Kein Durchbau der L 361n durch die Erftaue in Grevenbroich ­ die Menschen erwarten Schutz und Verlässlichkeit bei staatlichen Planungen

Die L 361n in Grevenbroich wurde Mitte der 80er Jahre planfestgestellt. Dabei wurde das Teilstück durch die Erftaue sowohl aufgrund von Einwendungen der Bürger, als auch von Umweltverbänden aus der Planung genommen. Außerdem kam das OVG Münster zu dem Schluss, dass bei einer Fertigstellung des 1. Teilstücks nicht zwangsläufig auch das Teilstück durch die Erftaue gebaut werden muss. Dabei wurden realistische Alternativen genannt. Die vom damaligen Rheinischen Straßenbauamt Mönchengladbach 1988 im Auftrag gegebene Umweltverträglichkeitsstudie kam zu dem Schluss, dass die Eingriffe einer möglichen Trasse durch die Erftaue nicht auszugleichen sind.

Der Landesbetrieb Straßen NRW in Köln untersuchte 1997 die L 361n durch die Erftaue und die L 361n „Westumgehung". Dabei stellte er fest, dass keine konfliktfreien Flächen im Bereich der Erftaue zu finden waren. Der Landesbetrieb in Köln schlug deshalb die L 361n „Westumgehung" vor, weil deren Umweltbelastungen ein durchschnittliches Maß nicht übersteigen. Die L 361n Westumgehung befand sich im vorherigen Landesstraßenbedarfs- und Ausbauplan. Im Gebietsentwicklungsplan ist die L 361n durch die Erftaue nur deshalb verblieben, weil der Landesstraßenbedarfplan mit der L 361n „Westumgehung" nicht fortgeschrieben wurde und die alte Trasse durch die Erftaue immer noch im alten Gebietsentwicklungsplan vorhanden war.

Die Stadt Grevenbroich wollte aber immer beide Straßen, die L 361n durch die Erftaue und die L 361n „Westumgehung". Eine Gesetzesänderung ermöglichte der Stadt Grevenbroich, Ortsumgehungen über Flächennutzungspläne zu planen. Daher beschloss der Rat der Stadt Grevenbroich die Aufstellung des Flächennutzungsplans „Ortsumgehung der L 361n durch die Erftaue". Die Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit beschränkten sich im Wesentlichen auf den Bereich der Erftaue. Das Landesbüro der Naturschutzverbände NRW sah hier einen schwerwiegenden Abwägungsfehler. Auch das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen sprach sich eindeutig gegen diese Planung aus. Zahlreiche Einwendungen aus der Bevölkerung wurden eingebracht. Sie blieben im Rahmen dieser Planung unberücksichtigt. Trotz erheblichen Wi derstandes in der Bevölkerung hat die Bezirksregierung Düsseldorf und das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW diese Flächennutzungsplanänderung in die Landesplanung übernommen. Die Flächennutzungsplanänderung war Gegenstand der Bedarfsprüfung im Rahmen der integrierten Gesamtverkehrsplanung NRW. Diese führte zu folgendem Ergebnis: Kosten:

Als Gesamtkosten wurden in einer Grobschätzung durch den Landesbetrieb Strassen NRW in Mönchengladbach 7.880.000,- EUR ermittelt. Als Untergrundbaukosten wurden 1.595.000,- EUR geschätzt. Für Brücken, Stützwände und sonstige Bauwerke setzte man Kosten von 2.414.000,- EUR an. Die Hälfte der Trasse muss in Dammlage oder auf Stelzen von nicht geringer Höhe geführt werden, um dem topographischen Höhenausgleich gerecht zu werden. Eine auf Ständern gebaute Brücke soll die Erft im Überschwemmungsgebiet überqueren. Es sind mindestens drei Brücken wegen der Durchgängigkeit der Trasse notwendig. Außerdem sind drei Gräben zu überqueren. Es ist also davon auszugehen, dass die Kosten wesentlich höher ausfallen werden.

Umwelt:

Die Eingriffe in die Natur wurden bei der integrierten Verkehrsprüfung negativ bewertet. Die Umweltbelastungen durch die geplante Trasse sind extrem hoch. Die Trasse durchschneidet ein ehemaliges FFH-Vorschlagsgebiet und in unmittelbarer Nähe befindet sich ein Naturschutzgebiet. Die Brücke über die Erft durchquert das ausgewiesene Überschwemmungsgebiet der Erft. Die Erft befindet sich im Gewässerauenprogramm des Landes NRW. Die Dammlage der Trasse vermeidet den Luftaustausch in der Erftaue. Die Schadstoffe reichern sich an. Der Lärm verteilt sich in der Umgebung. Unfallgefahr durch Nebel wird häufig bestehen. Hinweise auf gesetzlich geschützte Arten (Kammmolch) sind bekannt. In den vorangegangenen Untersuchungen war kein Ausgleich herzustellen. Bei der IGVP Vorhabensbewertung wurde ein negativer Nutzwertpunkt „Umwelt" von ­ 239 ermittelt.

