Finanzielle Situation der Krankenhäuser verbessern - Krankenhausfinanzierung neu ausrichten

Die finanzielle Situation ist für die Krankenhäuser seit Jahren angespannt. Während einerseits durch die Budgetierung die Einnahmen der Krankenhäuser gedeckelt werden, gehen andererseits die Ausgaben aufgrund von gestiegenen Energiepreisen, einer Mehrwertsteuererhöhung, der Pauschalkürzung um 0,5% im Rahmen der letzten Gesundheitsreform sowie mehrerer Tarifsteigerungen kontinuierlich nach oben.

I. 1. Das Gesundheitswesen befindet sich inmitten eines tief greifenden strukturellen Wandels.

Die Anforderungen an den Krankenhausbereich sind dabei besonders komplex. Medizinischer Fortschritt, der Wandel in der Bevölkerungsstruktur und veränderte gesundheitspolitische Rahmenbedingungen, darunter die Gesundheitsreformen 2004 und 2007, neue EURegelungen sowie neue Tarifabschlüsse stellen unausweichliche Herausforderungen dar. So ist insbesondere die seit 2004 verpflichtende Einführung eines neuen Vergütungssystems im Rahmen von Fallpauschalen mit einer Vielzahl von Folgen für die Krankenhäuser verbunden.

Im Zentrum stehen dabei der verschärfte Wettbewerb der Krankenhäuser untereinander und die Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeitsreserven zu mobilisieren. Spürbar wird dies nicht zuletzt beim Abbau von Krankenhausbetten und der Schließung von Krankenhäusern. Neben der Schaffung von effizienteren Ablaufstrukturen und neuen Betriebsformen ist dies auch mit dem Abbau von Personal und dem Outsourcing bestimmter Bereiche verbunden.

Die Einführung der DRGs hat zudem auch zu deutlich verkürzten Liegezeiten geführt. Kürzere Liegezeiten bedeuten für das Personal intensive Pflege, der stattfindende Personalabbau steht jedoch diesen gestiegenen Anforderungen entgegen.

II. 1. Jedes Krankenhaus verhandelt jährlich mit den Krankenkassen über ein individuelles flexibles Jahresbudget. Hierfür galt vor der Reform der Krankenhausfinanzierung per Einführung von Fallpauschalen das Kostendeckungsprinzip, d.h. die laufenden Betriebs- und Personalkosten wurden weitestgehend von den Krankenkassen übernommen.

Mit dem Fallpauschalengesetz ist das Kostendeckungsprinzip in mehreren Stufen durch das Leistungsprinzip abgelöst worden (Konvergenzphase seit 2005). In der laufenden Konvergenzphase errechnet sich ein Krankenhausbudget aus dem sogenannten Erlösbudget, das sich aus den abrechenbaren DRGs und Fallpauschalen ergibt, sowie der Erlössumme, die aus den krankenhausindividuellen Entgelten errechnet wird. Weitere Erlöskomponenten (Zusatzentgelte, sonstige Entgelte, Zu- und Abschläge, tagesgleiche Entgelte oberhalb der Grenzverweildauer) sind gesetzlich verankert. Seit 2005 wird das DRG-Erlösbudget der Krankenhäuser dabei schrittweise an den landesweiten Basisfallwert angeglichen. Das DRGErlösbudget wird um die anderen Erlöskomponenten ergänzt und ergibt damit das Gesamtbudget des Krankenhauses

Das deutsche Gesundheitswesen ist damit seit den 1990er Jahren durch Budgetierung geprägt. Dadurch wird gesetzlich festgelegt, dass pro Kalenderjahr in einem bestimmten Ausgabenbereich (z.B. Krankenhaus) für alle Versicherten der GKV nur eine Geldmenge ausgegeben werden darf, die derjenigen des Vorjahres entspricht und um den Prozentsatz der Grundlohnsummensteigerung angepasst wird. Die GKV-Ausgaben für den Krankenhausbereich betrugen 2005 ca. 49 Mrd. Euro und 2006 ca. 50 Mrd. Euro (BMG 2007) und stellen damit den größten Posten bei den Gesundheitsausgaben dar. Das Ziel bei der Einführung der Budgetierung 1993 in Deutschland war, steigende Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) zu begrenzen.

2. Die Vergütung der Krankenhäuser erfolgt seit 2004 verpflichtend im Rahmen des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG). Auf Grund der Mittelknappheit hat der Gesetzgeber zahlreiche Bemühungen unternommen, um die Finanzierung der Krankenhäuser und eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Nach §17b KHG wurde die Einführung eines durchgängigen, leistungsorientierten und pauschalierenden Vergütungssystems nach dem „Top-down-Prinzip" beschlossen.

Krankenhausleistungen werden daher im Wesentlichen über fallpauschalierte Entgelte - Diagnosis Related Groups (DRG) vergütet. Bei den DRGs geht es darum, Patientinnen und Patienten auf der Grundlage von medizinischen Sachverhalten und den damit verbundenen Kostenstrukturen in aufwandsähnlichen Gruppen zu klassifizieren.

