeshaushalt und die Kassen der Kommunen und ihrer Wohnungsbaugesellschaften verlieren.

Nach einem Stopp des laufenden Verfahrens für den LEG-Verkauf ist die Landesregierung daher aufgefordert, Teilveräußerungen zu ermöglichen und in direkten Verhandlungen mit dem kommunalen Konsortium eine Übernahme der Wohnungsbestände zu verhandeln. Dabei ist davon auszugehen, dass ein Verkauf des LEG-Bestandes an kommunale Unternehmen gemessen an der Gesamtlage auch eine günstigere Ausgangslage für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im LEG-Konzernverbund schaffen würde als ein Verkauf an einen Finanzinvestor, der eine Ausrichtung des Unternehmens mittelfristig allein unter dem Gesichtspunkt der Eigenkapitalverzinsung und Gewinnmaximierung vornehmen würde

III. Der Landtag beschließt:

1. Die Landesregierung wird aufgefordert, vor dem Hintergrund der Situation der Finanzmärkte und der Immobilienkrise, die in der Ausschreibung zum LEG-Verkauf enthaltene Klausel zu nutzen und das Verfahren zum Komplettverkauf der LEG-Wohnungsbestände sofort zu beenden.

2. Die Landesregierung wird aufgefordert zu prüfen, in welchem Umfang Teilverkäufe der LEG-Wohnungsbestände in den jeweiligen kommunalen Grenzen der Gebietskörperschaften an kommunale Wohnungsgesellschaften Nachfrage finden und zu welchen Rahmenbedingungen eine Übernahme umsetzbar ist. Über die Ergebnisse ist dem Landtag zu berichten.