Im Ländervergleich: Bestausgestattete Datenschutzbehörde in NRW? Irrt Innenminister Wolf?

Durch die jüngsten Datenschutzskandale wird deutlich, wie wichtig eine effektive Datenschutzaufsicht ist. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Bettina Sokol äußerte sich in dem Zusammenhang mehrfach in den Medien (u. a. Wdr.de), dass ihre Behörde zu wenig Personal habe, um ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen und wirksame Kontrollen bei Unternehmen durchführen zu können. Innenminister Wolf behauptete dagegen ausdrücklich: "Wir haben schon eine ausgesprochen gut ausgestattete Datenschutzbeauftragte mit ihrer Verwaltung" (Deutschlandfunk, "Informationen am Morgen" am 04.09.2008). "Wir haben die bestausgestattete Datenschutzbehörde sicherlich auch im Ländervergleich" (WDR-Fernsehen, "Aktuelle Stunde" am 04.09.2008).

Für die aktuell im Vordergrund stehenden Bereiche Adresshandel und Beschäftigtendatenschutz (Bespitzeln von Beschäftigten) stehen der Landesbeauftragten (LDI NRW) zurzeit vier Stellen für die Sachbearbeitung zur Verfügung, denen auch noch andere Aufgaben zugewiesen sind. Bei der Stellenbesetzung sind Teilzeitvereinbarungen zu berücksichtigen, so dass die tatsächliche Personalausstattung hier drei Vollzeitstellen mit weiteren Aufgaben entspricht.

Insgesamt sind für die LDI NRW im Haushaltsplan 48 Stellen vorgesehen (36 Planstellen für Beamtinnen und Beamte, 12 Tarifbeschäftigte). Nicht alle Stellen sind mit Vollzeitbeschäftigten besetzt. In tatsächlichen Vollzeitstellen gerechnet sind zurzeit rund 44 Stellen vorhanden, davon rund 33 für Aufgaben der Sachbearbeitung.

Die LDI NRW überwacht die Einhaltung der Datenschutzvorschriften sowohl bei den öffentlichen Stellen im Sinne des Landesdatenschutzgesetzes als auch bei den nicht-öffentlichen Stellen im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes, die Ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben (Datenschutzaufsicht) und stellt das Recht auf Information im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes sicher. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Vielzahl von öffentlichen Stellen und allein mehr als 700.000 Unternehmen, vermutlich mehr als in jedem anderen Bundesland. Neben ihren Kontrollaufgaben berät die LDI NRW öffentliche Stellen, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in Datenschutzfragen und in Fragen der Informationsfreiheit. Eine Organisationsuntersuchung, die auch Kennzahlen anderer Bundesländer berücksichtigte, hat im Jahr 2002 ergeben, dass der LDI NRW damals 11 Stellen für eine angemessene Aufgabenerledigung fehlten. Im Anschluss sind sechs Stellen geschaffen worden. Obwohl die Arbeitsbelastung stetig steigt, kassiert die Landesregierung seit 2006 jährlich eine volle Stelle ein, so dass in dieser Legislaturperiode insgesamt 5 Stellen entfallen sollen. Damit wird das Personal faktisch um ein Zehntel gekürzt.

Mit der fortschreitenden technischen Entwicklung ist die Aufgabe der Datenschutzaufsicht immer wichtiger, komplexer und umfangreicher geworden, während die Personalausstattung immer geringer wird. Neben der LDI NRW machen auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie viele Datenschutzaufsichtsbehörden anderer Bundesländer darauf aufmerksam, dass eine wirksame Kontrolle über die Bearbeitung von Einzelbeschwerden hinaus mit der vorhandenen Personalausstattung kaum möglich ist.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Nach welchem Maßstab bewertet Innenminister Wolf, dass die LDI NRW "gut" ausgestattet sei?

2. Nach welchem Maßstab bewertet Innenminister Wolf, dass die LDI NRW im Ländervergleich die bestausgestattete Datenschutzbehörde sei (Vergleichszahlen im Verhältnis zu Unternehmensanzahl, Behördenanzahl, Einwohneranzahl und Zahl der Einzeleingaben unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Aufgaben (Datenschutzaufsicht im öffentlichen/nicht-öffentlichen Bereich, Informationsfreiheit)?

3. Geht die Landesregierung konform, dass mit zunehmender Datenverarbeitung in Wirtschaft und Verwaltung sowie im Internet auch die Sicherheit in diesem Bereich, der Datenschutz und die Aufsichtsbehörde gestärkt werden muss?

4. Wie vereinbart die Landesregierung ihr Ziel des Schutzes der Persönlichkeitsrechte mit der Kürzungspolitik in diesem Bereich.