Digital-Audio-Broadcasting (DAB)

Seit Ende Dezember 2000 ist mit In-Kraft-Treten des Hessischen Privatrundfunkgesetzes (HPRG) die Umsetzung von DAB in den Regelbetrieb als Ersatz für den UKWRundfunk eingeleitet worden. Das Lizenzierungsverfahren und der Ausbau der dafür notwendigen technischen Infrastruktur werden derzeit von der Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR) in Kassel vorangetrieben. Dennoch sind die Prognosen für DAB von Medienfachleuten immer wieder, auch in jüngster Zeit, als schlecht bewertet worden. Auch der langjährige in Hessen durchgeführte DAB-Pilotversuch endete nicht gerade viel versprechend.

Diese Vorbemerkung der Fragestellerin vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage auf der Grundlage von Stellungnahmen des Hessischen Rundfunks, der Hessischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und des Deutschlandradios wie folgt:

Frage 1. Wie stellt sich für die Landesregierung die aktuelle Situation für DAB in Hessen dar hinsichtlich:

a) der Nutzung am Markt?

DAB wird in Deutschland bisher nicht flächendeckend verbreitet. So haben etwa die Länder Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern jüngst ein Moratorium hinsichtlich der Errichtung eines flächendeckenden Sendernetzes - spätestens bis zum Ende des Jahres 2003 beschlossen.

Jenseits der technischen Empfangbarkeit ist festzustellen, dass die DABTechnologie bei den Verbrauchern einstweilen auf nur geringes Interesse stößt und sich die "Nutzung von DAB" deshalb sehr bescheiden ausnimmt.

Probleme bereitet hier insbesondere, dass bisher kaum kostengünstige, nutzerfreundliche DAB-Geräte oder Zwei-Normen-Empfangsgeräte (UKW- und DAB-Empfang in einem Gerät) auf dem Markt sind.

b) der Mehrwerte des neuen Dienstes?

Der "Mehrwert" von DAB wird bisher üblicherweise in der deutlich verbesserten Klangqualität des Hörfunksignals, der Übertragbarkeit einer Vielzahl multimedialer Datendienste (z.B. Nachrichten, Verkehrsleitung, Parkleitsysteme, Tourismushinweise etc.) und der Verknüpfbarkeit des Hörfunks mit digitalen Multimediaplattformen gesehen.

Die Option, mittels DAB multimediale Daten- und Zusatzdienste verbreiten zu können, verliert indessen mit zunehmendem Zeitablauf an Attraktivität, da solche Zusatzdienste auch über internettaugliche Web-Handys, über RDS und auf anderem technischem Wege übertragen und abgerufen werden können. DAB hat hier einen vor wenigen Jahren noch bedeutsamen Entwicklungsvorsprung zwischenzeitlich weitgehend eingebüßt.

c) der Aufnahme des Regelbetriebs?

In der überwiegenden Mehrzahl der Länder wurde DAB inzwischen in den Regelbetrieb überführt. Auch in Hessen wurde Anfang des Jahres 2001 mit dem Einschalten eines DAB-Senders auf dem Großen Feldberg im Band III (Kanal 12) und der Aufschaltung des Deutschlandradios formal der Regelbetrieb aufgenommen.

d) des Netzaufbaus?

Die Hessische DAB-Senderbetriebsgesellschaft, die Hessen Digital Radio GmbH, hat das DAB-Sendernetz aus dem Pilotversuch, der in den Neunzigerjahren im L-Band durchgeführt wurde, übernommen.

Sie ist dabei, das DAB-Sendernetz im Band III weiter auszubauen. Geplant ist, im Band III bis Ende des Jahres 2001 60 bis 70 v.H. der Fläche des Landes zu versorgen. Der Endausbau von DAB im Band III soll bis 2004 realisiert sein.

e) der Versorgungsqualität, insbesondere beim Inhouse-Empfang?

