Welche Festlegungen der „Sozialcharta" bei Abschluss des Verkaufsverfahrens der LEG-Wohnungen an Whitehall werden konkret in die Mietverträge übernommen?

In verschiedenen Presseveröffentlichungen und in der Plenardebatte zum LEG-Verkauf im Rahmen der Aktuellen Stunde am 18. Juni 2008 wurde von der Landesregierung, namentlich Herrn Minister Wittke, behauptet, dass die „Sozialcharta" in Teilen oder in Gänze nach Abschluss des Verkaufsverfahrens Eingang in die Mietverträge zwischen Whitehall und den Mieterinnen und Mietern der von der LEG auf Whitehall übergegangenen Wohnungen finden solle. So führte Herr Minister Wittke in der Debatte am 18. Juni 2008 aus: „So weit rechtlich möglich, haben wir darüber hinaus dafür Sorge getragen, dass Bestandteile des Mieterschutzes, beispielsweise der Kündigungsschutz, der Verzicht auf Luxusmodernisierung gegen den Willen der Mieter und weitere Regelungen, nach Beendigung des gesamten Verkaufsverfahrens zum Gegenstand der Mietverträge zu machen sind. Auch das war eine Forderung der Mieterverbände. Wir reden nicht nur mit denen, sondern wir haben deren Anregungen aufgegriffen und sie in unsere Sozialcharta eingearbeitet. Es wäre schön, wenn das endlich einmal zur Kenntnis genommen würde."

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Gab es an der „Sozialcharta", wie sie dem Ausschuss für Bauen und Verkehr am 29.11.2007 vorgestellt wurde, Veränderungen?

2. Wenn ja, welche?

3. Welche Bestandteile der „Sozialcharta" sollen nun angeblich Bestandteile der individuellen Mietverträge zwischen Whitehall als Nachfolger der LEG und den Mieterinnen und Mieter der entsprechenden Wohnungen werden?

4. Wie lautet die genaue vertragliche Passage, mit der laut Landesregierung Whitehall zu der Bildung von Mieterbeiräten vertraglich verpflichtet wurde?

5. Welchen Vorteil haben Mieterinnen und Mieter dadurch, dass Beschwerden der Mieterbeiräte als gesammelte „Beschwerden" angeblich einmal im Jahr von einem Wirtschaftsprüfer testiert werden sollen?

Antwort des Ministers für Bauen und Verkehr vom 4. August 2008 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister:

Zur Frage 1:

Die Sozialcharta wurde dem Ausschuss für Bauen und Verkehr am 29. November 2007 in Grundzügen dargestellt. Am 19. Dezember 2007 wurde dem Ausschuss für Bauen und Verkehr und dem Haushalts- und Finanzausschuss eine detaillierte Darstellung der Sozialcharta übersandt. Die Sozialcharta war zu jedem Zeitpunkt verbindliche Grundlage des Verkaufsverfahrens. Sie wurde, nachdem das Verkaufsverfahren mit der Schaltung der Verkaufsanzeigen in Zeitungen am 20. November 2007 eingeleitet wurde, in einigen Punkten konkretisiert, auch um unterschiedliche Auslegungen durch die Vertragsparteien für die Zukunft zu vermeiden.

Zur Frage 2:

Im Laufe des Prozesses wurden folgende Konkretisierungen vorgenommen: Eingeführt wurde die Vorgabe, dass eine Stiftung mit einem Kapitalfonds von mindestens 5 Mio. zur Unterstützung notleidender Mieter eingerichtet werden muss.

Ferner müssen sich die Konzerngesellschaften bei vorzeitiger Ablösung von Fördermitteln der Nachwirkungsfrist des § 16 Abs. 1 Wohnungsbindungsgesetz unterwerfen.

Bei Wohnungsverkäufen gibt es die Beschränkung, dass diese Verkäufe auf maximal 2,5 % des Konzernwohnungsbestandes beschränkt sind. Die Regelung wurde dahingehend konkretisiert, dass Verkäufe an kommunale Wohnungsgesellschaften nicht unter diese Begrenzung fallen. Die Konkretisierung dieser Regelung haben die Mieterverbände im Rahmen der Erarbeitung der Sozialcharta ausdrücklich befürwortet.

Bei der vorgesehenen Investitionsverpflichtung von 12,50 /m² wurde eine Konkretisierung dahingehend vorgenommen, dass Investitionen, die diesen Betrag überschreiten, die Investitionsverpflichtung im unmittelbaren Folgejahr bis zu einem Betrag von 5,00 /m² mindern können. Ein etwaiger verbleibender Mehrbetrag ist nicht übertragbar. Diese Regelung erhöht die Gestaltungsmöglichkeiten des neuen Eigentümers der LEG bei der weiteren Umsetzung des laufenden Modernisierungsprogramms und schafft den Anreiz, größere Investitionsvorhaben möglichst frühzeitig auszuführen.

Die vorhandenen sozialen Dienste sollen ausgebaut und insbesondere ein aus Mietern bestehender Mieterbeirat etabliert werden.

Die Bewohner in Gegenden mit sozialen Brennpunkten sollen von Sozialarbeitern betreut werden.

Zur Frage 3:

Der Kündigungsschutz für die zum Zeitpunkt des Verkaufs ungekündigten Wohnungen, das lebenslange Wohnrecht von Mieterinnen und Mietern, die zum Zeitpunkt des Verkaufs das 60. Lebensjahr vollendet haben, und der Schutz von Mietereinbauten werden innerhalb eines Monats nach Vollzug des Kaufvertrages über entsprechende schriftliche Ergänzungen Bestandteil der bestehenden Mietverträge. Der Vollzug des Kaufvertrages liegt vor, sobald alle Vollzugsbedingungen eingetreten sind. Als einseitig begünstigende Regelung bedürfen diese Ergänzungen der Mietverträge keiner Annahmeerklärung durch die Mieterinnen und Mieter.

Zur Frage 4:

Weder der Vertrag als Ganzes, noch Bestandteile des Kaufvertrages können wegen ihres vertraulichen Charakters an die Öffentlichkeit gegeben werden. Inhaltlich sehen die Regelungen des Kaufvertrages vor, dass die vorhandenen sozialen Dienste bei der LEG NRW weiter ausgebaut werden sollen. Auf entsprechenden Wunsch der Mieter soll zukünftig ein Mieterbeirat etabliert werden, der die Aufgabe hat, gegenüber den jeweiligen Vermietungsgesellschaften die Interessen der Mieterinnen und Mieter zu vertreten.

Zur Frage 5:

Die dem Erwerber obliegende Berichtspflicht über die Einhaltung der sich aus der Sozialcharta ergebenden Verpflichtungen dient der Überwachung der Sozialcharta und damit zugleich dem Schutz der Mieterinnen und Mieter. Da ein Verstoß gegen die zum Schutz der Mieterschaft bestehenden Vertragsregelungen erhebliche Vertragsstrafen auslöst, liegt es im Interesse des neuen Eigentümers, derartige Verstöße zu vermeiden. Das erforderliche Testat des Wirtschaftsprüfers gewährleistet eine Kontrolle dieser Berichte durch einen neutralen Dritten. Auch das liegt im Interesse der Mieterschaft der LEG.