Sicherung der Beschäftigung von eingeschränkt dienstfähigen Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten in NRW

Nach unseren Informationen liegt ein Entwurf für eine entsprechende Änderung der Polizeidienstverordnung 300 (PDV 300) "Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und Polizeidienstfähigkeit" vor, der sich gegenwärtig in der Anhörung der Innenministerkonferenz befindet. Diskutiert wird ein Wegfall der eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit. Bei einem Wegfall der eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit würde nahezu jede im Laufe des Berufslebens eingetretene dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigung zwingend zu einer Entfernung aus dem Polizeivollzugsdienst führen. Nach unseren Informationen wurden seit Einführung der eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit in NRW zahlreichen Polizeibeamtinnen und -beamten, die in der Einsatz- und Verwendungsfähigkeit eingeschränkt waren, geeignete Funktionen (IT-Bereich Bezirksdienst, Sachbearbeitung) übertragen. Dies diente neben der individuellen Befriedigung, eine Arbeit zu haben, auch einer enormen Entlastung der Versorgungskasse sowie des Landeshaushaltes.

Die Arbeitsgemeinschaft der Hauptschwerbehindertenvertretung Polizei beim Innenministerium, der Schwerbehindertenvertretungen der Landesoberbehörden LKA, LAFP LZPD und der regionalen Arbeitsgemeinschaften der Polizei in den Regierungsbezirken (AGSV Polizei) stellt fest, dass sich bereits jetzt der Umgang mit schwerbehinderten Kollegen und Kolleginnen bei einzelnen Polizeibehörden geändert habe. Es bestünde ein deutlicher Anstieg der Polizeidienstfähigkeitsuntersuchungen zur Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit mit dem Ziel des Laufbahnwechsels oder der vorzeitigen Zurruhesetzung.

Vor dem Hintergrund dieses Schreibens frage ich die Landesregierung:

1. Wie viele Polizeibeamtinnen und -beamten sind in NRW beschäftigt, die "eingeschränkt" dienstfähig sind?

2. Wie viele sind schwerbehindert?

3. Welche Haltung vertritt die Landesregierung bzgl. eines Verzichts auf die Weiterführung der eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit?

4. Wie will die Landesregierung das Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit Behinderungen in der Polizei umsetzen?

Antwort des Innenministers vom 30. Juli 2008 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales:

Vorbemerkung:

Nach § 194 Absatz 1 Landesbeamtengesetz (LBG) ist der Polizeivollzugsbeamte dienstunfähig, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt (Polizeidienstunfähigkeit), es sei denn, die auszuübende Funktion erfordert bei Beamten auf Lebenszeit diese besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt. Insoweit wird in der Verwaltungspraxis der Be-griff der eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit verwendet.

Der Begriff der eingeschränkten Dienstfähigkeit von Polizeivollzugsbeamtinnen und beamten ist dem Gesetz jedoch nicht zu entnehmen.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zur Frage 1:

Nach dem Stand 01.10.2007 sind in der Polizei des Landes NRW 1674 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte beschäftigt, die eingeschränkt polizeidienstfähig sind.

Zur Frage 2:

Aufgrund einer aktuellen Abfrage sind in der Polizei des Landes NRW zurzeit 1032 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte beschäftigt, die einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 vorweisen. 130 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte haben einen GdB von 30 bis unter 50 und sind nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches IX schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

Zur Frage 3:

Bei der Polizeidienstvorschrift 300 (PDV 300) - Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit - handelt es sich um eine bundesweit gültige Verwaltungsvorschrift. Eine mögliche Novellierung dieser Vorschrift, die auch die weitere Verwendung des Begriffs der eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit betrifft, wird demnächst im Unterausschuss Recht und Verwaltung des Arbeitskreises II „Innere Sicherheit" der Innenministerkonferenz behandelt.

Das Ergebnis dieser Befassung bleibt abzuwarten.

Zur Frage 4:

Auf die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung in der Polizei werden, wie in der gesamten Landesverwaltung, die Richtlinien zum SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen im nordrhein-westfälischen Landesdienst - angewandt.

Genügt ein Polizeivollzugsbeamter den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr und ist nicht zu erwarten, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt, liegt gemäß § 194 Absatz 1 LBG eine Polizeidienstunfähigkeit vor. Auf die Rechtsfolge eines Laufbahnwechsels bzw. einer Zurruhesetzung wird jedoch verzichtet, sofern die auszuübende Funktion bei Beamtinnen und Beamten auf Lebenszeit die besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert.

Ist eine entsprechende Funktion nicht gegeben und liegt die allgemeine Dienstfähigkeit vor, eröffnet sich den Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten nach § 194 Absatz 3 LBG bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 28 Absatz 1 und 2 LBG die Möglichkeit des Laufbahnwechsels in ein Amt einer anderen Laufbahn. Soweit die Betroffenen für die neue Laufbahn die Befähigung nicht besitzen, haben sie die ihnen gebotenen Gelegenheiten wahrzunehmen, die ergänzenden Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben.

Durch diese Möglichkeiten wird auch in den Fällen einer behinderungsbedingten Einschränkung die Teilhabe am Arbeitsleben gewährleistet.