Verkehr:

Bei der IGVP-Untersuchung der Erftquerung ging man von einer Belastung der bisher unbelasteten Wohnbereiche entlang der Trasse von 13.400 DTV (Kfz) und einer größten Entlastung im Teilnetz von - 5.200 aus. Die L 361n ist als Entlastung der Ortsdurchfahrten geplant.

Diese ermittelte Entlastung findet aber auf der Westumgehung („Auf den Hundert Morgen") statt und weniger in den Ortschaften. Somit zeigte sich, dass die Westumgehung die Funktion einer Ortsumgehung im gleichen Maße erfüllt. Die Vorhabensbewertung der IGVP hat trotzdem einen positiven Nutzwertpunkt „Gesellschaft" von 223 errechnet.

Wirtschaft:

Die Notwendigkeit der L 361n als überregionaler Straßenzug wurde in der Vergangenheit immer mit der Verbindung zum Mönchengladbacher Verkehrslandeplatz begründet. Dieser VLP MG wird nicht weiter ausgebaut und daher in Zukunft sicher eine untergeordnete wirtschaftliche Rolle spielen. Stattdessen wird eine Verkehrsverlagerung von der A46/A540 auf die L 361n erfolgen. Diese Einschätzung teilte auch die Stadt Grevenbroich in einem Schreiben vom 24.09.1993 der Bezirksregierung mit, als es um die Zurückstufung der L 361n im Landesstraßenbedarfsplan ging. Dort hieß es u. a. wörtlich: „Schließlich würde sich der Verkehr auf der A46/A540 teilweise auf die L 361n verlagern." ­ Trotz dieser Gegebenheiten hat die Vorhabensbewertung der IGVP einen positiven Nutzwert „Wirtschaft" von 258 für die Erftauenquerung ermittelt.

Anzumerken ist, dass der Stadtverwaltung Grevenbroich Anträge der CDU- und FDP-Fraktionen vorliegen, die sich gegen das hohe LKW-Aufkommen auf der L 116 wegen fehlender Mautpflichtigkeit wenden. Der Rhein-Kreis Neuss und die Stadt Grevenbroich verein barten, die Realisierung der Umgehung K 10n Grevenbroich-Noithausen auf das Jahr 2013 zu verschieben, ansonsten befürchte man eine Verzögerung der Planung der L 361n. Es zeigt sich, dass sowohl die Planungen für die L 361n „Westumgehung" („Auf den Hundert Morgen"), als auch für die K 10n bei der Landesplanung unberücksichtigt bleiben sollen.

Nach der Durchführung der IGVP und der Aufnahme der L 361n Ost (Erftaue) in den Landesstraßenbedarfsplan wurde der Landesbetrieb Straßen NRW Mönchengladbach mit der Vorprüfung für ein Planfeststellungsverfahren beauftragt. Es wurden Untersuchungen für einen landschaftspflegerischen Begleitplan durchgeführt. Dabei wurden erhebliche Bedenken von den Naturschützverbänden vorgebracht. Ein Gutachten zur Avi- und Amphibienfauna wurde erstellt, das den notwendigen Schutz des betroffenen Gebiets dokumentiert. Die Trasse wurde letztendlich bereits in den 80er Jahren nicht ohne Grund aus dem damaligen Planfeststellungsverfahren genommen. Außerdem hat auch die Denkmalbehörde Bedenken geäußert.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die rechtliche Gültigkeit der unterschiedlichen Gutachten unter der Maßgabe, dass sich seit dem ersten, den Straßenbau ablehnenden Gutachten in der Erftaue keine gravierenden Änderungen vollzogen haben?

2. Wie wurden im Rahmen der IGVP die Nutzwertpunkte „Umwelt", „Verkehr", „Wirtschaft" für die L 361n im Detail ermittelt?

3. Welche Fakten sprechen aus der Sicht der Landesregierung gegen den sofortigen Ausbau der L 361n „Westumgehung", um irreparable Eingriffe in die geschützte Erftaue zu vermeiden?

4. Haben die Bürgerinnen und Bürger, die wegen der in der Vergangenheit von der Stadt Grevenbroich erteilten Baugenehmigungen im ehemals vorgesehenen Trassenbereich der Erftaue darauf vertrauten, dass dort diese Trasse nicht mehr realisiert wird, nach Meinung der Landesregierung kein Recht auf staatliche Verlässlichkeit?

5. Welche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die gesetzlich geschützten Arten, z. B. Kammolch, entsprechend der FFH-Richtlinie, sind im Einzelnen im Verlauf der geplanten L 361n durch die Erftaue vorgesehen?