Die Entwicklung von DAB fokussierte sich zu Anfang sehr deutlich auf den mobilen Empfang im Auto. Der Inhouse-Empfang spielte bei der Versorgung demgegenüber zunächst eine eher untergeordnete Rolle.

Da in Hessen im Kanal 12 bisher nur ein Einzelsender auf dem Großen Feldberg betrieben wird und somit einstweilen ein "Netzzugewinn" durch weitere Sender des Gleichwellennetzes fehlt, treten derzeit noch deutliche Mängel in der Inhouse-Versorgung auf. Nach Einschätzung der LPR Hessen und des Deutschlandradios ist jedoch davon auszugehen, dass im Zuge des Ausbaus des DAB-Sendernetzes und der Errichtung gegebenenfalls erforderlicher weiterer Füllsender in Bevölkerungszentren mittelfristig ein einwandfreier Inhouse-Empfang ermöglicht werden kann.

f) der Zahl der Endgeräte sowohl im Auto als auch als "Portables"?

Die Entwicklung und der Verkauf der Endgeräte gingen bisher äußert schleppend voran und blieben weit hinter den ursprünglichen Erwartungen der Senderbetreiber zurück. Einem Zeitschriftenbeitrag der Funkkorrespondenz 17/2001 zufolge sind im Jahr 2000 bundesweit nur 1.000 DABEmpfänger abgesetzt worden. Für die DAB-Pilotprojekte sollen insgesamt nur etwa 8.000 Empfangsgeräte zur Verfügung gestanden haben.

Bei den derzeit angebotenen Endgeräten handelt es sich fast ausschließlich um Autoradios in Preiskategorien ab 1.000 DM. Zur Internationalen Funkausstellung in Berlin 2001 hat die Industrie allerdings angekündigt, über 100 neue DAB-Endgeräte - darunter auch solche in niedrigeren Preiskategorien anzubieten.

Portable Empfänger sind im Handel bisher offenbar nicht erhältlich. Hintergrund hierfür ist, dass die Marketing-Strategie der Geräte herstellenden Firmen bisher darauf ausgerichtet war, den Markt über das Autoradio zu erschließen. Seitens der Industrie wurden hier zwischenzeitlich allerdings neue Entwicklungen angekündigt.

g) der Programmvielfalt und Programminnovation?

Mit Deutschlandfunk und Deutschlandradio Berlin werden zwei öffentlichrechtliche Programme über DAB angeboten, die bislang in Hessen nicht flächendeckend zu empfangen waren.

Der Hessische Rundfunk wird bis auf weiteres keines seiner digitalen Programme über DAB verbreiten.

Die LPR hat am 18. Juni 2000 die Rangfolge der privaten Programmveranstalter für den DAB-Regelbetrieb in Hessen festgelegt. Landesweit werden im Kanal 12 künftig Hitradio FFH, das Wirtschaftsradio der FAZ, der Jugendsender planet radio und der Oldie-Sender RTL Radio digital verbreitet werden. Hinzu kommen - nach Regionen unterschiedlich - weitere Übertragungskapazitäten für jeweils sechs Programme für die Nutzung durch private Hörfunkveranstalter.

Zu dem Stichwort "Programminnovation" ist festzuhalten, dass verschiedene Hörfunkanbieter im Rahmen der DAB-Pilotprojekte neue, bislang nicht über

UKW verbreitete Hörfunkprogramme als Innovation bereitgestellt haben.

Diese Programme vermochten im Ergebnis bisher allerdings nicht zu einer spürbaren Belebung der Nachfrage nach DAB beizutragen.

h) der Marktstrategie?