3. Die von der Bundesregierung beschlossene Kürzung beim Krankenhausbudget ist völlig willkürlich erfolgt und hat in erheblichem Maße dazu beigetragen, dass sich die Situation für die Krankenhäuser verschärft hat. Der Sanierungsbeitrag (0,5 Prozent) für die Krankenkassen belastet die Krankenhäuser in Deutschland mit monatlich 20 Mio. Euro, insgesamt wurden den Krankenhäusern mit der Sanierungsabgabe bisher rund 300 Mio. Euro entzogen.

III. 1. Seitens der kommunalen Spitzenverbände und der Krankenhausgesellschaft wird auf die massiven Finanzprobleme der Krankenhäuser in NRW hingewiesen. Gerade auch nach den berechtigten Tarifabschlüssen für Ärztinnen und Ärzte an den Kliniken ist es notwendig, den Krankenhäusern die Möglichkeit zu geben, sich entsprechend zu refinanzieren. Ohne eine Neujustierung der Krankenhausfinanzierung droht eine Qualitätsverschlechterung bei der gesundheitlichen Versorgung.

Durch die Tarifabschlüsse der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) mit den Gewerkschaften Ver.di und Marburger Bund entstehen für die 83 kommunalen Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen in 2008 und 2009 rund 200 Millionen Euro Personalkosten zusätzlich. Die Krankenhausträger weisen darauf hin, dass ein Personalkostenzuwachs von acht Prozent mit der gesetzlichen Deckelung der Vergütung und der fortbestehenden Kürzung jeder Krankenhausrechnung über das Krankenhaussonderopfer "Sanierungsbeitrag" um 0,5 Prozent nicht annähernd zu finanzieren ist. Festzuhalten bleibt aber auch, dass die Tarifabschlüsse für die Beschäftigten in den Krankenhäusern notwendig und überfällig waren.

2. Zu befürchten ist, dass es zu einem weiteren Personalabbau kommen wird, wenn sich die Einnahmesituation der Krankenhäuser nicht verbessert. Bereits heute werden die jährlich rund vier Millionen PatientInnen und Patienten in NRW in immer kürzerer Zeit von immer weniger Personal in den Krankenhäusern versorgt. Insbesondere bei der Pflege im Krankenhaus wurden in den letzten Jahren Stellen gestrichen. Die Klagen der Patientinnen und Patienten über gestresstes Personal und zu wenig persönliche Zuwendung werden sich verschärfen.

3. Für viele Krankenhäuser stellt sich die Existenzfrage. Nach aktuellen Ergebnissen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung schreibt bundesweit ein Drittel der Krankenhäuser bereits rote Zahlen und ist Insolvenz gefährdet. Die seit 1993 existierende strukturelle Unterfinanzierung durch die Budgetdeckelung erfährt in diesem Jahr eine dramatische Zuspitzung. Krankenhausträger gehen davon aus, dass es spätestens zum 1. Januar 2009 zu einer Aufhebung des Budgetdeckels und einer Abkehr von der Grundlohnsummenorientierung kommen muss. Die Krankenhäuser brauchen dringend verlässliche Rahmenbedingungen.

IV. Der Landtag stellt fest:

· Um die derzeitige Finanzkrise der Krankenhäuser aufzufangen, ist die Rücknahme der Pauschalkürzung bei den Krankenhäusern um 0,5% unabdingbar. Hierdurch kann die Finanzsituation der Krankenhäuser bereits für 2008 verbessert werden.

· Es ist erforderlich, die gedeckelten Budgets zu erweitern und an die wirtschaftliche Entwicklung zu koppeln. Denkbare Bezugsrahmen sind hier etwa das Bruttoinlandsprodukt oder die tarifliche Entwicklung.

· Die tarifgebundenen Personalkostensteigerungen in den Krankenhäusern müssen im Landesbasisfallwert besser abgebildet werden als bisher.

· Grundsätzlich bedarf es einer flexibleren und dynamischeren Bezugsgröße für die Veränderungsrate des Krankenhausbudgets als Grundlohnsumme. Um die Gesamtentwicklung besser nachzuvollziehen, ist eine Anbindung an einen Mix aus dem Preisindex und den Lohnkostensteigerungen im öffentlichen Dienst sinnvoll.

V. Die Landesregierung wird aufgefordert: sich gegenüber der Bundesregierung und im Bundesrat dafür einzusetzen, dass

1. die gesetzlich vorgeschriebene Etatbegrenzung der Krankenhäuser gelockert und das Krankenhausbudgets um 50% der Tarifsteigerungen angehoben werden;

2. die Pauschalkürzung bei den Krankenhäusern um 0,5% zurückgenommen wird;

3. die finanziellen Grundlagen für die Krankenhäuser neu geregelt wird, bei dem u.a. das Krankenhausbudgets erweitert, eine Entkoppelung von der Grundlohnsummensteigerung vorgenommen und eine Refinanzierung von tariflichen und gesetzlichen Kostensteigerungen ermöglicht wird, die tarifgebundenen Personalkostensteigerungen in den Krankenhäusern im Landesbasisfallwert besser abgebildet werden als bisher.

Sylvia Löhrmann Johannes Remmel Barbara Steffens Horst Becker Andrea Asch Ruth Seidl Sigrid Beer Monika Düker Ewald Groth Oliver Keymis Rainer Priggen und Fraktion