Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen für das Land Nordrhein-Westfalen (2. AFWoG NRW)

A Problem:

Das Zweite Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen in Nordrhein-Westfalen sieht die Erhebung einer Ausgleichabgabe vor. Die Ausgleichsabgabe hat die Funktion, Subventionen bei Mietern von Sozialwohnungen zurückzufordern, die aufgrund zwischenzeitlich erfolgter Einkommenssteigerungen einer solchen Sozialwohnung nicht mehr bedürfen.

Dies ist Ausdruck sozialer Gerechtigkeit, denn die Nachfrage nach preisgünstigem Wohnraum von Anspruchsberechtigten ist groß - vor allem, da sich die Zahl der zur Verfügung stehenden Sozialwohnungen kontinuierlich verringert. Besserverdienende, nicht mehr wohnberechtigte Haushalte zahlen mit der Ausgleichsabgabe eine an ihrer Leistungsfähigkeit orientierte, entsprechend höhere Miete als die mit Steuermitteln subventionierten Kostenmieten.

Nordrhein-Westfalen hat diese Einnahmen bisher zweckgebunden für eine aktive Wohnungspolitik besonders für sozial schwächere Mieterinnen und Mieter verwendet, denn das Aufkommen der Ausgleichszahlungen wird laufend zur Förderung des Neubaus von Sozialwohnungen, zu Schaffung von Sozialwohnungen durch Um- und Ausbau sowie zur Modernisierung von Sozialwohnungen eingesetzt.

In Nordrhein-Westfalen wird die Ausgleichszahlung heute in 373 von 396 Gemeinden als Subventionsabschöpfungsabgabe erhoben. Betroffen sind die Gemeinden, in denen erhebliche Mietpreisunterschiede zwischen den Kostenmieten der Sozialwohnungen und den Mieten der vergleichbaren freifinanzierten Wohnungen bestehen.

Im geltenden Fehlbelegungsrecht ist ausdrücklich vorgesehen, dass Miet- und Ausgleichszahlung zusammen den Betrag nicht überschreiten, der als ortsübliche Vergleichsmiete für eine der geförderten Wohnung entsprechende frei finanzierte Wohnung aufzubringen wäre.

Seit vielen Jahren haben die Kommunen die Möglichkeit, auf die Erhebung der Ausgleichszahlung bei einzelnen Wohnungen, Wohngebäuden oder Wirtschafteinheiten ganz oder teilweise zu verzichten,

- um eine breite soziale Mischung der Mieterschaft, insbesondere in hoch verdichteten Großsiedlungsbeständen, zu sichern oder

- wenn Akzeptanzprobleme der Sozialwohnungen (z.B. bei Wohnungen in schlechtem baulichen Zustand oder solchen, die schädlichen Umwelteinflüssen ausgesetzt sind) zusammen mit der Erhebung der Ausgleichszahlung zu Vermietungsschwierigkeiten führen.

Ein großflächiger Verzicht auf die Ausgleichszahlung (z.B. für alle Wohnungen einer Straße, eine Siedlung, ein Wohngebiet oder alle Wohnungen einer bestimmten Wohnungsgesellschaft) ist bisher nur möglich, wenn diese Voraussetzungen bei jeder der fraglichen Wohnungen / Wirtschaftseinheiten angetroffen werden. Bisher war es daher nicht möglich, ganze Straßenzüge oder gar Stadtteile ungeprüft von der Ausgleichsabgabe auszunehmen.

II. Das Zweite Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. März 2004 führt zu folgenden vom Gesetzgeber nicht intendierten Wirkungen:

- Zwar haben Untersuchungen zu Umzugsmotiven gezeigt, dass - entgegen gern gestreuter Vorurteile - die Ausgleichsabgabe kein relevanter Kündigungsgrund ist. Die Behauptung, die Ausgleichszahlung vertreibe die besser verdienenden Haushalte, ist empirisch daher nicht zu belegen. Die Fluktuation der Mieter in „fehlbelegten" Wohnungen ist vielmehr nach Erhebungen der Wohnungsbauförderungsanstalt NRW geringer als im Gesamtbestand der öffentlich geförderten Wohnungen und Leerstände sind überall dort zu verzeichnen, wo sich die Wohnungen oder das Umfeld in einem schlechten Zustand befinden.