Die Initiative Marketing Digitalradio (IMDR), ein Zusammenschluss von Netzbetreibern, Hörfunkveranstaltern und Geräteherstellern unter Federführung der Deutschen Telekom AG, hat im Mai dieses Jahres eine Marketingkampagne gestartet, die das Digitalradio verstärkt in das Blickfeld der Öffentlichkeit rücken soll. Insbesondere die diesjährige Funkausstellung in Berlin soll genutzt werden, um mit einer Vielzahl neuer, kostengünstigerer Endgeräte das bisher eher magere Verbraucherinteresse zu intensivieren und die Attraktivität des Digitalradios zu steigern.

Ob es gelingt, DAB nach der diesjährigen Funkausstellung den erhofften "Schub" zu verleihen, bleibt abzuwarten.

Rückschauend erscheint - bezogen auf die Marktstrategie - eher zweifelhaft, ob es sinnvoll war, DAB gerade über den mobilen Empfang im Auto publikumsattraktiv machen zu wollen. Die unbestritten hochwertige DABTonqualität lässt sich angesichts der Fahrgeräusche im Auto nicht in vollem Maße zur Geltung bringen. Auch sind Mehrwertdienste, mögen sie noch so informativ und ansprechend gestaltet sein, während der Autofahrt jedenfalls kaum zu nutzen, ohne Beeinträchtigungen der Konzentration und damit Verkehrsgefährdungen zu vermeiden.

i) der Preisgestaltung?

Hinsichtlich der Endgeräte-Kosten sei auf die Ausführungen zu f) "Endgeräte" verwiesen.

Die Preisgestaltung für den Sendernetzbetrieb ist Aufgabe der Hessen Digital Radio GmbH. Ihre Preisgestaltung richtet sich nach der versorgten Fläche und Bevölkerungszahl und entspricht nach Einschätzung des Deutschlandradios der Preisgestaltung in anderen Ländern.

Der Hessische Rundfunk vertritt hierzu die Auffassung, dass die von der Hessen Digital Radio GmbH geforderten Entgelte nicht marktfähig seien.

Ausstrahlungskosten von 1,5 Mio. DM je Programm und Jahr bei einer Mindestvertragslaufzeit von vier Jahren seien angesichts der verschwindend geringen Zahl von DAB-Radios in Hessen wirtschaftlich nicht zu verantworten.

j) der Refinanzierungsmöglichkeiten der Anbieter?

Die LPR Hessen weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass in den nächsten drei Jahren angesichts des noch nicht flächendeckenden Ausbaus des Sendernetzes eine Refinanzierung der über DAB abgestrahlten Hörfunkprogramme und Datendienste nicht möglich sein wird. Sie fördert deshalb für einen Zeitraum von maximal drei Jahren im Rahmen der Infrastrukturförderung die Verbreitung privater Hörfunkprogramme über DAB.

Frage 2. Sieht die Landesregierung zu Beginn der Einführung des Regelbetriebs bei einer objektiven Bewertung Mängel und Defizite?

Die DAB-Technologie wird sich voraussichtlich nur dann als Hörfunktechnologie durchsetzen, wenn es gelingt, gut handhabbare, preisgünstige Endgeräte mit attraktiven technischen Zusatzfunktionen auf den Markt zu bringen, wenn die DAB-Netze bundesweit ausgebaut werden, wenn mittelfristig weitere Übertragungskapazitäten bereitgestellt werden können und ein attraktives Programmangebot zur Verfügung steht. In all diesen Bereichen zeichnen sich einstweilen noch Defizite ab.

Auf die Feststellungen der von Bund und Ländern getragenen Initiative Digitaler Rundfunk, die mit dem Startszenario 2000 im Herbst letzten Jahres einen Sachstandsbericht mit Empfehlungen vorgelegt hat, sei ergänzend verwiesen.

Frage 3. Sollte die Markteinführung von DAB auf der jetzigen wirtschaftlichen, strukturellen und technologischen Grundlage weiter forciert werden?

Das im Jahr 2000 novellierte Privatrundfunkgesetz stellt mit seinen Regelungen in § 3 Abs. 9 HPRG sowie § 57 Abs. 2 und Abs.