Dennoch ist insbesondere in den hoch verdichteten Großsiedlungsbeständen eine soziale Segregation und Konzentration auf Personen in besonderen Problemlagen festzustellen. Diese einseitige Belegungsstruktur des Sozialwohnungsbestandes führt zu vielfältigen Folgeproblemen, so dass sozial- und wohnungspolitisch aber auch wohnungswirtschaftlich es erforderlich ist, Maßnahmen zu ergreifen, um sozial stabile Bewohnerstrukturen zu schaffen, zu erhalten und zu stärken.

- Die Erhöhung der Nominaleinkommen in den letzten Jahren war für viele Mieterinnen und Mieter von Sozialwohnungen nicht mit einer Zunahme des real verfügbaren Einkommens verbunden. Dies führte aber aufgrund des niedrigen Eingangsschwellenwertes von 20% oberhalb der Zugangsberechtigung zum sozialen Wohnungsbau dazu, dass diese Haushalte in die Ausgleichsabgabe hineingewachsen sind oder von steigenden Zahlungsverpflichtungen betroffen waren.

- Die Kappungsgrenze der Ausgleichsabgabe ist zurzeit der Oberwert des Mietspiegels.

Aufgrund der aktuellen Entspannungstendenzen am Wohnungsmarkt und die damit verbundene Senkung der erreichbaren Mieten im freifinanzierten Wohnungsbau ist diese Kappungsgrenze nicht mehr angemessen. Vielmehr gibt der Mittelwert des örtlichen Mietspiegels die tatsächlich erzielbare ortsübliche Vergleichsmiete in den meisten Fällen zutreffend wieder.

B Lösung:

Die Ausgleichsabgabe hat ihre wichtige Funktion in der Wohnungspolitik bis heute nicht verloren. Sie bedarf aber einer kontinuierlichen Weiterentwicklung.

Der nordrhein-westfälische Landtag fordert daher eine Reform der Ausgleichsabgabe, die die soziale Stabilität in den "schwierigen" Stadtteilen sichert, den Kommunen neue Spielräume zur Verbesserung der Wohnungssituation und der Lebensqualität verschafft,

Bürokratie abbaut und Verwaltungshierarchien abflacht und

Mieter von Sozialwohnungen mit hohen Einkünften weiter an notwendigen wohnpolitischen Anstrengungen beteiligt.

Der nordrhein-westfälische Landtag spricht sich gegen die von der Landesregierung angekündigte Abschaffung der Ausgleichsabgabe aus, denn sie beschneidet die landes- und kommunalpolitischen Handlungsmöglichkeiten am Wohnungsmarkt und das zu einer Zeit, wo der Bedarf an preisgünstigem Wohnraum steigt, nimmt den Kommunen die Chance, differenziert auf soziale Entwicklungen in den Stadtteilen einzuwirken und macht ihnen stattdessen landesseitige Vorgaben, treibt in den kommenden Jahren die Bürokratiekosten in die Höhe (dem gleich bleibenden bzw. zunehmenden Verwaltungsaufwand stehen immer weniger eingenomme Mittel aus der Ausgleichsabgabe gegenüber), erschwert eine sinnvolle kommunale Stadtentwicklungspolitik, die mit der Ausgleichsabgabe über ein interessantes Instrument verfügt, neben Neubaumaßnahmen und dringend notwendigen Modernisierungen von Sozialwohnungsbeständen auch das Wohnumfeld zu verbessern und die Wohnungsgesellschaften daran zu beteiligen.

Das Gesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung für das Land Nordrhein-Westfalen (AFWoG) in Verbindung mit dem Wohnraumförderungsgesetzes des Bundes (WoFG) regelt die Zugangsberechtigung im sozialen Wohnungsbau und zugleich die Rahmenbedingungen zur Abschöpfung von Subventionsvorteilen durch die Ausgleichsabgabe.

Die seit 1983 in Nordrhein-Westfalen erhobene Ausgleichszahlung zum Abbau von Fehlsubventionierungen im Wohnungswesen soll durch das hiermit vorgelegte Gesetz zur Änderung des Zweiten Gesetzes über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen für das Land Nordrhein-Westfalen zum 01.04.2006 mit folgender Zielrichtung novelliert werden:

a) Der Schwellenwert für die Erhebung der Ausgleichsabgabe wird in einem Schritt von derzeit 20 % auf 60 % oberhalb der Zugangsberechtigung zum sozialen Wohnungsbau angehoben, um einer Verengung der Zielgruppe der sozialwohnungsberechtigten Haushalte entgegenzuwirken und die Möglichkeiten zu erweitern, gemischten Belegungsstrukturen zu erreichen. Somit ergibt sich folgende Staffelung.